Tagebuch eines Vampirs - Jagd im Morgengrauen
gelehrt hatte.
Als sie die Augen öffnete, verspürte sie einen starken, beinahe unentrinnbaren Sog, der sie zu Damon führte. Außerstande, etwas entgegenzusetzen, trat sie vor. Doch dann fühlte sie Stefanos Hand auf ihrem Arm. Er hielt sie zurück.
»N ein«, hauchte er. »D u musst Nicolaus finden.«
Elena nickte und mied Damons verblüfften Blick. Der Sog zu Damon war so intensiv: Sie versuchte, ihn zu ignorieren, aber sie wusste, dass es ihre Wächteraufgabe war, die sie zu ihm trieb. Sie schloss die Augen erneut, atmete ein und konzentrierte sich auf Nicolaus. In rascher Folge tauchten Bilder von ihm in ihren Gedanken auf: sein kalter, brutaler Kuss, sein Lachen, als er das Aufzugdach eintrat, die Art, wie er den armen Chad über die Lichtung schleuderte und zerstörte.
Als sie diesmal die Augen öffnete, führte sie der dunkle Sog weg von der Lichtung, weg von Damon, und sie hatte das Gefühl, als könne sie den dicken schwarzen, giftigen Nebel von Nicolaus’ Aura beinahe schmecken.
Elena folgte ihrer Macht und ihre Freunde folgten ihr. Zander, Shay und die anderen Werwölfe, die sich ohne den Vollmond verwandeln konnten, liefen bereits in Wolfsgestalt mit langen Schritten neben den Menschen her – die Ohren gespitzt, um jedes Geräusch von ihren Feinden zu erfassen, die Schnauzen im Wind, um die Witterung des Bösen möglichst früh aufzunehmen.
Sie marschierten im Schutz der Bäume um den Campus herum. Elena erwartete, dass ihre Macht sie weiter in den Wald hineinführen würde, zu dem Ort, an dem sie bereits zuvor gegen Nicolaus gekämpft hatten, aber stattdessen wurde sie zurück auf den Campus geführt.
Hinter dem Campus lagen die alten Stallungen. Als sie sich ihnen näherten, spürte Elena einen Gifthauch aus der Dunkelheit, der sie zu einem der Ställe zu ziehen schien, während sich die gleiche giftige Dunkelheit auch über ihnen breitmachte. Schwarze Wolken hingen tief und drohend herab. Zander richtete die Ohren auf und sein Körper versteifte sich. Einer der Werwölfe in Menschengestalt– Marcus, dachte Elena– legte den Kopf schräg, als lausche er.
»Z ander sagt, dass das kein natürliches Unwetter sei, das sich da zusammenbraut«, übersetzte Marcus ängstlich.
»N ein«, bestätigte Elena. »N icolaus kann Blitze hervorrufen.« Die Werwölfe starrten sie für einen Moment erschrocken an und stellten die Ohren auf, dann konzentrierten sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Dunkelheit vor ihnen und wirkten noch wachsamer als zuvor.
»E r weiß, dass wir kommen«, erklärte Stefano angespannt. »D as ist es, was uns die Sturmwolken sagen sollen. Er ist bereit für uns. Bonnie, Alaric, geht zur Seite. Haltet euch fern vom Kampf, aber webt so viele Zauber, wie ihr könnt. Damon, Meredith, Chloe, ich will euch bei mir in der ersten Reihe haben. Zander, befiehl du, was immer du für das Rudel am besten hältst. Matt und Elena, ihr haltet euch mit euren Waffen in der zweiten Reihe.«
Elena nickte. Ein Teil von ihr wollte dagegen rebellieren, im Hintergrund bleiben zu müssen, während ihre Freunde sich in den Kampf warfen, doch sie wusste, dass es sinnvoll war. Sie und Matt waren stark, aber nicht so stark wie Vampire und Werwölfe und nicht so gut in der Lage, sich selbst und andere zu beschützen wie diejenigen, die ihre Magie nutzen konnten. Wenn sie Damon töten würde, so nahm sie an, würden sich in ihr wohl irgendwelche magischen Kampfkräfte entfesseln, aber sie war sich nicht sicher, wie nützlich das Lesen und Aufspüren von Auren noch sein würden, jetzt da sie Nicolaus ja gefunden hatten.
Als sie die Türen zum Stall erreichten, zögerten sie einen Moment.
»U m Gottes willen«, sagte Damon genervt. »S ie wissen bereits, dass wir hier draußen sind.« Er trat mit einem eleganten, in Italien gefertigten Stiefel mitten in die Doppeltür, sodass ihre beiden Flügel weit aufsprangen.
Damon überlebte nur dank seiner rasend schnellen Vampirreflexe. Sobald sich die Türen geöffnet hatten, krachte ein schwerer, spitzer Balken herunter, der geschickt über dem Türrahmen angebracht worden war. Damon konnte gerade noch zur Seite springen, gerade so weit, dass ihn der Balken nur an der Schulter traf und ihn rückwärts wegkatapultierte, statt sich durch seine Brust zu bohren. Damon hielt sich die Schulter, krümmte sich und fiel in den Dreck.
Elena rannte los und nahm nur halb wahr, dass Matt mit ihr Schritt hielt. Die anderen, die Kämpfer, strömten jetzt durch die Türen:
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