Tagebuch eines Vampirs - Jagd im Morgengrauen
sagte Stefano mit neuer Energie, jetzt da er ein Ziel hatte. »W ir müssen die beiden finden, bevor es zu spät ist.«
Sein Blick begegnete dem Damons, smaragdgrüne und schwarze Augen, in denen ausnahmsweise einmal genau der gleiche Ausdruck stand: ängstliche Hoffnung. Damon nickte. Stefano zog seinen Bruder zu einer kurzen Umarmung an sich und versuchte, ihm all die Liebe und Dankbarkeit zu senden, die er niemals würde in Worte fassen können. Damon war zurück. Und wenn irgendjemand Stefano dabei helfen konnte, Elena zu retten, dann war es Damon.
»G ibt es irgendetwas, das du tun kannst?«, fragte Stefano Andrés, nachdem er die Umarmung wieder gelöst hatte. Er hörte den flehenden Unterton in seiner Stimme.
Die anderen ringsum warteten angespannt auf seine Antwort. Bonnie versorgte gerade Shays Schulter und bandagierte einen abscheulichen Vampirbiss, als sich ihre geschickten Finger vor Furcht versteiften und Shay ein leises Knurren ausstieß.
»I ch hoffe es«, erwiderte Andrés. »I ch werde es versuchen.« Er kniete sich hin und legte die Hände flach auf den Boden. Stefano beobachtete ihn und spürte das Knistern von Macht in der Luft. Andrés verharrte regungslos, die Augen schmal vor Konzentration. Plötzlich lugten neue Grashalme aus der Erde und kringelten sich um seine Finger.
»E s ist nicht so effektiv wie Elenas Verfolgungskraft«, erklärte er, »a ber manchmal kann ich auf diese Weise Leute aufspüren. Wenn sie die Erde berührt, werde ich wissen, wo sie ist.«
Andrés kniete, wie es schien, sehr lange dort, sein Gesicht friedlich und wachsam. Während er die Finger tiefer in den Boden vergrub, sprossen auf den Ästen der Birke neben ihm neue Blätter.
»S chneller«, befahl Damon mit leiser, gefährlicher Stimme, aber Andrés reagierte nicht einmal mit einem Wimpernzucken. Es war, als sei er so tief in sich selbst versunken– oder in seine Gemeinschaft mit der Erde–, dass er nichts um sich herum hören konnte.
Stefanos Puls hämmerte so schnell wie noch nie zuvor in seinem Vampirdasein. Er ballte die Fäuste und öffnete sie wieder, um sich selbst daran zu hindern, Andrés zu schütteln. Der Wächter tat sein Bestes, und wenn er ihn ablenkte, würde er mit Sicherheit nicht schneller arbeiten können.
Ein Stück weiter entfernt konnte er hören, wie Matt den Wald absuchte. »C hloe! Chloe!«, rief er. Das junge Vampirmädchen hatte es aus dem Stall geschafft– Stefano war sich sicher, sie gesehen zu haben, von Asche geschwärzt, aber unverletzt–, doch jetzt war sie nirgends zu finden. Stefanos Herz schmerzte vor Mitgefühl. Das Mädchen, das Matt liebte, war ebenfalls verschwunden.
»S eltsam«, sagte Andrés. Es war das erste Wort, das er seit einer gefühlten Ewigkeit sagte, und Stefano konzentrierte seine Aufmerksamkeit sofort wieder auf ihn. Andrés legte den Kopf in den Nacken, um zu Damon und Stefano aufzuschauen, und runzelte verwirrt die Stirn. »E lena lebt«, sagte er. »I ch bin mir sicher, dass sie lebt, aber es fühlt sich so an, als sei sie unter der Erde .«
Stefano fiel angesichts dieser Bestätigung ein Stein vom Herzen: Elena lebte. Er sah Damon fragend an. »D ie Tunnel?« Damon nickte. Nicolaus musste sie in die Tunnel gebracht haben, die kreuz und quer unter dem Campus verliefen; die Tunnel, die auch die Vitale-Society-Mitglieder benutzt hatten.
Meredith, die mit Alaric in der Nähe saß, sprang auf. »W o ist der nächste Eingang?«, fragte sie.
Stefano versuchte, sich das Labyrinth der Tunnel ins Gedächtnis zu rufen, das Matt vor ihrem Kampf gegen die Vitale-Vampire für ihn skizziert hatte. Die Karte vor seinem inneren Auge wies viele leere Flächen und halb gezeichnete Eingänge auf, denn Matt war nur ein kleines Stück in das gewaltige Netzwerk vorgedrungen, das unter dem Campus, ja, vielleicht sogar unter der ganzen Stadt lag. Aber nach allem, was er wusste…
»D er Unterschlupf der Vitale-Vampire«, erklärte Stefano entschieden.
Kapitel Siebenunddreissig
Elena krachte mit der Schulter gegen etwas Hartes und sie protestierte leise. Alles, was sie wollte, war schlafen, aber irgendjemand ließ ihr keine Ruhe. Ihre Beine schmerzten.
Dann schlug ihr Kopf auf, und Elena begriff, dass sie von jemandem an den Beinen hinter sich hergeschleift wurde. Ihr Haar verfing sich irgendwo und riss schmerzhaft an ihrer Kopfhaut, bevor es sich wieder löste, und sie stöhnte erneut. Langsam öffnete sie die Augen.
»B ist du wieder bei mir, Kleine?«, fragte
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