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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Hühner auseinander, zerlegten Stücke vom Schwein mit den Händen und schlugen sich den Bauch mit Fleisch voll. Das Fett rann ihnen über das Kinn. Ein Haufen von Wilden, dachte Gordon Tschen und dankte seinem Gott, daß er als Chinese und nicht als Europäer aufgewachsen war.
    Ja, dachte er, mein Joss war riesig. Joss hatte ihm vor ein paar Jahren seinen chinesischen Lehrer gebracht, der ihn insgeheim unterrichtete. Niemandem hatte er von diesem Lehrer erzählt, nicht einmal seiner Mutter. Von diesem Mann hatte er gelernt, daß nicht alles, was Pfarrer wie Sinclair und Mauss ihn gelehrt hatte, unbedingt wahr sein mußte. Er wußte nun vieles über Buddha, China und seine Vergangenheit. Man hatte ihn gelehrt, wie man sich für das Geschenk des Lebens dankbar erweisen und wie man dieses Leben zum Ruhme seines Vaterlandes einsetzen konnte. Im vergangenen Jahr hatte ihn schließlich der Lehrer in den mächtigsten, geheimsten und militantesten aller chinesischen Geheimbünde, den Hung Mun Tong, eingeführt, der über ganz China verbreitet war und sich durch heilige Eide der Blutsbrüderschaft verpflichtet hatte, die verhaßten Mandschus, die ausländischen Ts'ing, die in China herrschende Dynastie, zu stürzen.
    Zwei Jahrhunderte hindurch hatte der Bund unter verschiedenen Tarnungen und Namen den Aufstand vorbereitet. Es war auch immer wieder zu Erhebungen im ganzen Chinesischen Reich gekommen – von Tibet bis Formosa, von der Mongolei bis Indochina. Wo immer eine Hungersnot ausbrach, Unterdrückung und Unzufriedenheit herrschte, sammelte der Hung Mun die Bauern und führte sie gegen die Ts'ing und deren Mandarine. Aber alle Erhebungen waren in sich zusammengebrochen und von den Ts'ing grausam niedergeschlagen worden. Der Geheimbund jedoch hatte alles überlebt.
    Gordon Tschen fühlte sich geehrt, daß man ihn, der doch nur zu einem Teil Chinese war, für würdig befunden hatte, ein Hung Mun zu werden. Tod den Ts'ing. Er dankte seinem Joss, daß er gerade in dieser Zeit geboren war, in diesem Teil Chinas und daß er einen solchen Vater hatte, denn er wußte, die Zeit war für eine Erhebung ganz Chinas fast reif.
    Und er segnete den Tai-Pan, denn er hatte dem Hung Mun ein unschätzbares Kleinod geschenkt: Hongkong. Endlich hatte der Bund eine Operationsbasis, wo er vor der ständigen Unterdrückung durch die Mandarine sicher war. Hongkong stand von nun an unter der Herrschaft der Barbaren, und er wußte, daß der Bund auf dieser kleinen Insel gedeihen würde. Von Hongkong, aus ihrer Sicherheit und Verborgenheit heraus, konnten sie das Festland sondieren und den Ts'ing bis zum Tag der Entscheidung zusetzen. Und mit etwas Joss, dachte er, kann ich mich der Macht des Noble House für unsere Sache bedienen.
    »Verschwinde, du wilder Heide!« Gordon Tschen blickte verblüfft auf. Ein untersetzter muskulöser kleiner Matrose starrte ihn an. Er hielt ein Stück Spanferkel, an dem er mit abgebrochenen Zähnen nagte, in den Händen.
    »Verschwinde, oder ich schlinge dir deinen Rattenschwanz um deinen verfluchten Nacken!«
    Bootsmann McKay kam herbeigestürzt und stieß den Matrosen zur Seite. »Halt's Maul, Ramsey, du elender Schweinehund!« rief er. »Er hat sich nichts Böses dabei gedacht, Mr. Tschen.«
    »Ja. Ich danke Ihnen, Mr. McKay.«
    »Was zu Essen?« McKay spießte ein Huhn mit seinem Messer auf und hielt es ihm hin.
    Gordon Tschen brach mit spitzen Fingern das äußerste Stück Flügel ab; er fühlte sich von McKays barbarischen Manieren abgestoßen. »Vielen Dank.«
    »Ist das alles?«
    »Ja. Es ist das zarteste Stück.« Tschen verbeugte sich. »Nochmals vielen Dank.« Damit entfernte er sich.
    McKay ging zum Matrosen zurück. »Was ist denn in dich gefahren, Mann?«
    »Hätte dem Kerl das Herz herausschneiden sollen. Ist er etwa dein chinesischer Lustknabe, McKay?«
    »Mann, nur nicht so laut. Laß diesen Chinesen in Ruh. Wenn du dir unbedingt einen heidnischen Bastard vornehmen willst, gibt es viele andere. Aber um Himmels willen nicht ihn. Er ist der uneheliche Sohn des Tai-Pan, verstanden?«
    »Warum trägt er dann nicht irgendein verdammtes Abzeichen – oder warum schneidet er sich nicht sein verdammtes Haar ab?« Ramsey senkte die Stimme und grinste lüstern. »Ich habe mir erzählen lassen, daß sie ganz anders gebaut sind, die chinesischen Lustknaben.«
    »Keine Ahnung. Bin niemals einem von der Sorte nahegekommen. Es gibt genug Weiße in Macao.«
    Struan beobachtete einen Sampan, der vor der Küste

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