Tagebuch eines Vampirs 8 - Jagd im Abendrot
Pflanzen, in die du verheddert warst, haben auf
deinen Beinen einen Namen geformt.« Alle schnappten nach Luft. Elena
umklammerte mit einem flauen Gefühl im Magen seinen Arm. Sie sah
Matt an, dann Bonnie, dann Stefano selbst. Nie waren ihr ihre Freunde
kostbarer erschienen als in diesem Augenblick. Wer von denen, die sie
liebte, war jetzt noch in Gefahr?
»Nun spann uns nicht auf die Folter«, sagte Meredith trocken. Sie hatte
wieder ein bisschen Farbe bekommen, bemerkte Elena, und ihre Stimme
klang energischer, obwohl sie zusammenzuckte, als Alaric vorsichtig ihren
Knöchel berührte. »Wessen Name war es?«
Stefano zögerte. Sein Blick schoss zu Elena hinüber, dann sah er schnell
wieder weg. Er leckte sich die Lippen, eine nervöse Geste, die sie noch nie
zuvor bei ihm gesehen hatte. Dann holte er tief Luft und sagte schließlich:
»Der Name, den die Pflanzen geformt haben, war Damon.«
Bonnie ließ sich auf den Boden plumpsen, als hätten ihre Beine plötzlich
unter ihr nachgegeben. »Aber Damon ist tot«, erwiderte sie und riss ihre
braunen Augen erstaunt auf.
Doch aus irgendeinem Grund erschütterte diese Nachricht Elena nicht
bis ins Mark. Stattdessen überflutete sie ein heftiges, strahlendes Gefühl
der Hoffnung. Es machte irgendwie Sinn. Sie hatte nie geglaubt, dass je-
mand wie Damon einfach fort sein konnte.
»Vielleicht ist er es nicht«, hörte sie sich sagen, während sie sich
gedankenverloren an den Damon in ihren Träumen erinnerte. Als sie
unter Wasser das Bewusstsein verloren hatte, hatte sie ihn erneut gesehen,
und er hatte ihr befohlen aufzuwachen. War das ein Benehmen, wie man
es im Traum an den Tag legte? War es eine Warnung?, überlegte sie
zweifelnd. Und dann war sein Name unter Wasser aufgetaucht.
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Konnte er am Leben sein? Er war zwar gestorben, aber er war ein Vam-
pir; er war also schon einmal gestorben und wieder lebendig geworden.
Die Wächter hatten gesagt, es gäbe keine Möglichkeit, Damon zurück-
zuholen. War es eine sinnlose Hoffnung? War das eifrige Pochen ihres
Herzens bei dem Gedanken daran, dass Damon vielleicht doch noch lebte,
einfach das Ergebnis ihrer Selbsttäuschung?
Elena kehrte ruckartig in die Gegenwart zurück und stellte fest, dass
ihre Freunde sie anstarrten. Es herrschte ein Moment vollkommenen Sch-
weigens, als hätten selbst die Vögel aufgehört zu singen.
»Elena«, sagte Stefano sanft. »Wir haben ihn sterben sehen.«
Elena schaute in Stefanos warme grüne Augen. Wenn es auch nur den
leisesten Grund zur Hoffnung gab, würde er doch gewiss genauso em-
pfinden wie sie. Aber sein Blick war fest und traurig. Stefano, das konnte
sie deutlich erkennen, hatte keinen Zweifel daran, dass Damon tot war.
Für immer. Ihr Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen.
»Wer ist Damon?«, fragte Sabrina, aber niemand antwortete.
Alaric runzelte die Stirn. »Wenn Damon definitiv tot ist«, begann er,
»wenn ihr euch da ganz sicher seid, dann könnte dieses Etwas, das diese
Unfälle verursacht, mit eurer Trauer spielen und versuchen, euch da zu
treffen, wo es am meisten wehtut. Vielleicht versucht es, nicht nur eine
physische Gefahr zu schaffen, sondern auch eine emotionale.«
»Wenn Damons Name uns aufregen sollte, dann richtet es sich vor al-
lem gegen Stefano und Elena«, stellte Matt fest. »Ich meine, es ist kein Ge-
heimnis, dass Meredith und ich ihn nicht besonders mochten.« Er vers-
chränkte die Arme vor der Brust. »Tut mir leid, Stefano, aber es ist die
Wahrheit.«
»Ich habe Damon respektiert«, erklärte Meredith, »vor allem, nachdem
er sich in der Dunklen Dimension solche Mühe mit uns gegeben hat. Aber
es stimmt, dass sein Tod mich nicht … auf die gleiche Weise getroffen hat
wie Elena und Stefano. Ich muss Matt zustimmen.«
Elena schaute Bonnie an und bemerkte, dass sie die Zähne zusammen-
biss und wütende Tränen in ihren Augen glitzerten.
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Während Elena sie beobachtete, wurden Bonnies sonst so strahlende
Augen dumpf und trüb, und ihr Blick glitt ins Leere. Sie versteifte sich und
richtete das Gesicht nach oben, der Klippe entgegen.
»Sie hat eine Vision«, sagte Elena und sprang auf.
Bonnie sprach mit einer rauen und tonlosen Stimme, die nicht ihre ei-
gene war. »Er will dich, Elena«, sagte sie. »Er will dich.«
Elena folgte ihrem Blick zur Klippe hinauf. Für einen wilden Moment
brach sich in ihrer Brust wieder diese heftige, strahlende Hoffnung Bahn.
Sie rechnete fest
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