Tai-Pan
sagte er. Seine Augen funkelten, und sein unterdrückter Zorn brach durch. »Würden mich wieder schlagen. Soll Gott Sie und den Teufel, dem Sie dienen, in die Hölle verbannen! Aber die Kuppe wird mir gehören. Die gehört mir.«
»Sie gehört dem Noble House. Nicht etwa dem zweiten Mann am Platz.«
Brock sprang mit geballten Fäusten auf. »Ich werd' noch auf Ihr Grab spucken, bei Gott.«
»Und ich werde, bei Gott, noch vor Sonnenuntergang von meiner Kuppe aus auf Ihr Haus spucken.«
»Vielleicht gibt es in ganz Asien nich' so viel Schätze, um den Preis zu bezahlen, bei Gott! Wünsche allen einen guten Tag.«
Brock stürmte davon, und das Stampfen seiner Seestiefel, als er den Niedergang hinauftrampelte, war noch lange zu hören.
Culum wischte sich den Schweiß von den Händen.
»Die Kuppe ist eine Falle, Dirk. Er wird am Ende nicht mehr mitbieten, und das wird uns ruinieren«, sagte Robb.
»Ja, Vater. Das tut er bestimmt. Er steigt am Ende aus.«
Struan öffnete die Kajütentür. »Steward!«
»Jawohl, Sir!«
»Mr. Cudahy sofort zu mir!«
»Jawohl, Sir.«
»Paß auf, Dirk«, sagte Robb, »jetzt kommt deine große Chance. Tu ihm das an, was er dir gegenüber beabsichtigt. Hör mitten im Bieten auf. Laß ihn die Suppe auslöffeln. Dann ist er ruiniert. Dann ist er es! Und nicht wir!«
Struan antwortete nicht. Es wurde an die Tür geklopft, und Cudahy stürzte herein.
»Jawohl, Sir?«
»Bringen Sie den Kutter längsseits. Sagen Sie dem Bootsmann, er soll Mr. Robb und Mr. Culum zur Thunder Cloud fahren. Dort soll er auf Mr. Culum warten und ihn dann zum Flaggschiff bringen. Dann melden Sie sich wieder bei mir. Alle Mann an Deck und vor dem Achterdeck antreten!«
Cudahy schloß wieder die Tür hinter sich.
»Onkel hat recht, Vater. Um Himmels willen, siehst du denn nicht, daß dieser verdammte Pirat dich in eine Falle lockt?«
»Dann müssen wir eben zusehen, daß wir, unterstützt vom Willen des Himmels, wieder aus der Falle herauskommen. Es handelt sich darum, das Gesicht zu wahren!«
»Dirk«, flehte Robb, »bist du denn allen Vernunftgründen gegenüber unzugänglich?«
»Sarah möchte dich drüben an Bord haben. Noch kein Wort von dem Silber. Und Culum, mein Junge, wenn Longstaff nach mir fragt, dann antworte ihm nur, ich sei an Bord. Nichts weiter.«
»Dirk, hier ist deine eine Chance …«
»Beeil dich lieber, Robb. Grüße Sarah und die Kinder von mir.« Er wandte sich wieder dem Haufen von Papieren auf seinem Schreibtisch zu.
Robb wußte, daß es nutzlos war, noch länger über diese Dinge zu reden, und ging wortlos hinaus. Culum folgte ihm zutiefst beunruhigt. Er wußte, daß nichts auf der Welt seinen Vater ändern konnte – auch Brock nicht. Noble House hatte sich in einen wertlosen Hügel auf einem wertlosen Felsen verrannt. Welche Dummheit, schrie es in ihm. Warum nur ist Vater so verflucht stur?
12
Am Nachmittag dieses Tages stand Struan neben dem großen Zelt, das er auf der dem Happy Valley vorgelagerten Küste errichtet hatte. Er beobachtete Kapitän Orlow, unter dessen Leitung Matrosen Fässer aus dem Langboot an Land schleppten und im Innern des Zeltes ordentlich aufstapelten. Er war von diesem Anblick so sehr in Anspruch genommen, daß er Mary Sinclair nicht hörte, die von hinten an ihn herangetreten war.
Ihr Gesicht war von einer Haube eingerahmt, die mit Bändern unter dem Kinn zusammengebunden war. Das kastanienfarbene Kleid aus feinem Wollstoff, eng in der Taille, damit die Figur, der Mode entsprechend, einer Sanduhr glich, schleppte über den Strand. Aber der Stoff war von billiger Qualität und der Schnitt nicht mehr allerletzte Mode. Sie trug einen abgegriffenen Muff, und um ihre Schultern lag ein grauer Schal, der zu ihren Augen paßte. Sie wirkte sauber, einfach und bescheiden, gesetzt und damenhaft. »Hallo, Tai-Pan«, rief sie.
Struan wurde aus seiner Träumerei gerissen. »Ach, guten Tag, Mary. Wie hübsch Sie sind!«
»Ich danke Ihnen, Sir, für Ihre Güte«, antwortete Mary mit einem flüchtigen Lächeln und machte einen anmutigen Knicks. »Das ist wahrhaftig ein großes Lob.«
Strand und Tal füllten sich nun mit den Händlern, ihren Frauen und Kindern, festlich gestimmt und in ihren besten Kleidern; sie begrüßten einander und tauschten redselig Nachrichten aus. Überall standen Soldaten und Matrosen in Gruppen herum. Die Offiziere glänzten in ihren besten Uniformen. Langboote brachten noch mehr Familien und Offiziere an Land. Dicht vor dem Ufer
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