Tagebuch eines Vampirs 8 - Jagd im Abendrot
Einzige, was wir nicht
haben. Falls das Phantom seine Gefangenen so benutzt, wie wir es ver-
muten, wird es nur noch mächtiger werden.«
Alaric wollte erneut etwas bemerken, wurde jedoch unterbrochen.
»Einen Augenblick«, sagte Sabrina mit einem leicht schrillen Unterton
in der Stimme. »Ein Blut zauber? Was bedeutet das? Ich will in nichts ver-
wickelt werden, was« – sie suchte nach einem Wort – » widerwärtig ist.«
Sie griff nach dem Buch, aber Stefano ließ seine Hand darauf krachen.
» Widerwärtig oder nicht, genau das ist es, was wir tun werden«, erklärte
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er leise, aber mit einer Stimme, die so hart war wie Stahl. »Und Sie sind
dabei. Sie können jetzt keinen Rückzieher mehr machen. Das werde ich
nicht zulassen.«
Ein krampfartiger Schauder überlief Sabrina, und sie drückte sich in
ihren Sessel. »Wagen Sie nicht, mich zu bedrohen«, sagte sie mit zit-
ternder Stimme.
»Jetzt beruhigt euch mal alle«, mischte Meredith sich scharf ein. »Sab-
rina, niemand wird Sie dazu zwingen, etwas zu tun. Wenn nötig, werde ich
selbst Sie beschützen.« Ihr Blick flog schnell zu Alaric, der zwischen ihnen
besorgt hin und her schaute. »Aber wir brauchen Ihre Hilfe. Bitte. Sie sind
unsere Rettung, indem Sie diesen Zauber gefunden haben, und wir sind
Ihnen dankbar, aber Stefano hat recht – auch Sie gehören jetzt dazu. Ich
weiß nicht, ob es ohne Sie funktionieren wird.« Sie zögerte einen Herzsch-
lag lang. »Und selbst wenn es funktionieren sollte, dann könnte es sein,
dass Sie als das einzige Ziel des Phantoms übrig bleiben«, fügte sie schlau
hinzu.
Sabrina schauderte abermals und schlang die Arme um sich. »Ich bin
kein Feigling«, murmelte sie kläglich. »Ich bin Wissenschaftlerin, und
dieser … irrationale Mystizismus beunruhigt mich. Aber ich bin dabei. Ich
werde helfen, wo ich kann.«
Zum ersten Mal blitzte in Meredith ein gewisses Mitgefühl mit ihr auf.
Sie verstand, wie schwer es für Sabrina sein musste, sich selbst weiterhin
als logische Person zu betrachten, während um sie herum die Grenzen
dessen, was sie von jeher als Realität akzeptiert hatte, einstürzten.
»Danke, Sabrina.« Meredith sah der Reihe nach die anderen Personen
im Raum an. »Wir haben das Ritual. Wir haben die Zutaten. Wir müssen
nur noch alles zusammenbringen und anfangen, den Zauber zu wirken.
Sind wir bereit?«
Jetzt richteten sich alle auf, und ein Ausdruck strenger Entschlossenheit
trat in ihre Züge. So beängstigend dies auch war – es war gut, endlich ein
Ziel und einen Plan zu haben.
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Stefano atmete tief durch und riss sich sichtlich zusammen; seine Schul-
tern entspannten sich, und seine Haltung hatte etwas weniger Raubtier-
artiges. »In Ordnung, Meredith«, sagte er. Seine stürmischen grünen Au-
gen blickten in ihre kühlen grauen. Sie waren sich völlig einig. »Dann lasst
uns anfangen.«
Kapitel Einunddreissig
Stefano wusste, dass er das Ritual nicht mit leerem Magen vollziehen kon-
nte. Deshalb fing er sich in Mrs Flowers’ Garten mehrere Eichhörnchen,
bevor er in die Garage – einer der ehemaligen, umgebauten alten Ställe der
Pension – zurückkehrte. Meredith hatte Mrs Flowers’ Oldtimer-Ford in
die Einfahrt gestellt, sodass sie jetzt mehr als genug Platz hatten, um alles
aufzubauen, was sie für das Bannritual brauchten.
Stefano legte den Kopf schräg, als er ein raschelndes Geräusch aus der
Dunkelheit hörte, und erkannte das schnell schlagende Herz einer kleinen
Maus. Die Garage war zwar nicht sehr gemütlich, aber durch ihre Geräu-
migkeit und den Betonboden eignete sie sich hervorragend für den ge-
planten Zauber.
»Reich mir bitte das Maßband«, sagte Alaric, der mitten auf dem Boden
hockte. »Der Abstand muss genau stimmen.« Mrs Flowers hatte irgendwo
in der Pension eine Schachtel mit bunter Kreide aufgestöbert, und Alaric
hatte das Buch aufgeschlagen und kopierte nun sorgfältig die darin abge-
bildeten Kreise, die geheimnisvollen Symbole, Parabeln und Ellipsen auf
den glatten Beton.
Stefano reichte ihm das Maßband und beobachtete, wie er sorgfältig die
Entfernung zwischen dem innersten Kreis und einer Reihe fremdartiger
Runen fast am Ende seiner großen Zeichnung abmaß. »Es ist wichtig, dass
alles akkurat ist«, erklärte Alaric stirnrunzelnd und überprüfte noch ein-
mal die Enden des Maßbandes. »Der kleinste Fehler könnte dazu führen,
dass wir dieses Ding versehentlich auf Fell’s
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