Tagebuch eines Vampirs 8 - Jagd im Abendrot
Mo-
ment erkannte Stefano sie nicht – konnte sie nicht erkennen, weil sie ei-
gentlich gar nicht mehr hätte existieren sollen. Die Person fühlte sich an
wie ein quälend vertrauter Fremder. Jetzt legte der Fremde schützend die
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Hände um seine Kehle und blickte aus dem Kreis direkt zu Stefano
hinüber. Auf den blutigen, geschwollenen Lippen und in den von blauen
Flecken umringten Augenschlitzen erschien der Anflug eines strahlenden
Lächelns – und endlich klickten die Rädchen in Stefanos Geist und
begannen, sich wieder zu drehen.
Damon.
Stefano war so verwirrt, dass er zuerst nicht wusste, was er empfinden
sollte. Dann breitete sich tief in ihm die wärmende Erkenntnis aus, dass
sein Bruder zurück war. Die andere Hälfte seiner seltsamen Lebens-
geschichte war wieder hier. Stefano war nicht allein. Er machte einen Sch-
ritt auf den Rand des Diagramms zu und hielt den Atem an.
»Damon?«, fragte er leise und staunend.
Das Eifersuchtsphantom riss den Kopf zu ihm herum, und Stefano
wurde von seinem glasigen, kalten Blick festgehalten.
»Er ist schon früher zurückgekommen, weißt du«, sagte die Eifersucht
beiläufig, und ihre Stimme ließ Stefano frieren, als hätte man ihm
Eiswasser ins Gesicht geschüttet. »Er wollte nur nicht, dass du es weißt,
damit er Elena ganz für sich haben konnte. Er hat in der Nähe herum-
gelungert, sich versteckt gehalten und Streiche gespielt, wie er das immer
getan hat.«
Das Eifersuchtsphantom war zweifellos feminin, und der kühle,
berechnende Tonfall erinnerte Stefano an jene kleine Stimme, die manch-
mal in seinem Hinterkopf flüsterte, die seine dunkelsten und schändlich-
sten Gedanken aussprach. Konnten die anderen sie überhaupt hören?
Oder sprach sie direkt in seinen Geist hinein?
Er riskierte einen Blick in die Runde. Sie alle – Meredith, Sabrina, Alar-
ic, Mrs Flowers – standen reglos wie Statuen da und starrten die Eifer-
sucht an. Das improvisierte Bettlager hinter ihnen war leer. Als die
Astralkörper der drei Schläfer zusammen mit dem Phantom im inneren
Kreis erschienen waren, mussten ihre realen Körper sich ihnen irgendwie
angeschlossen haben, sodass sie jetzt als ganze Personen innerhalb des
Kreises standen.
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»Er ist zu Elena gekommen«, verhöhnte das Phantom Stefano. »Er hat
seine Wiederauferstehung vor dir geheim gehalten, damit er sie umwerben
konnte. Damon hat sich keinen Moment darum gesorgt, wie du dich wegen
seines Todes gefühlt hast. Und während du damit beschäftigt warst, um
ihn zu trauern, war er damit beschäftigt, Elena in ihrem Schlafzimmer zu
besuchen.«
Stefano prallte zurück.
»Er will immer das, was du hast, und das weißt du«, fuhr das Eifer-
suchtsphantom fort und verzog seine durchscheinenden Lippen zu einem
Lächeln. »So war es schon, als ihr noch Sterbliche gewesen seid. Erinnerst
du dich, wie er nach Hause kam und dir Catarina stahl? Er hat seinen gan-
zen Charme bei ihr eingesetzt, nur weil er wusste, dass du sie liebtest.
Selbst die kleinsten Dinge – wenn du ein Spielzeug hattest – musste er dir
wegnehmen. Wenn du ein Pferd wolltest, hat er es geritten. Wenn bei
Tisch noch ein Stück Fleisch auf der Servierplatte lag, hat er es genommen,
auch wenn er keinen Hunger mehr hatte, nur damit du es nicht bekamst.«
Stefano schüttelte langsam den Kopf. Wieder einmal fühlte er sich zu
langsam, als habe er erneut den wichtigsten Moment verpasst. Damon
hatte Elena besucht? Während er sich an ihrer Schulter wegen seines ver-
storbenen Bruders ausgeweint hatte, hatte Elena gewusst, dass Damon
noch lebte?
»Aber du hast gedacht, du könntest Elena vertrauen, nicht wahr,
Stefano?«
Elena drehte sich um und starrte ihn an; ihre Wangen waren bleich
unter der Ascheschicht. Sie sah krank und ängstlich aus.
»Nein, Stefano …«, begann Elena, aber das Phantom war schneller und
setzte seine Worte wie ein besänftigendes Gift ein. Stefano wusste, was es
tat. Er war kein Narr. Und trotzdem ertappte er sich dabei, dass er nickte,
dass er ihm zustimmte und eine rote Wut langsam in ihm aufsteigen ließ,
ungeachtet des Kampfes, den sein rationales Ich dagegen führte.
»Elena hat dies vor dir geheim gehalten, Stefano. Sie wusste, dass du
gelitten hast, und dass das Wissen um Damons Überleben dieses Leid
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gelindert hätte. Aber trotzdem hat sie geschwiegen, weil Damon sie darum
gebeten hatte. Und was Damon wollte, war wichtiger, als dir zu
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