Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
dass du weitergehen kannst, dann kannst du
auch weitergehen.«
Bonnie schnüffelte. »Geh nur keine weiteren Risiken mehr
ein, okay?«, bat sie. »Du hast mich sehr erschreckt.«
»Das tut mir wirklich leid«, sagte Elena sanft und spürte die
Leere, die durch Meredith’ Abwesenheit entstand. Meredith
wäre jetzt für sie beide eine große Hilfe gewesen. »Also,
sol en wir weiter? Und wohin wenden wir uns? Ich habe
vol kommen die Orientierung verloren.«
Damon stand auf. »Ich denke, wir gehen einfach in einer
geraden Linie weiter. Es führt ein schmaler Pfad in diese
Richtung. Wer weiß, welche Prüfung als Nächstes auf uns
wartet?«
Der Pfad war wirklich schmal – und neblig. Genau wie
zuvor begann der Nebel mit dünnen Schleiern und machte
sie am Ende blind. Elena lie? Stefano mit seinen katzen?
hnlichen Reflexen vorausgehen und hielt sich an seinem
Rucksack fest. Hinter ihr klammerte sich Bonnie wie ein M?
hlstein an sie. Gerade als Elena dachte, dass sie schreien
w?rde, wenn sie noch einen Schritt weiter durch den wei?
en Brei gehen musste, klarte es auf.
Sie mussten sich fast auf dem Gipfel irgendeines Berges
befinden.
Elena lief hinter Bonnie her, die losgeprescht war, sobald
wieder klare Sicht herrschte. Sie war gerade eben schnel
genug, um Bonnies Rucksack zu packen und sie
zurückzuziehen, als sie die Stel e erreichte, an der das
Land aufhörte.
»Auf keinen Fal !«, rief Bonnie, was ein lautes Echo von
unten zur Folge hatte. »Auf keinen Fal werde ich über das
da gehen!«
Das da war ein Abgrund, über den sich eine sehr filigrane
Brücke spannte.
Der Abgrund war im oberen Teil zu beiden Seiten
Der Abgrund war im oberen Teil zu beiden Seiten
raureifweiß, aber als Elena die eiskalten Metal pfosten der
Brücke umfasste und sich ein wenig vorbeugte, konnte sie
tief unten gletscherhafte Blau- und Grüntöne sehen. Ein
kalter Wind schlug ihr ins Gesicht.
Die Kluft zwischen diesem Teil der Welt und dem nächsten
direkt vor ihnen war ungefähr hundert Meter breit.
Elena schaute von den schattigen Tiefen wieder zu der
schmalen Brücke, die aus Holzbrettern bestand und gerade
breit genug für eine Person war. Hier mussten sie die
Thurgs definitiv zurücklassen.
Die Brücke wurde an beiden Enden von Seilen getragen,
die an den Seiten des Abgrunds verliefen und mit
Metal pfosten in blankem eisigen Gestein verankert waren.
Wie jede Hängebrücke hing auch sie durch – sogar
beträchtlich. Zuerst ging es recht steil hinunter und auf der
anderen Seite ebenso steil wieder hinauf. Al ein ihr Anblick
vermittelte dem Auge den Nervenkitzel einer
Jahrmarktattraktion. Das einzige Problem war, dass es
hier keinen Sicherheitsgurt gab, keinen Sitz, keine zwei
Geländer oder einen uniformierten Führer, der sagte:
»Hände und Füße müssen immer innerhalb der Kabine
bleiben!« Al erdings war die Brücke mit einem einzigen
dünnen, von Kletterpflanzen überwucherten Seil auf der
linken Seite ausgestattet, an dem man sich festhalten
konnte.
»Sieh mal«, sagte Stefano, so leise und eindringlich, wie
Elena ihn nur jemals hatte sprechen hören: »Wir können
uns aneinander festhalten. Wir können einer nach dem
anderen gehen, ganz langsam …«
»NEIIIN!« Bonnie legte in dieses eine Wort eine Kraft,
dass Elena fast taub wurde. »Nein, nein, nein, nein, NEIN!
Ihr versteht nicht! Ich kann DAS NICHT TUN!« Sie warf
ihren Rucksack zu Boden.
Dann begann sie gleichzeitig zu lachen und zu weinen und
legte einen beeindruckenden hysterischen Anfal hin. Elena
verspürte den Impuls, ihr Wasser ins Gesicht zu schütten.
Sie verspürte einen noch stärkeren Impuls, sich neben
Bonnie zu werfen und zu kreischen: »Und genauso wenig
kann ich das tun! Es ist Wahnsinn!« Aber was hätte das
genutzt?
Einige Minuten später redete Damon leise auf Bonnie ein,
unbeeindruckt von ihrem Ausbruch. Stefano ging pausenlos
im Kreis. Elena versuchte, sich einen Plan A auszudenken,
w?hrend eine kleine Stimme in ihrem Kopf sang: Du
kannst es nicht, du kannst es nicht, du kannst es auch
nicht.
Das Ganze war vermutlich einfach eine Phobie. Sie
konnten Bonnie wahrscheinlich dazu bringen, diese Phobie
zu überwinden – wenn sie ein oder zwei Jahre Zeit hatten.
Stefano, der auf einem seiner Kreismärsche in ihre Nähe
gelangt war, fragte: »Und wie stehst du zu Höhen,
Liebste?«
Elena beschloss, eine tapfere Miene aufzusetzen. »Ich
weiß es nicht. Ich denke, ich kann es
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