Tai-Pan
Guineen.«
»Wofür?«
»Erinnern Sie sich nicht mehr unserer Wette? Es ging damals darum, wer für ein gewisses Aktbild Modell stehen sollte. Damals am ersten Tag, Dirk. Aristoteles' Gemälde von der Übergabe der Insel war ein Teil dieser Wette. Erinnern Sie sich nicht?«
»Doch. Wer war es denn?« fragte Struan. Zwanzig Guineen sind nicht viel, dachte er, gemessen an der Ehre einer Dame. Aber, hol's der Teufel, das Bild hatte mir gefallen.
»Shevaun. Sie hat es mir vor zwei Tagen gestanden – sie hat mir gesagt, sie wolle sich so malen lassen. Wie die Herzogin von Alba.«
»Werden Sie es ihr erlauben?«
»Ich weiß es nicht.« Coopers Gesicht verzog sich zu einem betrübten Lächeln und verlor vorübergehend etwas von seinem Ernst. »Durch die Seereise würde dem auf jeden Fall ein Ende gesetzt, meinen Sie nicht?«
»Nicht bei diesem Mädchen. Ich schicke morgen den Wettgewinn an Bord. Wenn ich mich recht erinnere, sollte der Verlierer obendrein auch noch Aristoteles dazu veranlassen, den Sieger mit auf das Bild zu bringen. Das mache also ich jetzt.«
»Vielleicht würden Sie das Bild als ein Geschenk von mir annehmen? Dann soll Aristoteles uns beide hineinmalen, was?«
»Ich danke Ihnen. Ich habe dieses Bild immer gemocht.«
Cooper deutete auf die Papiere. »Reden wir morgen noch einmal darüber. Ich will es mir heute nacht durch den Kopf gehen lassen, ob ich Shevaun schicke.«
Struan dachte an den nächsten Tag. Er gab Cooper die Papiere zurück. »Die legen Sie besser in Ihren Tresor. Aus Sicherheitsgründen.«
»Danke. Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen, Tai-Pan.«
Struan begab sich an Land in das vorläufige Kontor, das er auf dem neuen Ufergrundstück der Firma errichtet hatte. Vargas erwartete ihn bereits.
»Zunächst einmal alle schlechten Nachrichten, Vargas.«
»Wir haben hier einen Bericht von unseren Kommissionären in Kalkutta, Senhor. Wie es scheint, war nach den letzten Meldungen die Gray Witch der Blue Cloud um drei Tage voraus.«
»Weiter?«
»Die Baukosten sind ins Unermeßliche gestiegen, Senhor. Nach dem Leitartikel von gestern habe ich einen Teil der Arbeiten einstellen lassen. Vielleicht sollten wir unsere Verluste erst einmal abdecken.«
»Setzen Sie die Arbeit sogleich fort und verdoppeln Sie morgen unseren Einsatz an Arbeitskräften.«
»Jawohl, Senhor. Die Nachrichten von der Börse in England sind schlecht. Der Markt ist sehr nervös. Der Staatshaushalt ist wiederum nicht ausgeglichen. Man erwartet finanzielle Schwierigkeiten.«
»Das ist das Übliche. Haben Sie von keinen besonderen Katastrophen zu berichten?«
»Nein, Senhor. Selbstverständlich gibt es unerhört viel Raubüberfälle. Seit Ihrer Abreise hat es drei Fälle von Seeräuberei gegeben und ein Dutzend Versuche. Zwei Piratendschunken wurden gekapert; die Besatzungen sind öffentlich gehenkt worden. Vierzig bis fünfzig Diebe, Räuber und Betrüger werden jeden Mittwoch ausgepeitscht. Kaum eine Nacht vergeht, ohne daß nicht in irgendein Haus eingebrochen wird. Es ist zum Verzweifeln. Übrigens hat Major Trent für alle Chinesen von Sonnenuntergang ab eine Ausgangssperre verfügt. Es scheint die einzige Möglichkeit zu sein, die Leute unter Kontrolle zu halten.«
»Wo ist Mrs. Quance?«
»Noch immer auf dem kleinen Depotschiff, Senhor. Sie hat ihre nach England gebuchte Reise rückgängig gemacht. Offenbar geht weiterhin das Gerücht um, daß sich Senhor Quance in Hongkong aufhält.«
»Trifft es zu?«
»Ich würde es sehr bedauern, wenn wir den unsterblichen Quance verloren haben sollten, Senhor.«
»Was treibt Mr. Blore?«
»Er wirft das Geld hinaus, als wären die Felsen Hongkongs aus Gold. Natürlich ist es nicht unser Geld«, sagte Vargas in dem Versuch, seine Mißbilligung nicht zu zeigen, »sondern das Geld des ›Jockey-Klubs‹. Ich habe nur geglaubt, die Reingewinne sollten wieder in den Rennplatz, in Pferde und dergleichen investiert werden.« Er wischte sich seine Hände an einem Taschentuch ab. Der Tag war sehr feucht. »Wie ich gehört habe, hat Senhor Blore einen Hahnenkampf angesetzt. Unter der Schirmherrschaft des ›Jockey-Klubs‹.«
Struans Gesicht hellte sich auf. »Gut. Wann findet er statt?«
»Ich weiß es nicht, Senhor.«
»Was treibt Glessing?«
»Alles, was man von einem Hafenkommandanten erwartet. Aber wie ich erfahren habe, ist er wütend auf Longstaff, weil er ihn nicht nach Macao reisen läßt. Es geht das Gerücht, daß er nach Hause geschickt werden
Weitere Kostenlose Bücher