Tagebuch eines Vampirs 8 - Jagd im Abendrot
»Ist es ein Dämon oder
so was und kein Fluch?«
Mrs Flowers sah zuerst Matt an. »Wir sind vielleicht in der Lage, Bonnie
zu retten. Gewiss werden wir es versuchen. Aber dazu müssen wir das
Ding besiegen, das sie geholt hat. Und ihr Übrigen seid immer noch in
sehr großer Gefahr.«
Sie sah sie der Reihe nach an. »Es ist ein Phantom.«
Eine kleine Pause folgte.
»Was soll das heißen, ein Phantom?«, fragte Elena. »Meinen Sie einen
Geist?«
»Ein Phantom, natürlich «, sagte Stefano leise und schüttelte den Kopf,
als könne er nicht glauben, dass er nicht selbst auf diese Idee gekommen
war. »Ich habe vor vielen, vielen Jahren in Italien einmal von einer Stadt
in Umbrien gehört, in der angeblich ein Phantom durch die Straßen
pirschte. Es war kein Geist, sondern ein Wesen, das durch starke Gefühle
erschaffen worden war. Es hieß, dass ein Mann in solchen Zorn über seine
treulose Geliebte geraten sei, dass er sie und ihren Liebsten und schließ-
lich sich selbst getötet habe. Und diese Taten haben etwas entfesselt, ein
Wesen, das aus diesen Gefühlen entstand. Die Leute, die dort in der Nähe
lebten, sind einer nach dem anderen wahnsinnig geworden. Sie haben
schreckliche Dinge getan.« Stefano schien bis ins Mark erschüttert.
»Und das ist es, womit wir es zu tun haben? Eine Art Dämon, der aus
Zorn erschaffen wurde und die Leute in den Wahnsinn treiben wird?«
Elena wandte sich an Mrs Flowers. »Ich denke, dass diese Stadt eigentlich
schon genug davon hatte.«
»Es darf nicht wieder passieren«, meldete Matt sich zu Wort. Auch er
schaute Mrs Flowers an. Sie war die Einzige hier, die außer ihm und
Meredith miterlebt hatte, wie Fell’s Church beinahe restlos zerstört
worden wäre. Die anderen waren zu Beginn dabei gewesen, sicher, aber
während sich die Dinge immer schrecklicher entwickelten bis zu ihrem
schlimmsten Punkt, waren die Mädchen und die Vampire in der Dunklen
203/328
Dimension gewesen und hatten ihre eigenen Schlachten ausgefochten, um
alles in Ordnung zu bringen.
Mrs Flowers sah ihm in die Augen und nickte energisch, als wolle sie ein
Gelübde ablegen. »Das wird es auch nicht«, erwiderte sie. »Stefano, das
Phantom deiner Beschreibung war wahrscheinlich ein Wutphantom, aber
es hört sich so an, als sei die damals gängige Erklärung der Ereignisse
nicht ganz exakt gewesen. Ma ma zufolge ernähren Phantome sich von
Emotionen wie Vampire von Blut. Und je stärker eine Emotion ist, desto
besser genährt und desto aktiver sind sie. Sie fühlen sich zu Leuten
hingezogen, die diese starken Gefühle bereits in sich haben. Und dann
schaffen sie eine Art Rückkopplung, indem sie ihnen Gedanken eingeben,
die diese Gefühle noch verstärken, sodass sie selbst sich weiterhin davon
ernähren können. Sie sind geistig ziemlich mächtig, aber sie können nur so
lange überleben, wie ihre Opfer sie mit ihren Emotionen ernähren.«
Elena hörte genau zu. »Aber was ist mit Bonnie?« Sie sah Stefano an.
»Sind die Leute in dieser Stadt in Umbrien wegen des Phantoms ins Koma
gefallen?«
Stefano schüttelte den Kopf. »Davon habe ich nichts gehört«, antwor-
tete er. »Vielleicht ist das der Punkt, an dem Caleb ins Spiel kommt.«
»Ich werde Sabrina anrufen«, sagte Alaric. »Mit diesen Informationen
wird sie ihre Nachforschungen spezieller ausrichten können. Wenn ir-
gendjemand Material über all diese Dinge hat, dann wird es Dr. Beltram
sein.«
»Konnte Ihre Mutter Ihnen vielleicht sagen, was für eine Art von
Phantom es war?«, fragte Stefano Mrs Flowers. »Wenn wir wissen, von
welcher Emotion es sich nährt, könnten wir den Nachschub abschneiden.«
»Sie wusste es nicht«, antwortete Mrs Flowers. »Und sie weiß auch
nicht, wie man ein Phantom besiegt. Und da gibt es noch etwas, das wir in
Betracht ziehen sollten: Bonnie hat selbst eine Menge Macht. Wenn das
Phantom sie in Besitz genommen hat, hat es diese Macht wahrscheinlich
angezapft.«
204/328
Matt nickte und folgte ihrem Gedankengang. »Und wenn das so ist«, er-
gänzte er grimmig, »dann wird dieses Ding noch stärker und
gefährlicher.«
Kapitel Sechsundzwanzig
Der Tag verging mit Nachforschungen ohne brauchbare Ergebnisse, so-
dass sich Elenas Sorge um Bonnie noch verstärkte; ihre zarte Freundin lag
immer noch im Koma. Als der Abend hereinbrach und Tante Judith anrief,
um sich müde nach Elena zu erkundigen und ob ihre Familie sie an diesem
Tag überhaupt noch zu Gesicht
Weitere Kostenlose Bücher