Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
ihrem
Streben, immer gelassen zu sein, immer die Erwachsene
zu sein, das Wesentliche versäumt, nämlich den Spaß, der
sich beinahe kindlich anfühlte.
Matt hatte nie Probleme, seine Gefühle in Worte zu fassen,
wie auch immer sie waren: kindlich, reif, halsstarrig,
glücklich. Meredith bewunderte das. Und sie dachte daran,
dass es lange her war, seit sie Matt wirklich angesehen
hatte. Doch jetzt verspürte sie eine plötzliche Woge von
Gefühlen für ihn. Und sie konnte erkennen, dass Matt für sie
genauso empfand. Als habe er sie noch nie zuvor wirklich
angesehen.
Dies war der Moment … in dem sie dazu bestimmt waren,
einander zu küssen. Meredith hatte es so oft in Filmen
gesehen und in Büchern gelesen, dass es beinahe
selbstverständlich war.
Aber dies war das Leben, es war keine Geschichte. Und
als der Moment kam, hielten Matt und Meredith einander an
den Schultern, und sie konnte sehen, dass er genau das
Gleiche über den Kuss dachte.
Der Moment zog sich in die Länge …
Dann verriet Matt mit einem Grinsen, dass er wusste, was
zu tun war. Meredith wusste es ebenfal s. Sie bewegten
sich gleichzeitig und umarmten einander. Als sie sich
voneinander lösten, grinsten sie beide. Sie wussten, wer
sie waren. Sie waren sehr unterschiedliche, sehr enge
Freunde. Meredith hoffte, dass das immer so bleiben
würde.
Da drehten sie sich beide zu Thea um – und ein Stich
durchzuckte Meredith’ Herz, der erste, seit sie gehört hatte,
dass die Stadt gerettet war. Thea veränderte sich. Es war
der Ausdruck auf ihrem Gesicht, der Meredith den Stich
versetzte.
Nachdem sie jung gewesen war, auf dem Höhepunkt der
Jugend, alterte sie wieder, wurde runzelig, und ihr Haar
verlor die Farbe von mondbeschienenem Silber und wurde
weiß. Schließlich war sie wieder eine alte Frau, die einen
mit Papierschnipseln bedeckten Regenmantel trug.
»Mrs Flowers!« Bei dieser Person war es vol kommen
ungefährlich und richtig, sie zu küssen. Meredith schlang
die Arme um die gebrechliche alte Frau und hob sie in ihrer
Aufregung von den Füßen. Matt kam zu ihr und sie hoben
sie gemeinsam hoch über ihre Köpfe. So trugen sie Mrs
Flowers zu den Saitous, Mutter und Tochter, die das Feuer
beobachteten.
Ernüchternd stel ten sie sie wieder auf die Füße.
»Isobel«, sagte Meredith. »Gott! Es tut mir so leid – dein
Zuhause …«
»Danke«, sagte Isobel mit ihrer sanften, vernuschelten
Stimme. Dann wandte sie sich ab.
Ein Frösteln überlief Meredith. Sie begann, ihren Jubel zu
bedauern, als Mrs Saitou sagte: »Wisst ihr, dass dies der
großartigste Augenblick in der Geschichte unserer Familie
ist? Jahrhundertelang hat diese uralte Kitsune – oh ja,
genau das war sie – sich unschuldigen Menschen
aufgezwungen. Und während der letzten dreihundert Jahre
war es mein Familienzweig von Samurai-Miko, den sie
terrorisiert hat. Jetzt kann mein Ehemann endlich nach
Hause kommen.«
Meredith sah sie verblüfft an. Mrs Saitou nickte.
»Er hat versucht, ihr zu trotzen, und sie hat ihn aus dem
Haus verbannt. Seit ihrer Geburt habe ich um Isobel
gebangt. Und jetzt verzeiht ihr bitte. Sie hat Probleme, ihre
Gefühle in Worte zu fassen.«
»Das kenne ich«, erwiderte Meredith leise. »Ich werde ein
wenig mit ihr reden, wenn das in Ordnung ist.«
Wenn sie jemals im Leben jemandem erklären sol te, wie
viel Spaß es machte, Spaß zu haben, dachte sie, dann war
dieser Augenblick jetzt gekommen.
KAPITEL ACHTUNDREISSIG
Damon hatte innegehalten und kniete hinter einem riesigen
abgebrochenen Ast. Stefano zog beide Mädchen an sich
und hielt sie so fest, dass sie al e drei direkt hinter seinem
Bruder landeten.
Elena blickte auf einen sehr großen Baumstamm. Doch so
groß er auch war, er war nicht annähernd so riesig, wie sie
es erwartet hatte. Es stimmte; sie und die drei anderen
hätten ihn gewiss nicht umspannen können. Aber in ihrem
Hinterkopf hatten Bilder von Monden und Bäumen und
Stämmen gelauert, die so hoch waren wie Wolkenkratzer
und in denen eine Sternenkugel auf jedem »Stockwerk«
und in jedem »Zimmer« versteckt sein konnte.
Dies war lediglich ein prächtiger Eichenstamm, der in einer
Art Hexenring von viel eicht sieben Meter Durchmesser
stand, in den sich kein welkes Blatt verirrt hatte. Dort war
der Grund bleicher als der Lehm, über den sie gelaufen
waren, und glitzerte sogar an einigen Stel en. Al es in al em
war Elena erleichtert.
Mehr noch, sie konnte sogar
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