Tai-Pan
Handelsinteressen geöffnet und dort volle diplomatische und ständige Vertretungen eingerichtet werden sollten; dies hätte umgehend geschehen sollen, in erster Linie durch Verhandlungen oder, falls diese sich als unmöglich erweisen sollten, durch Einsatz von Streitkräften, die ausdrücklich zu diesem Zweck und unter erheblichen Kosten entsandt wurden. Statt dessen haben Sie einen elenden Felsen eingehandelt, auf dem kaum ein Haus steht, und dafür einen völlig unannehmbaren Vertrag erhalten; gleichzeitig haben Sie – wenn man den Berichten der Marine und der Armee Glauben schenken darf – die Streitkräfte Ihrer Majestät die ihrem Befehl unterstellt sind, ständig falsch eingesetzt. Niemals kann Hongkong der Umschlagplatz für Asien werden – ebensowenig wie Macao es jemals geworden ist. Der Vertrag von Tschuenpi wird nicht anerkannt. Ihr Nachfolger, Sir Clyde Whalen, wird unverzüglich eintreffen. Haben Sie bitte die Freundlichkeit, Ihre Aufgaben nach Empfang dieses Schreibens Ihrem Stellvertreter, Mr. C. Monsey, zu übertragen und Asien umgehend auf einer Fregatte zu verlassen, die für diesen Zweck abgestellt wird. Melden Sie sich sobald wie möglich in meiner Kanzlei.‹
Ich bin am Ende meiner Weisheit …«
Unmöglich! Es war doch unmöglich, daß die Leute in London einen so gottverdammten, idiotischen, von allen guten Geistern verlassenen unglaublichen Fehler begehen konnten! dachte Struan. Er las weiter: »Ich bin am Ende meiner Weisheit. Bis diese Information Gegenstand einer offiziellen Erklärung der Regierung im Parlament wird, kann ich nichts unternehmen. Mich dieser Geheiminformation zu bedienen, darf ich nicht wagen. Cunnington würde meinen Kopf verlangen, und ich wäre in der Politik in Acht und Bann. Allein daß ich dies hier zu Papier bringe und Ihnen auf diese Weise zukommen lasse, gibt meinen Feinden – und wer, der im politischen Leben steht, hätte nur einige wenige? – Gelegenheit, mich zu vernichten, und mit mir zusammen auch alle anderen, die sich für den Freihandel einsetzen und für all die Dinge, für die Sie in allen diesen Jahren so unerschrocken gekämpft haben. Ich flehe zu Gott, daß mein Sohn dieses Schreiben unversehrt in Ihre Hände legt. (Übrigens hat er keine Kenntnis von dem geheimen Inhalt dieses Schreibens.)
Wie Sie wissen, ist der Außenminister ein herrschsüchtiger Mann, der sich seine Gesetze selber macht, und das Bollwerk der Whig-Partei. Die Ansichten, die er in diesem Schreiben vertritt, sind völlig eindeutig. Ich fürchte, daß Hongkong bereits jetzt als erledigt betrachtet werden muß. Falls die Regierung nicht gestürzt wird und Sir Robert Peels Konservative ans Ruder gelangen – und dies ist in absehbarer Zeit völlig unmöglich –, wird aller Wahrscheinlichkeit nach Hongkong auch weiterhin abgeschrieben werden müssen.
Die Nachricht von dem Zusammenbruch Ihrer Bank hat sich in der City rasch verbreitet –, wozu Ihre Rivalen unter der Führung des jungen Morgan Brock erheblich beigetragen haben. ›Streng vertraulich‹ hat Morgan Brock ganz bewußt die Saat des Mißtrauens ausgestreut, zusammen mit der Information, daß die Brocks nun den größten Teil Ihrer noch offenstehenden Wechsel, wenn nicht überhaupt alle, in der Hand hätten, was Ihren Einfluß hier maßlos geschädigt hat. Hinzu kam auch noch ein Schreiben von Mr. Tyler Brock sowie Briefe anderer Kaufleute, die gleichzeitig mit Longstaffs Depesche über den ›Vertrag von Tschuenpi‹ eintrafen; alle diese Leute leisteten gegen die Errichtung einer Niederlassung auf Hongkong heftigen Widerstand und übten Kritik an Longstaffs Methoden, den Krieg zu führen. Das Schreiben war an den Premierminister und an den Außenminister gerichtet, aber Abschriften davon gingen an deren Feinde – von denen es, wie Sie wissen, viele gibt.
Da ich weiß, daß Sie den Rest Ihres Vermögens, wenn überhaupt noch etwas übrig ist, in Ihre geliebte Insel gesteckt haben, schreibe ich Ihnen, um Ihnen Gelegenheit zu geben, aus der Sache auszusteigen und wenigstens einen Teil aus dieser Katastrophe zu retten. Es könnte ja sein, daß Sie mit Brock zu einer Art Vereinbarung gelangt sind – ich hoffe sehr, daß dies geschehen ist, aber wenn man dem anmaßenden Morgan Brock glauben darf, gibt es nur eine Regelung, die vor den Augen dieser Menschen Gefallen findet, und das wäre die völlige Vernichtung Ihres Hauses. (Ich habe allen Anlaß zu der Annahme, daß Morgan Brock und eine Gruppe von Bankiers auf dem
Weitere Kostenlose Bücher