Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
im
Durchmesser so dick war, dass sie ihn nicht mit der Hand
hätte umfassen können. Es geschah unter einem puren
Adrenalinstoß, aber sie wusste, dass es Stefano mit
Ehrfurcht erfül te und es ihm ermöglichte, sie weitermachen
zu lassen.
Als sie fertig war, hing ein loser Spinnenbeinast am Baum
– und etwas, das fast so aussah wie ein richtiger Pfock,
steckte in Damons Brust.
Erst als sie begann, an dem Pflock zu ziehen, zwang ein
entsetzter Stefano sie aufzuhören.
»Elena! Elena, ich würde dich nicht belügen! Das ist genau
das, wof?r diese ?ste gedacht sind. F?r Eindringlinge, die
Vampire sind. Schau, Liebste ? sieh es dir an.« Er zeigte
ihr ein weiteres der Spinnenbeine, das im Sand verankert
war, und die Widerhaken daran.
»Diese Zweige sind genau für diesen Zweck bestimmt«,
erklärte Stefano. »Und wenn du fest genug daran ziehen
würdest, würdest du nur – würdest du nur – sein Herz
auseinanderreißen. «
Elena erstarrte. Sie war sich nicht sicher, ob sie die Worte
wirklich verstand – sie durfte ie auch gar nicht verstehen,
sonst würde sie es sich viel eicht zu genau vorstel en. Aber
es spielte keine Rol e.
»Ich werde den Pflock auf eine andere Weise zerstören«,
sagte sie knapp und sah Stefano an, doch wegen des
olivfarbenen Lichts war sie außerstande, das wahre Grün
seiner Augen zu sehen. »Warte. Warte einfach ab und
schau zu. Ich werde eine Flügelmacht finden, die diesen –
dieses – verfluchte Grauen auflösen wird.« Ihr fielen viele
weitere Worte ein, um den Pflock zu beschreiben, aber sie
durfte nicht die Beherrschung verlieren.
»Elena.« Stefano flüsterte ihren Namen, als bekäme er ihn
kaum heraus. Selbst in dem Zwielicht konnte sie die
Tränen auf seinen Wangen sehen. Er fuhr telepathisch fort:
Elena, schau dir seine geschlossenen Augen an. Dieser
Baum ist ein grimmiger Mörder, ist von einem Holz, das
mit nichts vergleichbar ist, was ich je gesehen habe, aber
ich habe schon davon gehört. Es … es verbreitet sich. In
ihm.
»In ihm?«, wiederholte Elena begriffsstutzig.
Entlang seiner Arterien und Venen – und seiner Nerven –
allem, was mit seinem Herzen verbunden ist. Er ? oh Gott,
Elena, sieh dir nur seine Augen an!
Elena folgte Stefano. Er hatte sich hingekniet und zog sanft
Damons Augenlider hoch – und Elena begann zu schreien.
Tief in den unergründlichen Pupil en, die endlose
Nachthimmel vol er Sterne enthalten hatten, war ein Glitzern
– nicht von Sternenlicht, sondern von etwas Grünem. Grüne
Nadelstiche, die ihr eigenes höl isches Leuchten zu
verströmen schienen.
Stefano sah sie vol er Qual und Mitgefühl an. Und jetzt, mit
einer einzigen behutsamen Bewegung, schloss Stefano
diese Augen – für immer. Sie wusste, dass er dachte, es
sei für immer.
Al es war seltsam geworden, wie ein Traum. Nichts ergab
mehr einen Sinn. Stefano legte Damons Kopf vorsichtig hin
– er ließ Damon los.
Selbst in ihrer verworrenen, unsinnigen Welt wusste Elena,
dass sie das niemals tun konnte.
Und dann geschah ein Wunder. Elena hörte eine Stimme in
ihrem Kopf, die nicht ihre war.
All das ist ziemlich unerwartet passiert. Ich habe
ausnahmsweise einmal gehandelt, ohne nachzudenken.
Und das ist mein Lohn. Sie hörte die Stimme durch das
persönliche Band, das Damon und sie teilten.
Elena riss sich von Stefano los, der versuchte, sie
festzuhalten, fiel hin und umfasste Damons Schultern mit
beiden Händen. Ich wusste es! Ich wusste, dass du nicht
tot sein konntest!
Erst da begriff sie, dass ihr Gesicht tropfnass war, und sie
benutzte ihren Arm, um es sich abzuwischen. Oh Damon,
du hast mich so erschreckt! Tu das nie, nie wieder!
Ich denke, darauf kann ich dir mein Wort geben, sandte
Damon ihr – in einem anderen Tonfal als seinem
gewohnten – nüchtern, aber gleichzeitig spitzbübisch. Aber
du musst mir dafür auch etwas geben.
Ja, natürlich, antwortete Elena. Lass mich nur mein Haar
beiseitenehmen, damit mein Hals frei ist. So hat es auch
am besten funktioniert, als Stefano im Sterben lag – als
wir ihn auf seiner Pritsche aus dem Gefängnis getragen
haben …
Nicht das, unterbrach Damon sie. Ausnahmsweise einmal
will ich dein Blut nicht, Engel. Ich will dein feierlichstes
Wort darauf, dass du versuchen wirst, tapfer zu sein. Falls
das irgendwie hilft: Ich weiß, dass Frauen bei dergleichen
Dingen besser sind als Männer. Sie sind weniger feige,
wenn es darum geht, sich zu stellen – sich
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