Tagebuch eines Vampirs 8 - Jagd im Abendrot
anzuschauen.
»Elena?«, rief er. »Bonnie? Matt? Was ist los? Qu’est-ce qui t’est arrivé ?«
Normalerweise wäre Elena erleichtert darüber gewesen, Sage zu sehen,
der ihr gegenüber immer nett und hilfsbereit gewesen war. Aber jetzt
musste sie Damon erreichen. Sie wusste, wo er war.
Sie schritt durch den leeren Raum, wobei sie den verblüfften Hüter des
Torhauses kaum eines Blickes würdigte, und zog Matt und Bonnie hinter
sich her.
»Tut mir leid, Sage«, sagte sie, als sie jene Tür erreichte, die sie an-
gesteuert hatte. »Wir müssen Damon finden.«
»Damon?«, fragte er. »Er ist wieder da?« Und dann ging Elena zusam-
men mit Bonnie und Matt einfach durch die Tür und ignorierte Sage, der
rief: »Halt! Arrêtez-vous !«
Als sich die Tür hinter ihnen schloss, fanden sie sich in einer Landschaft
aus Asche wieder. Nichts wuchs hier, und auf der toten Fläche fand das
Auge nirgends Halt. Heftige Winde hatten die feine, schwarze Asche zu
Dünen zusammengeweht. Während die drei Freunde ihre Blicke schweifen
ließen, wirbelte eine starke Böe die leichte, oberste Schicht der Asche zu
einer Wolke auf, die sie schon bald wieder in einer neuen Form auf den
Boden herabsenkte. Unter der leichteren Ascheschicht wurde ein Sumpf
von nasser, schlammiger Asche sichtbar. In der Nähe befand sich ein mit
Asche gefüllter Teich. Nichts als Asche und Schlamm, bis auf ein Stück
versengten, schwarzen Holzes hier und da.
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Am dämmrigen Himmel über ihnen hingen ein riesiger Planet und zwei
große Monde, einer von einem nebligen, bläulichen Weiß, der andere
silbrig.
»Wo sind wir?«, fragte Matt, der zum Himmel emporstarrte.
»Früher einmal war dies eine Welt – technisch gesehen ein Mond –, die
von einem riesigen Baum, dem Großen Baum, überschattet wurde«,
berichtete Elena, während sie stetig weitergingen. »Bis ich diese Welt zer-
stört habe. Hier ist Damon gestorben.«
Matt und Bonnie tauschten einen Blick, den sie eher spürte als sah.
»Aber, ähm, er ist zurückgekommen, richtig? Du hast ihn neulich in Fell’s
Church gesehen, nicht wahr?«, fragte Matt zögernd. »Warum sind wir
dann hier?«
»Ich weiß, dass Damon in der Nähe ist«, antwortete Elena ungeduldig.
»Ich kann ihn fühlen. Er ist hier. Das müsste der Ort sein, an dem er seine
Suche nach dem Phantom begonnen hat.« Sie gingen immer weiter. Doch
schon bald wateten sie vielmehr durch die schwarze Asche, die sich in
ekelhaft dicken Klumpen an ihre Beine heftete. Der Schlamm unter der
Asche klebte an ihren Schuhen, und jedes Mal, wenn sie einen Fuß hoben,
gab der Sumpf ihn nur mit einem widerwilligen Glucksen frei.
Sie waren fast da. Sie konnte es spüren. Elena beschleunigte ihren Sch-
ritt, und die anderen, die sie immer noch an den Händen hielt, beeilten
sich, um mitzuhalten. Die Asche war hier dicker und tiefer, weil sie sich
der Stelle näherten, wo der Stamm des Großen Baumes gewesen war – das
Zentrum dieser Welt. Elena erinnerte sich daran, dass er explodiert, wie
eine Rakete in den Himmel geschossen und dabei zerfallen war. Damons
Leichnam war von der herabfallenden Asche vollkommen begraben
worden.
Endlich blieb Elena vor einem Aschehaufen stehen, der ihr fast bis zur
Taille reichte. Sie glaubte, die Stelle wiederzuerkennen, an der Damon er-
wacht sein musste – die Asche war zerwühlt, als hätte sich jemand aus
ihren tieferen Verwehungen herausgegraben. Aber außer ihnen war
niemand da. Ein kalter Wind wirbelte etwas Asche auf, und Bonnie
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hustete. Elena, die knietief in der kalten, klebrigen Asche stand, ließ die
Hände der anderen los und schlang die Arme um sich.
»Er ist nicht hier«, sagte sie ausdruckslos. »Ich war mir so sicher, dass
er hier sein würde.«
»Dann muss er irgendwo anders sein«, meinte Matt mit bestechender
Logik. »Nach allem, was du erzählt hast, bin ich mir sicher, dass er gegen
das Phantom kämpft. Die Dunkle Dimension ist doch riesig.«
Bonnie schauderte und drückte sich enger an Matt. Ihre braunen Augen
waren weit aufgerissen, wie die eines hungrigen Welpen. »Können wir jet-
zt nach Hause gehen? Bitte? Sage kann uns doch wieder zurückschicken,
nicht wahr?«
»Ich verstehe es einfach nicht«, murmelte Elena und starrte auf die
leere Stelle, an der einst der Große Baum gestanden hatte. »Ich habe ganz
deutlich gespürt, dass er hier sein würde. Ich konnte ihn praktisch nach
mir rufen hören.«
Genau in diesem
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