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Tages-Deal: Kudamm 216 - Erbsünde (German Edition)

Tages-Deal: Kudamm 216 - Erbsünde (German Edition)

Titel: Tages-Deal: Kudamm 216 - Erbsünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nika Lubitsch
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und meine wundervolle, gottgleiche Tante.“
    „Und wo war Papa?“
    „Unterwegs, wie immer, auf der Suche nach seinen bescheuerten Bildern. Er hat sich einfach nicht um uns gekümmert.“
    „Charly, das glaube ich nicht, da hast du was missverstanden.“
    „Missverstanden? Du hast nichts verstanden. Ist dir nie aufgefallen, dass Tante Linda und unser Vater immer auftraten, als seien sie verheiratet?“
    „Na klar, doch, sie hatten eine Klinik zusammen, schon vergessen?“
    „Ach, wie konnte ich das vergessen! Die Klinik, na klar! Die Klinik und der Kronprinz, der sie mal erbt. Alles andere war nicht wichtig, verstehst du?“
    „Carlotta, was bildest du dir da ein? Ist das der Grund, warum du dich hier zugrunde richtest?“
    „Wer schert sich schon um mich? Tante Linda bestimmt nicht. Und Mama, die hat längst aufgehört sich um uns zu kümmern. Für Mama gab es irgendwann nur noch Tante Linda. Ah, der ganz große Triumph. Sie hat ihrem Mann das Wichtigste ausgespannt, was er hatte: Linda. Das hat sich zu Hause abgespielt. Die Rache der kleinen Frau. Und dann ist Mama hergegangen und hat auch Linda bestraft, dafür, dass sie sich immer mit ihr ihren Ehemann teilen musste. Ist dir denn nicht aufgefallen, wie oft sie nach New York geflogen ist? Soviel kann man da gar nicht einkaufen, wie sie angeblich shoppen war. Sie hat in New York irgendwo ein Verhältnis. Dafür würde ich meine rechte Hand verwetten. So sah sie aus, die Rache unserer Mutter. Dafür, dass unser Vater sie nie geliebt hat. Dafür, dass er uns nicht geliebt hat. Beziehungsweise, mich nicht geliebt hat. Dafür, dass Linda ihm immer am wichtigsten war. Ja, auch deine blöde Lindi hat sie bestraft. So sieht es nämlich aus. Und deshalb will ich die Bilder loswerden. Ich will alles loswerden, was mich an die Familie erinnert, verstehst du.“
    „Nein, Carlotta, ich verstehe nicht. Wir hatten eine wundervolle, behütete Kindheit. Was hat man dir angetan, dass du so redest.“
    „Behütete Kindheit? Du spinnst doch. Spinn die Legende ruhig weiter. Es ist mir egal. Aber ich werde die Bilder verkaufen. Willst du sie kaufen?“
    „Charly, diese Bilder können wir doch nicht verkaufen, da hängt die gesamte Familiengeschichte dran, alles, wofür unser Vater gelebt hat.“
    „Ja und, ich bin froh, dass er tot ist.“
    Judith hörte ein klatschendes Geräusch. Hatte Nils seiner Schwester wirklich eine Ohrfeige gegeben?
    „Ich verbiete es dir, hast du gehört!“ Nils stürmte ins Haus. Schnell verzog Judith sich von ihrem Horchposten und sprang ins Bett. Als er die Zimmertür öffnete, tat sie so, als ob sie schlafe. Tiefe, regelmäßige Atemzüge, auf die sie sich konzentrierte, während er sich auszog und seine Klamotten wütend in die Ecke donnerte. Judith musste dann doch irgendwann eingeschlafen sein. Es war fast schon hell, als sie aufwachte.
    Nils war nicht da, der Platz neben ihr im Bett war leer. Judith lauschte in die Dämmerung. Es war nichts zu hören. Sie wartete ungefähr zwanzig Minuten. Als sich nichts tat, stand sie auf.
    Okay, sie könnte sich jetzt auf die Suche nach einem Glas Mineralwasser machen, dachte sie und schlüpfte aus der Tür. Im Haus war es still, man hörte nur das Ticken der klassizistischen Pendeluhr, die auf dem Kaminsims im Esszimmer stand. Judith ging an der Treppe vorbei in die Küche.
    Sie war nicht allein. Nils hockte auf einem Stuhl und beugte sich über seine Schwester, die mit seltsam verdrehten Gliedern auf dem Granitboden lag. Er schaute hoch, als er sie in der Tür hörte …
    Judiths Schrecksekunde dauerte gefühlte drei Stunden: Carlotta. Sie lag da wie tot. Und dann schrie Judith. Nils schüttelte den Kopf und stand auf.
    Judith war schneller, sie rannte ins Schlafzimmer und verschloss die Tür. Sie musste weg hier, ganz schnell weg hier. Sie wusste zwar nicht, was geschehen war, aber ihr Überlebensinstinkt riet ihr, so schnell wie möglich zu verschwinden. Nils rüttelte an der Tür.
    „Judith, komm, was soll das, mach auf!“
    Sie schaute sich um. Wie sollte sie hier wegkommen? Judith schlüpfte in ihre Jeans und ihre Ballerinas, schnappte ihre Tasche und rief: „Was hast du getan? Was ist mit Carlotta?“
    „Carlotta ist tot, Judith, es war ein Unfall!“
    Gleichzeitig öffnete Judith leise das Fenster zum Hof und dann kletterte sie hinaus. Die Handtasche verfing sich in der Fensterbrüstung, sie zerrte, die Handtasche ging auf, Tampons rollten zu Boden. Judith rannte quer durch den Innenhof,

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