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Tagebücher: Jahre 1982-2001 (German Edition)

Tagebücher: Jahre 1982-2001 (German Edition)

Titel: Tagebücher: Jahre 1982-2001 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz J. Raddatz
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meinem Roman (immerhin ein NEUES Buch und nicht Uraltessays …), stellte sich rasch als solcher heraus – – – es ging nur um Hans Sahl, die ganze DDR taugte nichts, weil man ihn dort nicht verlegt habe, und die BRD gleich dazu, Suhrkamp ein Schwein, das sich auf Schweizer Kapitalistenpapier am Stalinismus bereichert, Stefan Heym («eigentlich Flieg, Sie wissen …»: Wieso decken Juden so gerne das Pseudonymdeckbett jüdischer Kollegen auf???!) durch und durch verlogen, nicht der habe Kästner zur NEUEN ZEITUNG geholt, was er immer behaupte, sondern Hans Habe, «das andere Schwein». Erschütternd und nicht selbstverliebt nur der Bericht vom Besuch des Sohnes von Carola Neher, der sein und seiner Mutter (Verschwinden-)Schicksal in der Sowjetunion erzählt habe, 7 Stunden lang – eines der schwarzen Kapitel von den vielen dunklen im Leben Brechts.
    Ramada Renaissance Hotel, Karlsruhe, den 17. November
    Überanstrengt von der Lesereise (EINE Lesung) aus Karlsruhe zurück.
    Die 2 Tage «mit» Peggy Parnass bizarr: Sie fiebert der «Menge» (die’s nicht gibt) entgegen, bedient die auch mit jedem sich anbietenden (möglichst Emanzen-)Klischee, läßt über Mikrophon ausrufen, daß «Peggy Parnass am Büchertisch jetzt signiert» und bleibt tatsächlich auf diesem Rummelplatz bis morgens um 5 (absolviert noch 1 Lesung um 3 Uhr nachts!!!). Sie ist eine Mischung aus lieb und meschugge, läßt sich von Freunden die (kleinen) Reisetaschen an die Bahn tragen, besteht auf «mit dir zusammensitzen» in der Bahn (was ich hasse), läßt sich in Karlsruhe von irgendwelchen Buchhändlern an der Bahn abholen – – – alles ein bißchen Brigitte Bardot als jüdische KONKRETkolumnistin …
    29. November
    Vor paar Tagen ein lächerlich-mißlungener Abend, den die nicht einmal genügend Mikros installierende Bertelsmann-Stiftung zum Thema DDR initiiert hatte und auf dem von Psychologen chefarzt-wohlgekleideter Unsinn geredet wurde. Im Saal begrüßte mich als erste Frau Hamm-Brücher, und zwar mit den Worten: «Ich muß gleich wieder weg, ich bin im ZDF zu einer Talk-Show», um mir dann noch hastig Empfehlendes über ihr neuestes Buch mitzuteilen. Dann kam Herr Nooteboom aufs Podium, seines Zeichens Berufs-Holländer (aber mit zig Verbindungen im Kulturbetrieb), schlängelt sich zwischen einem DAADstipendium hier und «Unseld hat gerade was für mich im Wissenschaftskolleg gerichtet» dort hindurch. Er las einen Uralttext, wie er als 6jähriger den Einmarsch der Deutschen in Holland erlebt hat – so was läßt sich ja nicht kritisieren, auch wenn’s mit dem Thema rein garnichts zu tun hat.
    Der anschließende Abend, ich als Tischdame irgendeine «feine reiche Dame, die jetzt auch ein bißchen arbeitet».
    Der Abend zuvor aber SEHR anders – Cocktail «prolongé» bei Graf und Gräfin Königsegg: Schreiben müßte man können. Ein enormes Hamburger Stadtpalais – direkt affig, wenn ich mir einbilde, eine schöne Wohnung zu haben; ich wohne wie zur Untermiete dagegen – mit mächtigen Stukkaturen, Kandelabern (KEIN Bild!), riesigen Räumen über mehrere Etagen. Habe so was in Hamburg noch nicht gesehen. Flüchtete nach 1 Stunde, nicht nur, weil das Essen erbärmlich war, ein lauwarmes Goulasch mit pappigem Reis auf Silbertellern, Qualität «Essen auf Rädern», sondern auch, weil ich keinen Menschen dort kannte. Das Geheimnis lüftete mir der einzige Blumenberg (der offenbar sein Geld mit heimlichen Werbefilmen für diese Branche macht), indem er mir dort Armani, da Missoni und dahinten Cerruti zeigte: Es war ein Cocktail für Modeleute.
    Grotesk übrigens, wie bei solchen Abenden alle sich darauf verlassen, daß ich der Pausenclown bin und immer was Amüsantes zu erzählen habe. Gestern war das Amüsante (weil die Exfrau von Janssen, also Ex-Schwägerin von Paul Wunderlich, da war), wie Janssen im Hause von Gustav Seitz (vor VIELEN Jahren) den armen Ernst Bloch «fertigmachte», den er einen Gauner, einen Hochstapler, einen miesen Propheten und Verführer schimpfte, bis der sich einem Herzanfall nahe in das Bett des Hausherrn legte, während Janssen die Treppe hinaufbrüllte (natürlich total besoffen), er sei vermutlich «nicht einmal Jude». Man mußte den alten Märchenonkel mit duftender Narde salben, bis Janssen, inzwischen noch betrunkener, am Bett erschien, ihm Schuhe und Strümpfe auszog, sie unter Tränen küßte und ihn den größten aller lebenden Philosophen nannte. Solche Geschichtchen unterhalten natürlich

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