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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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sollte ungeachtet der Bemühungen und selbst des tätlichen Einschreitens von seiten des Henkers und seiner Knechte in wenigen Minuten tausendfach zerfetzt werden.
    Von diesem schrecklichen Tode wurde er durch die Dazwischenkunft des Prokuratorsyndikus Manuel, der dabei sine Probe von ungeheurem Mute gab, errettet. Manuel stürzte sich mitten in den dichtesten Haufen hinein, rang mit den Wütendsten und brachte es endlich dahin, den unglücklichen Julien bis ins Rathaus zu schleppen und dort für den Augenblick zu sichern.
    Als der Volkshaufe sah, daß ihm die Beute entrissen war, kannte seine Wut keine Grenzen mehr, und die allgemeine Aufregung drohte sich in offene Empörung umzuwandeln. Man konnte die wilden Massen nur dadurch besänftigen, daß man befahl, den Schuldigen unverweilt vor den außerordentlichen Gerichtshof zu stellen.
    Die Mitglieder des Tribunals wurden in aller Eile zusammenberufen und der Vorgeführte zum Tode verurteilt. Jean Julien wurde tags darauf enthauptet.
    Den dritten September feierte die Guillotine. –
    Nachdem nun Tag für Tag die Guillotine eine mehr als reiche Kopfernte gehalten hatte, murrten einige noch darüber, daß man dem Tribunal gestattet hatte, seinen Dienern für diese vierundzwanzig Stunden Ferien zu bewilligen.
    Aber lassen wir das.
    In der peinlichen Aufgabe, die ich mir gestellt habe, erwächst mir glücklicherweise nicht die traurige Verpflichtung, die Geschichte der Septembertage zu zeichnen, wo ein Haufe ruchloser Mörder sich unser schreckliches Amt anmaßte und die Gefängnisse durch Menschenschlächtereien besudelte, die der rohesten Barbaren der Urzeit würdig gewesen waren. Wie viele von diesen Elenden, die sich mit Spießen und Säbeln bewaffnet hatten und mit einer rasenden Wut und Blutgier alles niederstießen, was ihnen entgegentrat, verstanden es wohl, jenes traurige Amt zu verwalten, das man als das Eigentum des Henkers begreift? Und dennoch, welchen Namen soll man ihnen geben, deren Hände doch sämtlich von selbstvergossenem Menschenblut besudelt waren? Meiner Ansicht nach ist die Bezeichnung Mörder noch viel zu mild und schwach!
    Das Tribunal vom 17. August hatte das Châtelet zum Aufenthalte gewählt.
    In dem Augenblick, wo die Menschenschlächterei begann, war gerade Sitzung, und soeben verurteilte man den Major Bachmann, einen Offizier der Schweizergarde.
    Das Heulen und Röcheln der Opfer, das wilde, blutdürstige Geschrei der Halsabschneider drang bis in die Gerichtszimmer und unterbrach mehrmals das Verhör. –
    Bis zu der Zeit, wo der König hingerichtet werden sollte, verminderte sich die Anzahl der Hinrichtungen nicht, aber sie erreichte bei weitem nicht die Ausdehnung, welche sie einige Monate später annahm.
Die Kommune
Lafayette; Gironde und Berg; der Konvent; die Nationalgarde.
    Bisher habe ich nur einen allgemeinen Überblick der Septembertage gegeben, wo man Tausende von Henkern – wenn es nicht anders eine Herabwürdigung dieses Namens wäre, mit ihm solche Mörder zu bezeichnen – oder besser die Henker nach Tausenden und aber Tausenden zählte. Ich habe diesen Todeskampf des Königtums, dessen schreckliche und doch erwähnenswerte Augenblicke der 20. Juni und 19. August waren, nur mit großen Zügen entworfen; jetzt, wo es sich um die Einzelheiten der Vernichtung eines Königs handelt, muß ich schon ausführlicher und weniger wortkarg zu Werke gehen, weil es das traurige Los meines Großvaters war, diese erhabenen Opfer der Revolution zu töten.
    Der Sturz des Königs und seine Gefangennahme auf dem Wege nach dem Temple hatten in allen rechtschaffenen Gemütern, selbst bei den den neuen Ideen Ergebensten, großen Eindruck gemacht. Allgemein wurde der abgesetzte Monarch beklagt, und vielleicht verzögerte sich auch wegen der großen und innigen Teilnahme an seiner Lage der Prozeß so bedeutend.
    Lafayette, der so lange das Ideal seines Volkes gewesen, in dem die heiligsten und köstlichsten Nationalgefühle und Vorzüge des französischen Volkes des achtzehnten Jahrhunderts so glücklich vereinigt und so vollkommen schön dargestellt schienen, gab zuerst das hervorstechendste Beispiel von der Schwäche, welche alle wahrhaften Freunde der Freiheit ergriffen hatte, indem er schnell und hastig den Oberbefehl über seine Armee aufgab und in der Fremde seine Rettung suchte; ein Beweis, welch trauriger Aufenthalt ein französisches Staatsgefängnis der damaligen Zeit sein mußte.
    Die ungeduldige und leidenschaftliche Revolution hatte

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