Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
einzuwickeln. Dann zwang Elena sich, wieder
hinauszuklettern.
Für einen Moment lang fühlte sie sich geblendet. Nicht von
der mürrischen, roten Sonne – diese war jetzt von einigen
Bergen verdeckt, die von ihr in ein pinkfarbenes Saphirblau
getaucht wurden –, sondern von einer Welt aus Weiß.
Scheinbar endloses, flaches, nichtssagendes Weiß
erstreckte sich vor ihr – bis zu einer Nebelbank, die
verbarg, was immer dahinter war.
»Der Legende zufolge sol ten wir auf dem Weg zum
Silbersee des Todes sein«, erklang Damons Stimme
hinter Elena. Und seltsamerweise war in dieser ganzen
Kälte seine Stimme warm ? beinahe freundlich. ?Auch
bekannt als Spiegelsee. Aber ich kann mich nicht in eine
Kr?he verwandeln, um das Gel?nde auszukundschaften.
Irgendetwas hindert mich daran. Und dieser Nebel vor uns
l?sst sich mit telepathischen Kr?ften nicht durchdringen.?
Elena schaute sich instinktiv um. Stefano saß immer noch
in der Sänfte und kümmerte sich offensichtlich nach wie vor
um Bonnie.
»Du hältst nach dem See Ausschau? Wie ist er denn so?
Ich meine, ich kann mir vorstel en, warum er Silbersee und
Spiegelsee genannt wird«, fügte sie hinzu. »Aber was hat
es mit der Sache mit dem Tod auf sich?«
»Wasserdrachen. Zumindest sagen die Leute das – aber
wer war schon dort, um nachher seine Geschichte zu
erzählen? « Damon sah sie an.
Er hat sich um Bonnie gekümmert, während sie in Trance
war, dachte Elena. Und endlich redet er mit mir.
»Wasser … Drachen?«, fragte sie ihn, und sie sorgte
dafür, dass auch ihre Stimme freundlich klang. Als hätten
sie einander gerade erst kennengelernt. Sie machten einen
neuen Anfang.
»Ich selbst vermute, dass es sich um einen Kronosaurus
handelt«, antwortete Damon. Er war jetzt direkt hinter ihr;
sie konnte spüren, dass er den eisigen Wind abblockte –
nein, es war mehr als das. Er schuf eine Wärmetasche für
sie. Elena hörte auf zu zittern. Zum ersten Mal hatte sie das
Gefühl, als könne sie die Arme sinken lassen, mit denen
sie ihren Oberkörper umklammert hatte.
Dann legte sich plötzlich ein Paar starker Arme um sie, und
die W?rme wurde abrupt ziemlich intensiv. Damon stand
hinter ihr und hielt sie fest, und mit einem Mal war ihr tats?
chlich sehr warm.
»Damon«, begann sie mit nicht ganz fester Stimme, »wir
können nicht einfach …«
»Dort drüben ist ein Felsvorsprung. Niemand würde uns
sehen«, meinte der Vampir hinter ihr – zu Elenas
absolutem Erschrecken. Eine Woche hatten sie überhaupt
nicht miteinander gesprochen – und jetzt das.
»Damon, der Bursche in der Sänfte direkt hinter uns ist
mein …«
»Prinz? Brauchst du dann nicht auch noch einen Ritter?«
Damon hauchte ihr dies direkt ins Ohr. Elena stand wie
eine Statue da. Aber was er als Nächstes sagte,
erschütterte ihr ganzes Universum. »Dir gefäl t doch die
Geschichte von Camelot, oder? Nur dass hier du die
Königin bist, Prinzessin. Du hast deinen nicht ganz
märchenhaften Prinzen geheiratet, aber es kam ein Ritter
des Weges, der noch mehr von deinen Geheimnissen
kannte, und er hat dich gerufen …«
»Er hat mich gezwungen«, unterbrach Elena ihn, drehte
sich um und sah ihm direkt in die dunklen Augen, noch
während ihr Gehirn geradezu schrie, dass sie es auf sich
beruhen lassen sol e. »Er hat nicht darauf gewartet, dass
ich seinen Ruf hörte. Er hat sich einfach … genommen,
was er wol te. Wie die Sklavenhändler es tun. Ich wusste
nicht, wie ich mich wehren konnte – damals.«
»Oh doch. Du hast dich ständig gewehrt. Ich habe noch nie
einen Menschen gesehen, der sich so heftig wehrte. Aber
selbst wenn du dich gewehrt hast, hast du den Ruf meines
Herzens gesp?rt, der an dein Herz gerichtet war. Versuch,
das zu leugnen.?
»Damon – warum jetzt – ganz plötzlich …?«
Damon machte eine Bewegung, als wol e er sich
abwenden, dann drehte er sich wieder um. »Weil wir
morgen viel eicht tot sind«, sagte er energisch. »Ich wol te
dich wissen lassen, wie ich für dich empfinde, bevor ich
sterbe – oder du es tust.«
»Aber du hast mir kein Wort darüber gesagt, wie du für
mich empfindest. Du hast nur davon gesprochen, was ich
deiner Meinung nach für dich empfinde. Und es tut mir leid,
dass ich dich am ersten Tag, als ich hier ankam, geohrfeigt
habe, aber …«
»Du warst prachtvol «, sagte Damon auf empörende
Weise. »Vergiss es jetzt. Was die Frage betrifft, wie ich
empfinde – viel eicht werde ich
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