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Tagebuch (German Edition)

Tagebuch (German Edition)

Titel: Tagebuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Frank
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Kopf unter die Decke gelegt. Als das Licht ausgemacht wurde, kam er sehr vorsichtig zum Vorschein. Es war zu komisch. Dann sprachen wir darüber, dass Peter Margot »eine Tante« nennt, und auf einmal kam Papas Stimme aus der Tiefe: »Eine Kaffeetante.«
    Mouschi, die Katze, wird immer lieber zu mir, aber ich habe immer noch ein bisschen Angst.
    Deine Anne

Sonntag, 27. September 1942
    Liebe Kitty!
    Heute habe ich wieder eine so genannte »Diskussion« mit Mutter gehabt. Das Schlimme ist, ich breche immer sofort in Tränen aus, ich kann es nicht ändern. Papa ist immer lieb zu mir, und er versteht mich auch viel besser. Ach, ich kann Mutter in solchen Momenten nicht ausstehen, und ich bin für sie auch eine Fremde. Das sieht man gleich, sie weiß noch nicht mal, wie ich über die normalsten Dinge denke.
    Wir sprachen über Dienstmädchen, dass man sie Haushaltshilfe nennen sollte und dass das nach dem Krieg sicher verlangt werden wird. Ich sah das nicht sofort ein. Und da sagte sie, dass ich so oft über »später« spreche und mich dann als große Dame aufspiele. Aber das ist überhaupt nicht wahr. Ich darf mir doch wirklich mal kleine Luftschlösser bauen, das ist doch nicht schlimm, das braucht man doch nicht so ernst zu nehmen. Papi verteidigt mich wenigstens, ohne ihn würde ich es hier bestimmt nicht aushalten.
    Auch mit Margot verstehe ich mich nicht sehr gut. Obwohl es in unserer Familie nie so einen Ausbruch wie oben gibt, ist es doch längst nicht immer gemütlich. Ich habe eine ganz andere Natur als Margot und Mutter, sie sind so fremd für mich. Ich verstehe mich mit meinen Freundinnen besser als mit meiner eigenen Mutter. Das ist schade, gell!
    Frau van Daan ist wieder eine Laus über die Leber gekrochen. Sie ist sehr launisch und schließt immer mehr von ihren Privatsachen weg. Schade, dass Mutter nicht jeden Van-Daan-Schwund mit einem Frank-Schwund beantwortet.
    Manche Leute scheinen ein besonderes Vergnügen daran zu finden, nicht nur ihre eigenen Kinder zu erziehen, sondern auch die ihrer Bekannten, so sind auch die van Daans. An Margot ist nicht viel zu erziehen, sie ist von Natur aus die Gut-, Lieb- und Klugheit selbst. Aber ich trage ihren Anteil an Untugenden ausreichend mit. Mehr als einmal fliegen beim Essen ermahnende Worte und freche Antworten hin und her. Vater und Mutter verteidigen mich immer heftig, ohne sie könnte ich den Kampf nicht so ohne weiteres aufnehmen. Zwar ermahnen sie mich immer, weniger zu reden, mich in nichts einzumischen und bescheidener zu sein, aber das schaffe ich selten. Wäre Vater nicht immer wieder so geduldig, hätte ich die Hoffnung schon längst aufgegeben, die Forderungen meiner Eltern zu erfüllen, dabei sind sie wirklich nicht zu hoch.
    Wenn ich von einem Gemüse, das ich überhaupt nicht mag, wenig nehme und stattdessen Kartoffeln esse, kann vor allem Frau van Daan diese Verwöhntheit nicht ertragen. »Nimm noch etwas Gemüse, Anne, komm«, sagt sie dann gleich.
    »Nein, danke«, antworte ich. »Mir reichen die Kartoffeln.«
    »Gemüse ist sehr gesund, das sagt deine Mutter auch. Nimm noch was«, drängt sie dann, bis Vater eingreift und mir Recht gibt.
    Dann fängt Frau van Daan an zu wettern und sagt: »Da hätten Sie mal bei uns zu Hause sein müssen, da wurden die Kinder wenigstens erzogen! Das ist doch keine Erziehung! Anne ist schrecklich verwöhnt, ich würde das nie zulassen. Wenn Anne meine Tochter wäre …«
    Damit beginnt und endet immer der ganze Wortschwall. »Wenn Anne meine Tochter wäre …« Zum Glück bin ich das nicht.
    Aber um auf das Erziehungsthema zurückzukommen: Gestern trat nach Frau van Daans letzten viel sagenden Worten eine Stille ein, und dann sagte Vater: »Ich finde, dass Anne sehr gut erzogen ist. Sie hat wenigstens schon so viel gelernt, dass sie auf Ihre langen Predigten keine Antwort mehr gibt. Und was das Gemüse betrifft, kann ich nichts anderes sagen als vice versa.«
    Madame war geschlagen, und zwar gründlich. Das bezog sich natürlich auf sie, weil sie abends keine Bohnen und überhaupt keine Kohlsorten vertragen kann, denn dann lässt sie »Winde«. Das könnte ich auch sagen. Sie ist doch idiotisch, nicht wahr? Soll sie wenigstens über mich den Mund halten.
    Es ist komisch zu sehen, wie schnell Frau van Daan rot wird. Ich nicht, bätsch! Und darüber ärgert sie sich insgeheim schrecklich.
    Deine Anne

Montag, 28. September 1942
    Liebe Kitty!
    Mein Brief von gestern war noch lange nicht fertig, als ich mit

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