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Tagebücher der Henker von Paris

Tagebücher der Henker von Paris

Titel: Tagebücher der Henker von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Sanson
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Mädchen und wäre beinahe zu Boden gesunken. Heute abend, als wir uns zu Tisch setzten, behauptete ich gegen meine Frau, Blutflecke auf dem Tischtuche zu sehen.
    Die Hinrichtungen vom 29. Prairial (die »große rote Messe«, zu der Voulland seine Kollegen einlud) gehören zu den wichtigsten Ereignissen der letzten und entsetzlichsten Periode der Schreckensherrschaft. Ladmiral, der Mörder von Collot d'Herbois, war ein Mann von fünfzig Jahren und zu Aujolet in Puy-de-Dôme geboren; er war nicht von hohem Wuchs, aber kräftig gebaut; sein Antlitz war ernst und düster; bei seinem Verhör vor dem Gerichtshofe und in seinem letzten Augenblicke bewies er große Festigkeit. Alles in seiner Haltung wie in seiner Verteidigung bezeugt, daß er zu jenen Fanatikern gehörte, die sich für die Rächer der unterdrückten Gesellschaft halten. Aus den Verhandlungen ergibt sich deutlich, daß zwischen dem Attentat von Ladmiral und jenem von Cécile Rénault keinerlei Zusammenhang bestand. Cécile Rénault war die Tochter eines Papierfabrikanten, der in der Stadt, in der Laternenstraße, an der Ecke der Straße Marmouzets wohnt. Wie Charlotte Corday schöpfte sie ihren Entschluß aus dem Haß gegen die Tyrannei, vielleicht auch aus Abscheu gegen die täglichen Hinrichtungen. Besaß sie gleich die erhabenen Gefühle und die Todesverachtung ihrer Vorgängerin, so doch bei weitem nicht eine so erhabene Seele wie die junge Normännin. Sowohl bei Ausführung ihres Planes wie in Antworten vor Gericht zeigte sie sich als ein Weib; sie erscheint bei Robespierre mit zwei Messerchen, einer Art Kinderspielzeug, bewaffnet, und in ihrem Verhör gibt sie einen schüchternen, fast sanften Haß und unklare Bestrebungen kund. Alles an ihr zeugt eher von einem unbestimmten Verlangen, mit dem Leben abzuschließen, als von jenem männlichen Willen, welcher Charlottes Arm stählte und sie auch auf dem Schafott nicht verließ. Wenn man die ärmlichen Mittel betrachtet, mit welchen Cécile Rénault ihren Zweck zu erreichen glaubte, so fragt man sich, ob sie nicht schwachsinnig und irre und von jenem ansteckenden Todesfieber ergriffen gewesen, welches in jener Zeit die Exaltierten antrieb, der Guillotine Trotz zu bieten. Es ist mehr als ein Grund vorhanden, dies anzunehmen und den Schluß zu ziehen, daß Robespierre, durch die Popularität beunruhigt, welche Ladmirals Pistolenschuß dem Collot d'Herbois verschaffte, dem ungeschickten Antriebe nachgab, den kleinen Messern der armen Wahnsinnigen eine ernste Bedeutung beizulegen. Wie dem auch sei, so wurde ihre ganze Familie in die Proskription einbegriffen; ihr dreiundsechzig Jahre alter Vater, ihre Tante, eine ehemalige Nonne, und einer ihrer Brüder wurden mit ihr vor Gericht gestellt. Außer Sartine und den beiden Saint Amaranthe, Mutter und Tochter, hatte man noch einen Studenten der Wundarzneikunde, Saintenax, beigefügt, der sich zu Choisy, wo er wohnte, beifällig über Ladmirals Attentat ausgesprochen hatte; ferner mehrere ehemalige Polizeibeamte, unter anderen Michonis, der in die Geschichte von der Nelke, die man der Königin dargeboten, verwickelt war; mehrere vornehme Herren, die Witwe von d'Espremenil und andere. Die Mehrzahl war an dem großen Finanzkomplott beteiligt, deren Haupt der Baron von Batz war. Diese Verschwörung wurde durch eines der Kunststücke, worauf sich Fouquier-Tinville so musterhaft verstand, mit den Attentaten Ladmirals und der Cécile Rénault zusammengeworfen.
    30. Prairial. Heute am Decadi findet keine Hinrichtung statt. Ich verbrachte den Tag zu Hause, wo ich die Zeitung las. Robespierres Feinde haben noch etwas Wirksameres gegen ihn aufgebracht, als der gestrige Tag bot. Es gibt Gläubige, welche Litaneien zu seiner Ehre hersagen. Wenn sich der Glaube verbreiten ließe, daß er seine Seligsprechung annimmt und für Ernst hält, so könnte er sich nicht wieder von seinem Falle aufrichten, und diesen Versuch machte Vadier in der Sitzung des 27. – Ein Polizist der Komitees, Sénart, entdeckte in Nr. 17 der Contrescarpe eine alte Frau namens Catharina Theot, die sich vom Wahrsagen nährt, die Ankunft eines Heilandes verheißt und allen denjenigen, die sich in seine Mysterien einweihen lassen, Unsterblichkeit der Seele und des Leibes verspricht. Drei junge Mädchen, die man die »Aufklärerin«, die »Sängerin« und die »Taube« nannte, leisteten der Priesterin bei ihren Mummereien Beistand; auch war ein ernster Mann, Christoph Gerle, ein ehemaliger Karthäuser und

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