Tagebücher der Henker von Paris
der Bedienten in Trauer gehalten; die Fenstervorhänge waren dicht zugezogen, sowohl um den edlen Besuchern das grausame Schauspiel, das sie erwartete, zu entziehen, als um sie selbst vor den Augen einer neugierigen Volksmenge zu schützen. Aber das Volk, unter dem sich mehrere Personen befanden, welche Wappen und Livreen der großen Häuser kannten, wußte bald, daß die Zuletztgekommenen der Prinz von Ligne, der Herzog von Rohan und ein Croüy seien, ein Abkömmling des berühmten Arpadgeschlechtes, das sich bis auf Attila zurückführt und mehr Rechte als das Haus Habsburg an die Krone von Ungarn zu haben glaubt.
Diese großen Namen, die in der Menge umhergingen, gelangten auch zu meinem Ahnen, der erstaunt war, darunter nicht den des Marquis von Créquy zu hören. Aber dieses Erstaunen dauerte nicht lange. Plötzlich entstand an einem Ende des Platzes ein großes Geräusch, und zwei Kutschen, die noch pompöser aufgeputzt waren, als die ersten, erschienen und stellten sich neben diesen auf.
Dies war endlich der Marquis von Créquy. Er ließ den Wagenschlag öffnen und stieg mitten auf dem Platze in der Uniform eines Generalobersten und ersten Inspekteurs der königlichen Truppen aus; er trug die Insignien des goldenen Vlieses sowie die Großkreuze des heiligen Ludwig und des heiligen Johann von Jerusalem auf der Brust. Trotz des tiefen Schmerzes, der auf seinem Gesichte lag, ging er festen Schrittes über den Platz.
Die Menge machte ehrfurchtsvoll vor dieser großen Persönlichkeit, bei der Ludwig XIV. Pate gestanden hatte, Platz.
Es schien, daß das bei der Hinrichtung beauftragte Magistratsmitglied nur diese Erscheinung erwartet hatte, um dem grausamen Verfahren ein Ziel zu setzen; denn sobald es Herrn von Créquy erblickte, verließ es den Balkon des Rathauses und zog sich zurück, was heißen sollte, daß die Gerechtigkeit nun ihren Lauf gehabt habe.
Der Marquis kam gerade auf meinen Ahnen zu und machte ein sehr strenges Gesicht dabei.
Dann warf er einen düsteren Blick auf ihn und fragte fast drohend:
»Mein Herr, was ist aus Ihren Versprechungen geworden?«
»Hoher Herr,« erwiderte Charles Sanson, »diesen Morgen um acht Uhr lebte der Herr Graf von Horn nicht mehr und die Barre meiner Leute hat nur noch einen Leichnam getroffen.«
Der Geistliche neigte sich zu dem Ohre des Herrn von Créquy und bestätigte dasjenige, was mein Ahne soeben versichert hatte.
»Es ist gut,« sagte er in sanfterem Tone, dem man eine große Erleichterung anhörte, »unser Haus wird sich wohl erinnern, daß, wenn es nichts von dem Regenten oder der Gerechtigkeit des Parlaments erlangen konnte, es doch der Menschlichkeit des Henkers einen außerordentlichen Dank schuldet.«
Man beschäftigte sich sogleich damit, den Körper des Grafen von Horn loszubinden, um denselben in eine der Kutschen, welche der Marquis von Créquy mitgebracht hatte, zu schaffen.
Dieser arme Leichnam war so verstümmelt, daß die Glieder herabhingen und sich vom Rumpfe lösen zu wollen schienen.
Herr von Créquy wollte durchaus, wie als eine Art von Protest gegen die Grausamkeit des Urteils, selbst eines der herabhängenden Beine halten, welches nur noch durch einige Fasern blutiger Haut mit dem toten Körper zusammenhing.
Als diese traurige Pflicht erfüllt war, setzten sich die Wagen wieder in Bewegung und zogen hintereinander nach dem Hotel der Gräfin von Montmorency-Logny, einer geborenen von Horn, wo die Überreste des Grafen in einen Sarg gelegt und dieser auf ein Trauergerüst gestellt wurde. Er blieb daselbst achtundvierzig Stunden stehen, von zahlreicher Geistlichkeit, welche das Totenamt verrichtete, umgeben.
Diese Begebenheit brachte die größten Persönlichkeiten im Staate lebhaft gegen den Regenten und seine Günstlinge auf; sie half Law und seinem System, dessen Katastrophe unvermeidlich war, gar nichts.
War der Graf von Horn wirklich unschuldig?
Man sagt, der Herr Graf von Horn und der Chevalier von Milhe hätten dem Juden keineswegs in der Absicht, ihn zu morden und auszuplündern, ein Rendezvous gegeben, sondern nur um die Wiedererstattung einer ansehnlichen Summe in Bankaktien, die ihm der Graf wirklich anvertraut habe, zu erlangen; der Jude habe nicht allein das ihm Anvertraute ganz abgeleugnet, sondern sich sogar so weit vergessen, Anton von Horn in das Gesicht zu schlagen. Da habe sich der junge Mann, der von seinen Ahnen ein leicht entzündliches und aufbrausendes Blut geerbt, nicht mehr halten können, habe ein
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