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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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sein.«
    »Jawohl, Erste Dame, in den falschen Händen. Interessieren Sie sich für die Kunst des Bogenschießens?«
    »Als ich noch sehr klein war, ließen meine Brüder und ich Drachen aufsteigen. Einmal habe ich auch mit einem Bogen geschossen, aber das hat mich erschreckt. Ich könnte mir jedoch vorstellen, daß es Zeiten gibt, in denen ein Pfeil ein Geschenk der Götter und nicht gefährlich ist.«
    Gordon Tschen dachte einen Augenblick nach. »Ja. Wenn er in den Händen eines verhungernden Mannes läge, der auf ein Wild zielte und seine Beute träfe.«
    Ihr Fächer bewegte sich anmutig. Sie war froh, daß sie nun wußte, in welcher Richtung seine Gedanken liefen; das erleichterte die Übermittlung von Informationen und machte sie andererseits noch aufregender. »Ein solcher Mann müßte aber äußerst vorsichtig sein, wenn ihm nur noch eine Chance bliebe, sein Ziel zu treffen.«
    »Gewiß, Erste Dame. Aber ein kluger Jäger hat viele Pfeile im Köcher.« Welches Wild soll hier gejagt werden, fragte er sich.
    »Eine arme Frau vermag niemals die Freude des Mannes an der Jagd zu empfinden«, erwiderte sie ruhig.
    »Der Mann ist das Yang-Prinzip – er ist nach dem Willen der Götter der Jäger. Die Frau ist das Yin-Prinzip – sie ist es, der der Jäger die Beute bringt, damit sie sie zubereite.«
    »Die Götter sind sehr weise. Sehr. Sie lehren den Jäger, welches Wild eßbar ist und welches nicht.«
    Gordon Tschen nippte von seinem Tee. Meinte sie nun damit, es solle jemand gefunden werden? Oder jemand gejagt und getötet? Wer sollte nach ihrem Willen gefunden werden? Vielleicht Onkel Robbs ehemalige Geliebte und seine Tochter? Vielleicht nicht, denn da wäre eine solche Geheimhaltung nicht erforderlich – und ganz gewiß würde Jin-kwa niemals mich damit beauftragen. Bei allen Göttern, welche Macht hat diese Frau über Jin-kwas Kopf? Was hat sie für ihn getan, das ihn zwingen kann, mir zu befehlen – und durch mich der gesamten Macht der Tongs –, alle ihre Wünsche zu erfüllen, was immer sie verlangt?
    Da fiel ihm plötzlich ein Gerücht ein, von dem er gehört hatte, das Gerücht nämlich, Jin-kwa habe vor allen anderen erfahren, daß die Flotte sofort nach Kanton zurückkehren und nicht nach Norden segeln werde, wie alle angenommen hatten. Sie mußte Jin-kwa insgeheim eine Nachricht geschickt und ihn sich auf diese Weise verpflichtet haben! Nun war er in ihrer Schuld! Ajiii jah! Eine solche Schuld! Daß er vor allen anderen davon wußte, hatte Jin-kwa bestimmt drei oder vier Millionen Taels erspart.
    Seine Hochachtung vor May-may nahm zu. »Zuweilen muß ein Jäger auch seine Waffen benutzen, um sich gegen die wilden Tiere des Waldes zu schützen«, fuhr er fort und gab ihr damit die Möglichkeit, auf einer ganz anderen Linie das Spiel fortzusetzen.
    »Ganz richtig, mein Sohn.« Sie klappte den Fächer zusammen und erschauerte. »Die Götter beschützen eine Frau vor solchen schlimmen Gefahren.«
    Sie wünscht also, daß jemand umgebracht wird, dachte Gordon. Er betrachtete die Porzellantasse und fragte sich, wer es wohl sein mochte. »Es ist Joss, daß das Übel so viele Orte aufsucht. Die Hohen und die Niedrigen. Auf dem Festland und auf dieser Insel.«
    »Ja, mein Sohn«, sagte May-may, ihr Fächer erbebte, und ihre Lippen zitterten. »Sogar auf See. Sogar unter den Hochwohlgeborenen und den sehr Reichen. Furchtbar sind die Wege der Götter.«
    Gordon Tschen hätte fast seine Tasse fallen lassen. Er wandte May-may den Rücken zu und versuchte, seiner Verwirrung Herr zu werden. ›See‹ und ›Hochwohlgeborene‹ konnten sich nur auf zwei Menschen beziehen. Auf Longstaff oder den Tai-Pan selber. Drachen des Todes, eine Massenvernichtung würde die Folge sein, wer von den beiden auch den Tod fand! Ihm drehte sich der Magen um. Aber warum? Und war es wirklich der Tai-Pan? Nicht mein Vater, o Götter. Laßt das nicht zu!
    »Ja, Erste Dame«, sagte er, und in seiner Stimme klang seine Trauer an, denn er wußte, daß sein Eid ihn verpflichtete, alles zu tun, was sie ihm auftrug. »Furchtbar sind die Wege der Götter.«
    May-may hatte die plötzliche Veränderung, die mit Gordon Tschen vorgegangen war, wohl bemerkt, wußte sie aber nicht zu deuten. Verwirrt hielt sie inne. Dann erhob sie sich und trat zu den Heckfenstern.
    Still und friedlich lag das Flaggschiff im Hafen vor Anker, umschwirrt von Sampans auf einem schimmernden Meer. Weiter im Hintergrund lag die China Cloud vor Anker, in ihrer Nähe die

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