Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
Gleiche geschah mit Stefanos Blut; ein wenig
davon, erfül t von Macht, strömte in Elena hinein.
Es war nicht vol kommen. Ein Blutstropfen schwol an und
verharrte glänzend auf Elenas Lippe. Aber es hätte Elena
nicht gleichgültiger sein können. Einen Moment später
tropfte die Blutperle in Stefanos Mund, und sie spürte die
pure, atemberaubende Macht und das Ausmaß seiner
Liebe zu ihr.
Sie selbst konzentrierte sich auf ein einziges, winziges
Gefühl, irgendwo in der Mitte dieses Sturms, den sie
heraufbeschworen hatten. Diese Art von Blutaustausch –
sie war sich so sicher, wie sie es nur sein konnte –, dies
war die alte Methode, die Methode, mit der zwei Vampire
Blut und Liebe und ihre Seelen teilen konnten. Sie wurde in
Stefanos Geist hineingezogen. Sie spürte seine Seele, rein
und ungehemmt, wie sie mit tausend verschiedenen
Gefühlen um sie herumwogte, mit Tränen aus einer
Vergangenheit, Glück aus der Gegenwart, al es
preisgegeben ohne die geringste Spur eines Schildes,
eines Schutzwal s.
Sie spürte, wie ihre eigene Seele sich seiner entgegenhob,
sie selbst unbeschirmt und ohne Angst. Stefano hatte
schon vor langer Zeit jede Selbstsucht in ihr gesehen, jede
Eitelkeit, jeden übertriebenen Ehrgeiz – und es verziehen.
Er hatte al es von ihr gesehen und liebte al es von ihr, selbst
die schlechten Teile.
Und so sah sie ihn, ebenso Dunkelheit wie Zartheit wie
Ruhe, sanft wie ein Ave Maria, wie er sie mit schwarzen
schützenden Flügeln umschloss …
Stefano, ich …
Liebste … ich weiß …
In diesem Augenblick klopfte jemand an die Tür.
KAPITEL ACHTZEHN
Matt war nach dem Frühstück online gegangen, um einen
Laden zu finden, der die Menge an Ton liefern konnte, die
Mrs Flowers benötigte. Er fand sogar zwei Händler – beide
nicht in Fel ’s Church gelegen –, die ins Haus liefern
würden.
Als Nächstes hatte er sich gefragt, wie er wohl heute an
den Überresten des Alten Waldes vorbeikommen würde.
Der Weg führte an dem kleinen Dickicht entlang, in das
Shinichi – einem dämonischen Rattenfänger gleich – die
besessenen Kinder häufig hineingelockt hatte. Dort hinein
hatte Sheriff Mossberg sie verfolgt und war nicht wieder
herausgekommen. Aus diesem Dickicht hatten später
Tyrone Alpert und er, geschützt von magischen
Beschwörungen auf Klebezetteln, einen fleischlosen,
abgekauten Oberschenkelknochen hervorgezogen.
Die einzige Möglichkeit, an dem Dickicht vorbeizukommen,
hatte Matt schließlich darin gesehen, seinen schnaufenden
Schrotthaufen von einem Wagen wieder langsam in
Schwung zu bringen. Und tatsächlich hatte er über sechzig
Sachen drauf, als er endlich an dem Dickicht vorbeiflog und
es sogar trotzdem schaffte, noch perfekt in die Kurve zu
kommen. Keine Bäume stürzten auf ihn herab, keine
Schwärme von dreißig Zentimeter langen Käfern.
Er flüsterte erleichtert: »Donnerwetter« – und fuhr nach
Hause. Davor graute ihm – aber schon die Fahrt durch
Fel ’s Church war so schrecklich, dass es ihm die Zunge an
den Gaumen klebte. Die hübsche, unschuldige kleine
Stadt, in der er aufgewachsen war, sah aus wie irgendein
bombardierter Ort an einem der Kriegsschauplätze, über
die im Fernsehen oder im Internet berichtet wurde. Und ob
nun Explosionen oder katastrophale Brände die Ursachen
waren – jedenfal s waren etwa ein Viertel der Häuser nur
noch zertrümmerte Ruinen. Einige nur halb zerstörte
Gebäude waren mit Polizeiband abgesperrt. Sie mussten
also relativ früh in Mitleidenschaft gezogen worden sein,
früh genug, um die Polizei noch auf den Plan zu rufen, die
sich jetzt offensichtlich nicht mehr um dergleichen
kümmerte oder es viel eicht nicht mehr wagte, etwas zu
unternehmen. Um die ausgebrannten Ruinen herum
wucherte die Vegetation auf seltsame Weise: Ein
dekorativer Busch eines Hauses war bis in den Vorgarten
eines Nachbarn gewachsen. Kletterpflanzen rankten sich
von einem Baum zum nächsten und weiter zum nächsten,
als sei dies eine Art uralter Dschungel.
Sein Elternhaus befand sich in der Mitte eines längeren
Blocks von Häusern, in denen viele Familien mit Kindern
lebten – und im Sommer, wenn unausweichlich auch noch
Enkelkinder zu Besuch kamen, waren hier noch mehr
Kinder. Matt hoffte nur, dass dieser Teil der Sommerferien
bereits vorüber war … Würden Shinichi und Misao den
Kindern erlauben, nach Hause zurückzukehren? Matt hatte
keine Ahnung. Und wenn sie nach Hause
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