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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Mauss Longstaff davon erzählt und damit einem herrlichen Spaß ein Ende bereitet hatte.
    Verstohlen blickte er nun zu Mauss hinüber. Er respektierte ihn, weil er ein so unerbittlicher Lehrer war, und er war ihm auch dankbar, weil er ihn gezwungen hatte, der beste Schüler in der Schule zu werden. Aber er verachtete ihn auch, weil er so dreckig war und so stank. Und er verachtete ihn wegen seiner Grausamkeit.
    Gordon Tschen hatte es in der Missionsschule gefallen; er lernte gern, und er war gern mit anderen Kindern zusammen. Aber eines Tages hatte er entdeckt, daß er anders war als die übrigen Kinder. Vor ihnen hatte Mauss ihm erklärt, was ›Bastard‹, was ›unehelich‹ und was ›Mischling‹ bedeutete. Gordon Tschen war voller Entsetzen nach Hause geeilt, nein geflohen. Zum erstenmal hatte er seine Mutter mit anderen Augen betrachtet, sie deutlich vor sich gesehen und sie verachtet, weil sie Chinesin war. Dann aber hatte er, tränenüberströmt, von ihr erfahren, es sei sogar etwas Gutes, wenigstens zu einem Teil Chinese zu sein, denn die Chinesen seien die reinste Rasse auf Erden. Und da hatte er auch zu hören bekommen, daß der Tai-Pan sein Vater sei.
    »Aber warum leben wir dann hier? Warum ist Tschen Scheng ›Vater‹?«
    »Barbaren haben nur eine Frau, und Chinesinnen heiraten sie nicht, mein Sohn«, erklärte Kai-sung.
    »Warum nicht?«
    »Das ist bei ihnen so üblich. Eine sehr dumme Sitte. Aber so sind sie nun einmal.«
    »Ich hasse den Tai-Pan! Ich hasse ihn! Ich hasse ihn!« hatte er hervorgestoßen.
    Seine Mutter hatte ihm eine kräftige Ohrfeige versetzt. Niemals zuvor hatte sie ihn geschlagen. »Knie nieder und bitte um Verzeihung!« hatte sie zornig verlangt. »Der Tai-Pan ist dein Vater. Er hat dir das Leben geschenkt. Er ist mein Gott. Er hat mich für sich selber gekauft und mich dann glücklich gemacht, indem er mich an Tschen Scheng als Ehefrau verkaufte. Warum hätte Tschen Scheng eine Frau mit einem unreinen zweijährigen Sohn heiraten sollen, wo er doch tausend Jungfrauen hätte kaufen können, wenn es nicht eben der Wille des Tai-Pan gewesen wäre? Warum sollte der Tai-Pan mir einen Besitz geben, wenn er uns nicht liebte? Warum sollten die Erträge aus diesem Besitz an mich fallen und nicht an Tschen Scheng, wenn der Tai-Pan es nicht so in dieser Weise angeordnet hätte? Warum sollte mich Tschen Scheng so gut behandeln, sogar im Alter, wenn nicht die immerwährende Gunst des Tai-Pan dahinterstände? Warum sollte dich Tschen Scheng als seinen Sohn betrachten, du undankbarer Narr, wenn nicht der Tai-Pan seine Hand im Spiel hätte? Geh zum Tempel, wirf dich dort nieder und bitte um Verzeihung. Der Tai-Pan hat dir das Leben geschenkt. So liebe ihn, ehre ihn und segne ihn, wie ich es tue. Und wenn du noch einmal sagst, daß du ihn haßt, werde ich mein Antlitz für immer von dir abwenden!«
    Gordon Tschen lächelte vor sich hin. Wie recht seine Mutter doch gehabt hatte, und wie töricht er selber gewesen war, wie falsch er alles gesehen hatte. Aber nicht so töricht wie die Mandarine und der verfluchte Kaiser, die immer wieder versuchten, den Verkauf von Opium zu unterbinden. Jeder Idiot wußte, daß es ohne Opium kein Silber für Tee und Seide gäbe.
    Einmal hatte er seine Mutter gefragt, wie es hergestellt würde, aber sie wußte es nicht, ebensowenig wie die anderen im Haus. Am nächsten Tag hatte er Mauss gefragt, der ihm erklärte, Opium sei der Saft einer reifen Samenkapsel des Mohns. »Der Opiumanbauer ritzt die Samenkapsel leicht an, und aus diesem Schnitt quillt ein Tropfen weißer Flüssigkeit hervor, verstehst du? Der Tropfen verhärtet sich innerhalb von ein paar Stunden und wird dunkelbraun. Dann kratzt man den Tropfen ab, hebt ihn auf und ritzt die Samenkapsel erneut an. Wieder kratzt man den Tropfen ab und macht einen neuen Schnitt. Alle diese Tropfen sammelt man und knetet sie zu einer Kugel. Zehn Pfund ist das übliche Gewicht. Das beste Opium kommt aus Bengalen in Britisch-Indien. Oder aus Malwa. Wo liegt Malwa, mein Junge?«
    »In Portugiesisch-Indien, Sir!«
    »Früher einmal war es portugiesisch, aber jetzt gehört es der Ostindischen Kompanie. Sie hat es sich genommen, damit sie ganz allein das Weltmonopol in Opium hat, um auf diese Weise die portugiesischen Opiumhändler hier in Macao zu ruinieren. Du machst zu viele Fehler, mein Junge, geh und hol die Peitsche, hast du verstanden?«
    Gordon Tschen mußte daran denken, wie sehr er an diesem Tag das Opium gehaßt

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