Tai-Pan
gehen, denn Whalen und die Nachricht werden erst in einem Monat hier eintreffen, vielleicht auch erst später. Bis dahin bauen sie schon wie die Verrückten. Ja, das wäre der eine Weg. Und wenn die Nachricht erst einmal allgemein bekannt wird, ziehen wir uns alle nach Macao zurück – oder in einen der Vertragshäfen, der Whalen zugestanden wird –, und dann sind alle anderen erledigt. Oder zumindest doch schwer angeschlagen. Aber wenn ich diese Information erhalten konnte, hat sie Brock vielleicht auch. Also wird er vielleicht nicht mit hineingerissen. Vielleicht.
Aber du verlierst dabei den Schlüssel für Asien: diesen elenden, kahlen Felsen, ohne den alle offenen Häfen und die Zukunft sinnlos sind.
Die Alternative wäre zu kaufen, zu bauen und das Risiko auf sich zu nehmen, daß man Whalen – ebenso wie Longstaff – dazu bewegen könnte, über seine Anweisungen hinauszugehen, und daß man sogar an Cunnington herankäme. Den Reichtum von Noble House in die neue Stadt fließen zu lassen. Zu spielen. Hongkong zur Blüte zu verhelfen, damit sich die Regierung gezwungen sieht, diese Kolonie anzuerkennen. Das ist lebensgefährlich. Man kann die Krone nicht dazu zwingen. Das Übergewicht auf der anderen Seite ist erdrückend. Trotzdem aber bleibt dir keine andere Wahl. Du mußt auf diese Karte setzen.
Der Vergleich mit einem Glücksspiel erinnerte ihn an den jungen Crosse. Da hätten wir einmal einen tüchtigen Kerl! Wie setze ich ihn am vernünftigsten ein? Wie bringe ich es fertig, daß er über seine unglaubliche Reise nichts verlauten läßt? Tja, und wie kann ich bei Whalen Hongkong in günstigem Licht erscheinen lassen? Und wie kann ich mich an Cunnington heranmachen? Was tue ich, damit der Vertrag so bleibt, wie ich es will?
»Ich muß schon sagen, Mr. Crosse, Sie haben eine bemerkenswerte Reise hinter sich gebracht. Wer außer Ihnen weiß noch, wie lange Sie dazu gebraucht haben?«
»Nur Sie, Sir.«
»Dann behalten Sie es für sich.« Struan schrieb etwas auf einen Notizblock. »Geben Sie dies meinem Hauptbuchhalter.«
Crosse las die Anweisung. »Sie zahlen mir die ganzen fünftausend Guineen aus?«
»Ich habe sie auf den Namen Roger Blore ausgeschrieben. Es ist meiner Meinung nach besser, Sie bleiben bei diesem Namen – jedenfalls vorläufig.«
»Jawohl, Sir. Ich bin jetzt Roger Blore.« Er erhob sich. »Darf ich mich jetzt empfehlen, Mr. Struan?«
»Wollen Sie eine Stellung haben, Mr. Blore?«
»Ich fürchte nur … Mr. Struan, die Sache ist die, ich habe ein Dutzend verschiedener Berufe versucht, aber niemals klappte es. Und auch mein Vater hat alles versucht – mir ist einfach nicht zu helfen –, vielleicht war es vorherbestimmt, daß ich so bin, wie ich bin. Es tut mir leid, aber Ihr guter Wille wäre verschwendet.«
»Ich möchte um fünftausend Guineen mit Ihnen wetten, daß Sie die Stellung, die ich Ihnen anbiete, nehmen.«
Der junge Mann wußte, daß er diese Wette gewinnen würde. Es gab einfach keine Stellung – jedenfalls keine, wie sie der Tai-Pan ihm anbieten konnte – die er annehmen würde.
Aber warte ab. Das ist nicht der Mann, der mit sich spielen läßt, nicht der Mann, mit dem man leichtfertig eine Wette abschließt. Diese verteufelt ruhigen Augen sind unergründlich. Es wäre sehr unangenehm, wenn er einem am Pokertisch gegenübersäße. Oder beim Bakkarat. Sei vorsichtig, Richard Crosse Roger Blore. Das ist ein Mann, der eine Schuld auch eintreibt.
»Nun, Mr. Blore? Wo ist Ihr Schneid geblieben? Oder sind Sie etwa nicht der große Spieler, als den Sie sich ausgeben?«
»Diese fünftausend Guineen sind mein Leben, Sir. Der letzte Einsatz, den ich habe.«
»Dann setzen Sie Ihr Leben ein, bei Gott!«
»Sie wagen dabei nicht das Ihre, Sir. Also ist die Wette ungleich. Für Sie ist der Betrag eine lächerliche Kleinigkeit. Sie müssen mir eine Vorgabe einräumen. Hundert zu eins.«
Struan gefiel das Draufgängertum dieses jungen Mannes. »Na gut. Es gilt, Mr. Blore. Vor Gott.« Er streckte seine Hand aus, und Blore fühlte sich wie von einem Schwindel erfaßt. Er hatte damit gerechnet, daß das Verlangen nach einer solchen Vorgabe dieser Wette ein Ende setzen würde. Tu es nicht, du Narr, sagte er zu sich. Fünfhunderttausend Guineen! Er drückte Struans Hand.
»Leiter des Jockey-Clubs von Hongkong«, sagte Struan.
»Bitte?«
»Wir haben soeben den Jockey-Club gegründet. Sie sind sein Leiter. Nun müssen Sie zusehen, daß Sie Pferde herbeischaffen. Eine Rennbahn
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