Tai-Pan
nach sich bewegenden Schatten aus. Aber er sah keine und wußte nun, daß der Hund lediglich nach Aas suchte. Er lehnte sich mit dem Rücken an den Brunnen, und seine Spannung löste sich ein wenig. Er war froh, wieder auf der Insel zu sein. Froh, daß May-may und die Kinder in der Sicherheit des Hauses lebten, das er für sie im Happy Valley gebaut hatte.
Während seiner Abwesenheit hatten Robb und Culum alles, was zu tun war, ausgezeichnet erledigt. Das kleine Haus, mit einer Umfassungsmauer und festen Toren, war fertig geworden. Zweihundertfünfzig Mann hatten Tag und Nacht daran gearbeitet.
Noch immer gab es viele Einzelheiten, die einer letzten Hand bedurften, außerdem mußte der Garten angelegt werden. Aber das Haus selber war bewohnbar und zum größten Teil eingerichtet. Es war aus Ziegeln, hatte einen Kamin und ein hölzernes Dach. Die Zimmer hatten Balkendecken. Viele Wände waren mit Tapeten bedeckt, einige waren auch gestrichen, und alle Zimmer hatten Glasfenster.
Das Haus sah aufs Meer. Es befanden sich darin die Privatgemächer des Hausherrn, ein Eßzimmer und ein großer Wohnraum. Nach Westen zu lagen, durch ein Gitter abgetrennt, um einen Gartenhof May-may Zimmer und die der Kinder und dahinter die Räume der Bediensteten.
Struan hatte May-may, die Kinder und Ah Sam, die Amah, vor zwei : Tagen ins Haus gebracht und ihnen ihre Zimmer angewiesen. Ein vertrauenswürdiger Koch mit Namen Lim Din, eine Wasch-Amah und eine makee-learnee – wie man die Küchenmädchen, die angelernt wurden nannte – hatte er aus Kanton mitgebracht.
Kein Europäer hatte May-may gesehen. Dennoch waren die meisten überzeugt, daß der Tai-Pan seine Geliebte in das erste feste Haus in Hongkong gebracht hatte. Sie tuschelten darüber oder zogen über ihn her, weil sie neidisch waren. Ihren Frauen gegenüber erwähnten sie nichts. Im Laufe der Zeit wollten sie ihre eigenen Geliebten mit hinüber bringen, und je weniger über diese Dinge gesprochen wurde, desto besser. Die Frauen, die wohl Verdacht hegten, verhielten sich still. Sie hätten doch nichts dagegen unternehmen können.
Struan war mit seinem Haus und den Fortschritten beim Bau der Lagerhäuser und der Faktorei sehr zufrieden. Auch mit den Ergebnissen seiner zur Schau getragenen Kühle Culum gegenüber. Culum hatte ihm vertraulich erzählt, daß Brock bereits die ersten tastenden Fühler ausgestreckt und Wilf Tillman ihn an Bord von Cooper-Tillmans riesigem Lagerschiff für Opium eingeladen und dort üppig bewirtet hatte.
Culum hatte berichtet, sie hätten sich ganz allgemein über Fragen des Handels unterhalten – daß die Zukunft Asiens weitgehend von der Zusammenarbeit insbesondere zwischen den angelsächsischen Völkern abhinge. Er hatte auch erzählt, daß Shevaun beim Essen zugegen und sehr schön und lebhaft gewesen war.
Ein Fisch sprang aus dem Wasser, hing einen Augenblick in der Luft und fiel wieder zurück. Struan lauschte. Dann streckte er sich behaglich aus und ließ seine Gedanken wandern.
Shevaun würde gut zu Culum passen, dachte Struan leidenschaftslos. Oder auch zu dir. Sie würde eine gute Gastgeberin sein und eine interessante Zugabe bei den Banketten, die du in London geben wirst. Interessant für die Lords mit ihren Damen und die Mitglieder des Parlaments. Und für die Kabinettsminister. Wirst du dir den Titel eines Baronets kaufen? Das könntest du dir zehnmal erlauben. Falls die Blue Cloud als erste zu Hause eintrifft. Oder auch als zweite, sogar noch als dritte – solange sie nur unversehrt ankommt. Wenn die Handelsgeschäfte dieser Saison glücklich beendet sind, kannst du dir sogar den Titel eines Earls kaufen.
Shevaun ist jung genug. Sie würde eine nützliche Mitgift und interessante politische Verbindungen mitbringen. Was ist mit Jeff Cooper? Er ist unsterblich in sie verliebt. Wenn sie ihn abweist, so ist das eine Sache, mit der er sich herumschlagen muß.
Wie steht es mit May-may? Würde eine Chinesin als Frau dich dem inneren Kreis fernhalten? Bestimmt. Sie würde die Waagschale zu deinen Ungunsten beeinflussen. Also kommt sie nicht in Frage.
Wenn du nicht die richtige Frau hast, wird das englische Gesellschaftsleben für dich unmöglich sein. Politische Fragen werden zumeist in privaten Salons und in wohlhabenden Häusern entschieden. Vielleicht die Tochter eines Lords, eines Earls oder eines Ministers? Warte, bis du zu Hause bist, verstanden? Es bleibt noch Zeit genug. Wirklich?
Ein Hund kläffte zwischen den Sampans und
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