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Tagebuch (German Edition)

Tagebuch (German Edition)

Titel: Tagebuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Frank
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bin ich im nächsten Jahr klüger!
    Ich bin zu der erschreckenden Erkenntnis gekommen, dass ich nur ein Kleid mit langen Ärmeln und drei Strickjacken für den Winter habe. Vater hat erlaubt, dass ich mir einen Pullover aus weißer Schafwolle stricke. Die Wolle ist nicht sehr schön, die Wärme wird den Mangel wettmachen müssen. Wir haben noch einige Kleider bei anderen Leuten, aber die kann man erst nach dem Krieg zurückholen, falls sie dann noch da sind. Als ich neulich etwas über Frau van Daan an dich schrieb, kam sie gerade ins Zimmer. Klapp, Buch zu.
     

    »Na, Anne, darf ich nicht mal schauen?«
    »Nein, Frau van Daan.«
    »Nur die letzte Seite?«
    »Nein, auch die nicht, Frau van Daan.«
    Ich bekam einen Mordsschreck, denn gerade auf dieser Seite war sie schlecht weggekommen.
    So passiert jeden Tag was, aber ich bin zu faul und zu müde, um alles aufzuschreiben.
    Deine Anne

Freitag, 25. September 1942
    Liebe Kitty!
    Vater hat einen alten Bekannten, einen Herrn Dreher, einen Mann von siebzig, sehr schwerhörig, krank und arm. An seiner Seite als lästiges Anhängsel eine Frau, die siebenundzwanzig Jahre jünger ist, auch arm, aber vollgehängt mit echten und unechten Armbändern und Ringen, die noch aus früheren goldenen Zeiten übrig sind. Dieser Herr Dreher hat Vater schon ziemlich viel Mühe bereitet, und ich bewunderte Vater immer wegen der Engelsgeduld, mit der er dem bedauernswerten alten Herrchen am Telefon Rede und Antwort stand. Als wir noch zu Hause waren, hat Mutter oft vorgeschlagen, Vater sollte doch ein Grammophon vor das Telefon stellen, das alle drei Minuten »Ja, Herr Dreher« und »Nein, Herr Dreher« sagt, denn der alte Mann verstand sowieso nichts von Vaters ausführlichen Antworten.
    Heute rief nun Herr Dreher im Büro an und fragte Herrn Kugler, ob er nicht kurz vorbeikommen könnte. Herr Kugler hatte keine Lust und wollte Miep schicken. Miep sagte telefonisch ab. Frau Dreher rief danach dreimal an. Und weil Miep angeblich ja den ganzen Nachmittag nicht da war, musste sie am Telefon Beps Stimme nachmachen. Unten im Büro und auch hier oben haben alle schrecklich gelacht. Jedes Mal, wenn jetzt das Telefon klingelt, sagt Bep: »Das ist Frau Dreher!« Woraufhin Miep sofort anfängt zu lachen und unhöflich kichernd den Leuten Auskunft gibt.
    Wirklich, so eine verrückte Firma gibt es nicht noch einmal! Die Direktoren machen zusammen mit den Büromädchen den größten Spaß!
    Ich gehe manchmal abends zu den van Daans, um mich ein bisschen zu unterhalten. Dann essen wir Mottenkekse mit Sirup (die Keksdose stand in einem Kleiderschrank, der eingemottet ist) und amüsieren uns. Neulich ging das Gespräch um Peter. Ich habe erzählt, dass Peter mir so oft über die Wange streichelt und ich das nicht mag. Auf echte Elternart fragten sie, ob ich Peter nicht ein bisschen gern haben könnte, er hätte mich bestimmt sehr gern. Ich dachte »Oje!«, und sagte »Oh nee!« Stell dir das vor! Dann sagte ich, dass Peter sich ein bisschen linkisch anstellt. Ich nehme an, er ist schüchtern. Das ist mit allen Jungen so, die noch nicht oft Umgang mit Mädchen gehabt haben.
    Ich muss wirklich sagen, dass die Versteckkommission Hinterhaus (Abteilung Herren) sehr erfinderisch ist. Hör nur, was sie sich jetzt wieder ausgedacht haben! Sie wollen Herrn Broks, Vertreter der Opekta-Gesellschaft und illegaler Sachen-Verstecker, eine Nachricht von uns zukommen lassen! Sie tippen an einen Opekta-Kunden in Zeeuws-Vlaanderen einen Brief mit einer Anfrage, und zwar so, dass der Mann einen Zettel ausfüllen und mit dem beigelegten Umschlag zurückschicken muss. Die Adresse auf dem Umschlag schreibt Vater mit der Hand. Wenn dieser Umschlag zurückkommt, wird der Brief des Kunden herausgeholt und ein handgeschriebenes Lebenszeichen von Vater hineingesteckt. So wird Broks den Brief lesen, ohne misstrauisch zu werden. Sie haben ausgerechnet Zeeland gewählt, weil es dicht an der belgischen Grenze liegt und der Brief also einfach über die Grenze geschmuggelt worden sein kann. Außerdem darf dort niemand ohne besondere Genehmigung hin, und ein gewöhnlicher Vertreter wie Broks wird diese Genehmigung nicht bekommen.
    Vater hat gestern Abend wieder einmal ein Theater aufgeführt. Ihm war schlecht vor Müdigkeit, und er torkelte ins Bett. Dort hatte er kalte Füße, und ich habe ihm meine Bettschuhe angezogen. Fünf Minuten später lagen sie doch wieder neben seinem Bett. Dann wollte er kein Licht haben und hat sich mit dem

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