Tagebuch eines Vampirs 8 - Jagd im Abendrot
damit, Damon dort oben zu sehen, wie er feixend auf sie
alle herabschaute. Denn wenn er vielleicht doch irgendwie überlebt hatte,
wäre es so typisch für ihn gewesen, plötzlich aufzutauchen und einen
großen Auftritt hinzulegen, um dieses Wunder dann mit einem Ach-
selzucken und einer trockenen Bemerkung abzutun.
Und tatsächlich stand jemand auf der Klippe. Sabrina stieß einen leisen
Schrei aus, und Matt fluchte laut.
Doch es war nicht Damon. Das sah Elena sofort. Die Gestalt, deren Sil-
houette sich im Sonnenlicht abzeichnete, war breiter als die des geschmei-
digen Damon. Die Sonne schien so hell, dass sie die Züge der Person nicht
erkennen konnte, und sie hob die Hand, um ihre Augen zu beschatten.
Wie ein Heiligenschein glänzte blondes, gelocktes Haar im Sonnenlicht.
Elena runzelte die Stirn. Langsam dämmerte ihr eine Erkenntnis.
»Ich denke«, sagte sie, »das ist Caleb Smallwood.«
Kapitel Fünfzehn
Sobald Elena Calebs Namen ausgesprochen hatte, zog sich die Person auf
der Klippe aus ihrem Blickfeld zurück. Nach einem kurzen Zögern rannte
Matt blitzartig den Pfad in die Richtung hinauf, in der sie die Gestalt gese-
hen hatten.
Eigentlich war es dumm, dachte Elena, dass sie alle so reagierten, als
seien sie bedroht worden. Jeder hatte das Recht, hier in Hot Springs her-
umzuwandern, und Caleb – falls es Caleb war – hatte nichts getan, außer
über den Rand der Klippe zu ihnen herunterzuschauen. Aber trotzdem war
ihnen die Gestalt, die so wachsam über ihnen gestanden hatte, bedrohlich
vorgekommen, und deshalb fühlte sich ihre Reaktion ganz und gar nicht
dumm an .
Bonnie keuchte auf, und ihr Körper entspannte sich, als sie aus der
Trance erwachte.
»Was ist passiert?«, fragte sie. »Oh, Himmel, nicht schon wieder .«
»Kannst du dich an irgendetwas erinnern?«, wollte Elena wissen.
Bonnie schüttelte betrübt den Kopf.
»Du hast gesagt: ›Er will dich, Elena‹«, erklärte Sabrina und betrachtete
Bonnie mit einem klinisch-enthusiastischen Glitzern in den Augen. »Du
erinnerst dich nicht, von wem du gesprochen hast?«
»Ich schätze, wenn er Elena wollte, kann es jeder gewesen sein«, meinte
Bonnie und verdrehte die Augen. Elena starrte sie an. War da ein un-
typisch bissiger Unterton in Bonnies Stimme? Aber Bonnie grinste sie jetzt
kläglich an, und Elena kam zu dem Schluss, dass die Bemerkung nur ein
Scherz gewesen war.
Einige Minuten später kam Matt kopfschüttelnd zurück.
»Wer auch immer es war, er ist einfach verschwunden«, sagte er mit
einem verwirrten Stirnrunzeln. »Ich konnte in beiden Richtungen
niemanden auf dem Pfad sehen.«
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»Denkst du, er ist ein Werwolf, wie Tyler einer war?«, fragte Bonnie.
Elena warf Stefano einen Blick zu. »Ich weiß es einfach nicht. Aber ich
glaube es nicht. Caleb wirkt total nett und normal. Erinnert ihr euch
daran, wie wölfisch Tyler wirkte, noch bevor er zu einem Werwolf wurde?
Diese großen weißen Zähne und diese animalische Ausstrahlung, die er
hatte? Das hat Caleb nicht.«
»Warum sollte er uns dann nachspionieren?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Elena noch einmal. Sie war verwirrt. Sie kon-
nte jetzt nicht darüber nachdenken. Die Frage, ob Damon wohl doch noch
am Leben war, bewegte sie immer noch. Was für eine Rolle spielte verg-
lichen damit schon Caleb? »Vielleicht ist er hier einfach gewandert. Ich bin
mir nicht einmal sicher, ob es Caleb war. Es hätte auch irgendein anderer
Junge mit gelocktem blondem Haar sein können. Einfach ein x-beliebiger
Wanderer, der es mit der Angst zu tun bekommen hat, als Matt die Klippe
hinauf auf ihn zugerannt kam.«
Ihre Diskussion drehte sich im Kreis, bis Alaric schließlich Meredith ins
Krankenhaus fuhr, damit ein Arzt ihren Knöchel untersuchen konnte. Die
anderen machten sich auf den Weg zu ihren Picknicksachen.
Sie knabberten an den Chips, den Brownies und dem Obst, und Matt
machte sich auf dem Grill einen Hotdog, aber echte Freude wollte bei
niemandem mehr aufkommen.
Das Klingeln von Elenas Handy war eine willkommene Abwechslung.
»Hi, Tante Judith«, sagte sie und zwang sich zu einem fröhlichen Tonfall.
»Hi«, antwortete Tante Judith hastig. »Hör zu, ich muss in die Aula, um
allen Mädchen bei ihren Frisuren und ihrem Make-up zu helfen, und
Robert wird ohnehin schon früher von der Arbeit kommen müssen, um
rechtzeitig bei der Aufführung zu sein. Würdest du mir einen Gefallen tun
und unterwegs Blumen für Margaret
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