Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
die Sternenkugel sehen. Sie
hatte – unter anderem – befürchtet, dass sie sich zu hoch
im Baum befinden könnte, um zu ihr hinaufzuklettern, oder
dass sie von einem solchen Gewirr von Wurzeln oder
Zweigen umgeben sein k?nnte, dass sie jetzt, nach gewiss
Hunderten oder Tausenden von Jahren, gar nicht mehr
freizulegen war. Aber da war sie, die gr??te Sternenkugel,
die es je gegeben hatte, so gro? wie ein Strandbal , und
sie lag in der untersten Gabelung des Stammes.
Ihre Gedanken rasten voraus. Sie hatten es geschafft; sie
hatten die Sternenkugel gefunden. Aber wie lange würde
es dauern, sie zu Sage zurückzubringen? Automatisch
schaute sie auf ihren Kompass und sah zu ihrer
Überraschung, dass die Nadel jetzt nach Südwesten zeigte
– mit anderen Worten, zurück zum Torhaus. Das war sehr
aufmerksam von Sage gewesen. Und viel eicht brauchten
sie die Prüfungen auf dem Rückweg nicht noch einmal zu
durchlaufen; viel eicht konnten sie einfach ihren magischen
Schlüssel benutzen, um nach Fel ’s Church zurückzukehren,
und dann … nun, Mrs Flowers würde wissen, was sie damit
machen sol ten.
Viel eicht konnten sie diese unbekannte Sie einfach
erpressen, wer immer Sie war, damit sie für immer
fortging, als Gegenleistung für die Sternenkugel. Obwohl –
konnten sie mit dem Gedanken leben, dass sie dies
viel eicht wieder tun würde – und wieder – und wieder, in
anderen Städten?
Noch während sie plante, beobachtete Elena das
Mienenspiel der anderen: das kindliche Staunen auf
Bonnies herzförmigem Gesicht; das genaue Abschätzen in
Stefanos Augen; Damons gefährliches Lächeln.
Endlich betrachteten sie ihre hart umkämpfte Belohnung.
Aber sie konnten sie nicht al zu lange betrachten. Es
musste etwas getan werden. Noch während sie die Kugel
beobachteten, leuchtete sie auf und zeigte solch
strahlende, kr?ftige Farben, dass Elena halb blind wurde.
Sie beschirmte die Augen genau in dem Moment, als sie
h?rte, wie Bonnie scharf die Luft einsog.
»Was?«, fragte Stefano, der bereits eine Hand vor seine
Augen gelegt hatte, die natürlich viel lichtempfindlicher
waren als menschliche Augen.
»Irgendjemand benutzt sie genau in diesem Moment!«,
erwiderte Bonnie. »Als die Kugel so hel wurde, hat sie
Macht ausgesandt! Weit, weit fort!«
»Die Dinge spitzen sich zu in dem armen alten Fel ’s
Church, oder was davon übrig geblieben ist«, sagte
Damon, der aufmerksam zu den Zweigen über ihm
hinaufschaute.
»Sag doch nicht so etwas!«, rief Bonnie. »Es ist unser
Zuhause. Und jetzt können wir es endlich verteidigen!«
Elena konnte förmlich sehen, was Bonnie dachte: Familien,
die sich umarmten; Nachbarn, die wieder Nachbarn
anlächelten; die ganze Stadt, die daran arbeitete, die
Zerstörungen zu beseitigen.
Genauso ereignen sich manchmal große Tragödien.
Menschen, die ein gemeinsames Ziel haben, die jedoch
nicht im Gleichklang miteinander arbeiten. Stattdessen
Mutmaßungen, Vermutungen. Und viel eicht, und das war
das Entscheidende, das Unvermögen, sich
zusammenzusetzen und miteinander zu reden.
Stefano versuchte es, obwohl Elena erkennen konnte, dass
er noch immer blind war vom grel en Schein der
Sternenkugel. Leise sagte er: »Lasst uns für eine Weile
beratschlagen und Ideen sammeln, wie wir an sie
herankommen können …«
Aber Bonnie lachte ihn aus, wenn auch nicht unfreundlich.
»Ich kann so schnel wie ein Eichhörnchen dort
hinaufklettern«, erklärte sie. »Ich brauche nur jemanden,
der stark genug ist, um sie aufzufangen, wenn ich sie
hinunterwerfe. Denn ich weiß, dass ich mit der Kugel nicht
wieder herunterklettern kann; so dumm bin ich nicht.
Kommt schon, Jungs, gehen wir!«
Genauso geschehen manchmal die Dinge.
Unterschiedliche Persönlichkeiten, unterschiedliche
Denkweisen. Und ein lachendes, unbeschwertes Mädchen,
das keine Vorahnung hat, wenn es eine braucht.
Elena, die Meredith um den Kampfstab beneidete, sah
nicht einmal, wie al es seinen Lauf nahm. Sie beobachtete
Stefano, der hektisch blinzelte, um wieder sehen zu
können.
Und Bonnie huschte so flink, wie sie gesagt hatte, den
toten Ast hinauf, in dessen Schutz sie al e standen. Sie
salutierte sogar lachend, kurz bevor sie in den kahlen,
glitzernden Kreis sprang, der den Baum umgab.
Die Mikrosekunden dehnten sich unendlich in die Länge.
Elena spürte, wie ihre Augen sich langsam weiteten,
obwohl sie wusste, dass sie sie aufriss. Sie ah Stefano
gemächlich die
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