Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis
nicht, selbst als sie enttäuscht versuchte, Druck auf seinen Nacken auszuüben. Er wartete einfach, bis Elena sich Klarheit verschafft hatte… langsam.
Wir sollten uns nicht küssen. Meredith und Bonnie sind direkt nebenan. Warum bringe ich mich nur immer wieder in solche Situationen? Aber Damon versucht nicht einmal, mich zu küssen… Und wir sollten doch– oh!
Ihre anderen Wunden.
Sie taten jetzt wirklich weh. Was für eine grausame Person konnte sich eine solche Peitsche ausdenken, dachte Elena, mit einem rasiermesserscharfen, dünnen Lederriemen, der so tief ins Fleisch schnitt, dass es zuerst nicht einmal wehtat– oder nicht allzu sehr… dass es aber mit der Zeit immer schlimmer und schlimmer wurde? Und dass die Wunde weiterblutete… Wir sollten die Blutung stoppen, bis der Arzt mich untersuchen kann…
Aber ihre nächste Wunde, die, die jetzt wie Feuer brannte, befand sich schräg über ihrem Brustbein. Und die dritte war in der Nähe ihres Knies…
Damon machte Anstalten aufzustehen, um ein weiteres Tuch an der Spüle zu befeuchten und den Schnitt mit Wasser zu reinigen.
Elena hielt ihn zurück. » Nein.«
» Nein? Bist du dir sicher?«
» Ja.«
» Ich will die Wunde lediglich reinigen…«
» Ich weiß.« Sie wusste es tatsächlich. Sein Geist stand ihr offen, all seine brodelnde Macht, die jetzt ruhig und regelmäßig kreiste. Sie wusste nicht, warum er sich ihr so geöffnet hatte, aber es war geschehen.
» Lass dir einen Rat von mir geben, spende dein Blut niemals irgendeinem sterbenden Vampir; lass es niemanden kosten. Es ist schlimmer als schwarzmagischer Wein…«
» Schlimmer?« Sie wusste, dass seine Worte als Kompliment gemeint waren, aber sie verstand es nicht.
» Je mehr du davon trinkst, um so mehr willst du trinken«, antwortete Damon, und einen Moment lang sah Elena die Turbulenzen in seinem ruhigen Machtkreislauf, die sie verursacht hatte. » Und je mehr du trinkst, um so mehr Macht kannst du absorbieren«, fügte er ernst hinzu. Elena begriff, dass sie dies niemals für ein Problem gehalten hatte, aber es war eines. Sie erinnerte sich an die Qual des Versuchs, ihre eigene Aura in ihr zu verbergen, bevor sie gelernt hatte, ihre Macht mit ihrem Blutstrom kreisen zu lassen.
» Mach dir keine Sorgen«, fügte er hinzu, immer noch ernst. » Ich weiß, an wen du denkst.« Er machte erneut Anstalten, ein Tuch zu holen, aber ohne es zu wissen, hatte er zu viel gesagt, hatte zu viel vorausgesetzt.
» Du weißt, an wen ich denke?«, fragte Elena leise, und es überraschte sie selbst, wie gefährlich ihre eigene Stimme klingen konnte, wie das schleichende Tappen der schweren Pfoten einer Tigerin. » Ohne mich zu fragen?«,
Damon versuchte, sich raffiniert herauszureden. » Nun, ich hatte angenommen…«
» Niemand weiß, woran ich denke«, sagte Elena. » Bis ich es ihm sage.« Sie bewegte sich und ließ ihn niederknien. Er blickte fragend zu ihr auf. Hungrig.
Dann, ebenso bestimmend wie sie ihn hatte niederknien lassen, zog sie ihn zu ihrer Wunde.
Kapitel Achtzehn
Elena kehrte langsam in die reale Welt zurück und kämpfte die ganze Zeit über dagegen an. Sie bohrte die Fingernägel in das Leder von Damons Jacke, fragte sich flüchtig, ob es helfen würde, wenn er sie auszöge, und dann wurde ihre Stimmung abermals von diesem Geräusch gestört– einem scharfen, herrischen Klopfen.
Damon hob den Kopf und knurrte.
Wir sind wie Wölfe, nicht wahr?, dachte Elena. Kämpfen mit Klauen und Zähnen.
Aber, ergänzte ein anderer Teil ihres Geistes, dadurch wird das Klopfen nicht aufhören. Er hat diese Mädchen gewarnt…
Diese Mädchen! Bonnie und Meredith! Und er hat gesagt, dass sie nicht stören sollten, es sei denn, das Haus stünde in Flammen!
Aber der Arzt– oh Gott, der armen, unglücklichen Frau war etwas zugestoßen! Sie starb! Damon knurrte noch immer, eine Spur von Blut auf den Lippen. Es war nur eine Spur, denn ihre zweite Verletzung war genauso gründlich wie die erste verheilt, die, die quer über ihren Wangenknochen verlief. Elena hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, seit sie Damon an sich gezogen hatte, damit er diese Schnittwunde küsste. Aber jetzt, mit ihrem Blut in den Adern und in seinem Vergnügen gestört, war er wie ein ungezähmter schwarzer Panther in ihren Armen.
Sie wusste nicht, ob sie ihn aufhalten konnte, ohne rohe Macht gegen ihn einzusetzen.
» Damon!«, sagte sie laut. » Dort draußen– da sind unsere Freunde. Erinnerst du dich?
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