Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis
hatte.
Damon hatte, wie sie bemerkte, ebenfalls vergessen, nur zu nippen, und als er ihr den aufgefüllten Kelch erneut reichte und auch sich selbst nachschenkte, nahm sie ihn willig entgegen.
Seine Aura hat sich eindeutig beruhigt, ging es ihr durch den Kopf, während er ein nasses Tuch zur Hand nahm und sanft begann, die Schnittwunde zu reinigen, die fast genau der Linie ihres Wangenknochens folgte. Diese Wunde hatte als Erstes zu bluten aufgehört, aber jetzt musste er dafür sorgen, dass das Blut von Neuem floss, um die Verletzung zu reinigen. Mit zwei Gläsern schwarzmagischen Weins, nachdem sie seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte, lehnte Elena sich entspannt gegen die Rückenlehne des Stuhls, ließ den Kopf ein wenig zurücksinken und schloss die Augen. Sie verlor jedes Zeitgefühl, während Damon sanft über die Schnittwunde fuhr. Und sie verlor die strenge Kontrolle über ihre Aura.
Es war weder ein Geräusch noch ein visueller Reiz, der sie dazu veranlasste, die Augen zu öffnen. Es war ein Aufflammen in Damons Aura, ein Aufflammen plötzlicher Entschlossenheit.
» Damon?«
Er stand vor ihr. Seine Dunkelheit war aus ihm herausgeschossen wie ein Schatten, hoch und breit und beinahe hypnotisierend. Definitiv beinahe beängstigend.
» Damon?«, wiederholte sie unsicher.
» Wir machen das nicht richtig«, sagte er, und ihre Gedanken blitzten sofort zu ihrem Ungehorsam als Sklavin und zu Bonnies und Meredith’ weniger schwerwiegenden Fehltritten. Aber seine Stimme war wie dunkler Samt und ihr Körper reagierte entschiedener darauf als ihr Verstand. Er schauderte.
» Wie… machen wir es richtig?«, fragte sie. Er beugte sich über sie und streichelte ihr Haar– nein, er berührte es nur–, so sanft, dass sie es nicht einmal spürte.
» Vampire verstehen sich darauf, Wunden zu versorgen«, erklärte er zuversichtlich, und der Blick seiner wunderbaren Augen, die ihr eigenes Universum voller Sterne zu bergen schienen, richtete sich auf ihr Gesicht. » Wir können sie reinigen. Wir können sie wieder bluten lassen– oder die Blutung stillen.«
Ich habe dies schon einmal gefühlt, dachte Elena. Er hat schon früher so zu mir gesprochen, selbst wenn er sich nicht daran erinnert. Und ich– ich hatte zu große Angst. Aber das war…
In dem Motel. In der Nacht, in der er ihr befohlen hatte wegzulaufen und sie es nicht getan hatte. In der Nacht, die Shinichi ihm genommen hatte, gerade so wie er ihm die Erinnerung an das erste Mal genommen hatte, als sie gemeinsam schwarzmagischen Wein getrunken hatten.
» Zeig es mir«, flüsterte Elena. Und sie wusste, dass etwas anderes in ihrem Geist ebenfalls flüsterte, dass es andere Worte flüsterte. Worte, die sie niemals ausgesprochen hätte, hätte sie sich auch nur einen Moment lang als Sklavin gesehen.
Etwas flüsterte in ihr: Ich gehöre dir …
Das war der Moment, in dem sie spürte, dass sein Mund leicht über ihren strich.
Und dann dachte sie einfach nur: Oh! Und: Oh Damon … Bis er ihre Wange sachte mit seiner seidenweichen Zunge berührte und seine vampirische Chemie so einsetzte, dass sie zuerst reinigendes Blut fließen ließ und schließlich, nachdem alle Unreinheiten weggeschwemmt worden waren, die Blutung stillte und die Wunde heilen ließ. Sie konnte seine Macht jetzt spüren, die dunkle Macht, die er in tausend Kämpfen benutzt hatte, um Hunderte tödlicher Wunden zuzufügen– diese Macht, die er jetzt streng zügelte, um sich auf diese einfache, intime Aufgabe zu konzentrieren, das Heilen einer Peitschenwunde auf der Wange eines Mädchens. Elena empfand es, als würde sie mit den Blütenblättern der Rose ›Black Magic ‹ gestreichelt werden, deren kühle, glatte Blätter den Schmerz sanft vertrieben, bis sie vor Wonne schauderte.
Und dann hörte es auf. Elena wusste, dass sie einmal mehr zu viel Wein getrunken hatte. Aber diesmal war ihr nicht übel. Das trügerisch leichte Getränk war ihr zu Kopf gestiegen, sodass sie jetzt leicht beschwipst war. Alle Dinge um sie herum hatten etwas Unwirkliches, Traumähnliches.
» Ich werde die Heilung jetzt vollenden«, sagte Damon und berührte abermals so sanft ihr Haar, dass sie es kaum spürte. Aber diesmal fühlte sie doch etwas, denn sie sandte Finger der Macht aus, um das Gefühl aufzufangen und jede Sekunde davon auszukosten. Und einmal mehr küsste er sie– so leicht–, seine Lippen berührten die ihren kaum. Als sie jedoch den Kopf in den Nacken sinken ließ, folgte er ihr
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