Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
Vom Netzwerk:
ihnen hundert Pfund gezahlt, damit waren sie zufrieden. Sie haben sie weggebracht. War ja nur eine Heidin.«
    Struan steckte das Messer weg. »Möglicherweise werden Sie das vor Gericht wiederholen müssen.«
    »Der Kerl ist tot, wie ich gehört habe, und damit müßte doch auch diese Sache erledigt sein, meine ich. Was soll ich überhaupt dazu sagen? Ich kenne nicht einmal ihren Namen, und von einem Leichnam weiß ich auch nichts. Sie wissen doch, wie das ist, Tai-Pan. Aber vor Brock werde ich auf die Bibel einen Eid ablegen, wenn Sie das meinen.«
    »Ich danke Ihnen, Mrs. Fortheringill.«
    Er stieg die Treppe zum Blauen Zimmer hinauf. Die ehemals weiß getünchten Wände waren von schmutzigem Grau, und durch die Ritzen blies der Wind. An einer Wand hing ein großer Spiegel, um das große Himmelbett waren hellrote, gekräuselte Vorhänge drapiert. Am Boden lagen Bilder aufgestapelt, andere hingen an den Wänden, die Dielen waren mit Öl und Wasserfarbe bespritzt. In der Mitte des Zimmers stand eine Staffelei, und ringsherum waren Dutzende von Farbtöpfen und Pinseln verstreut.
    Aristoteles Quance lag im Bett und schnarchte. Nur seine Nase und seine Schlafmütze waren sichtbar.
    Struan ergriff einen angeschlagenen Krug und warf ihn gegen die Wand. Er zerbarst in winzige Stücke, aber Quance verzog sich nur tiefer unter die Decken. Struan nahm einen größeren Krug und warf auch diesen gegen die Wand.
    Quance richtete sich langsam auf und öffnete die Augen. »Du meine Güte! Bei allen Heiligen, der Teufel persönlich!«
    Er sprang aus dem Bett und umarmte Struan. »Tai-Pan, mein geliebter Schutzpatron! Ich verehre Sie. Wann sind Sie angekommen?«
    »Hebe dich von mir!« rief Struan. »Heute erst!«
    »Gorth soll tot sein.«
    »Ja.«
    »Danken wir Gott dafür! Vor drei Tagen war dieser Mistkerl hier und hat mir geschworen, er würde mir die Kehle durchschneiden, wenn ich auch nur einem Menschen von diesem Mädchen erzählte.«
    »Wieviel hat er Ihnen gegeben, damit Sie das Maul halten?«
    »Nicht einen Penny, dieser schmutzige Geizhals! Mein Himmel, ich habe nur um hundert gebeten.«
    »Und wie steht es bei Ihnen?«
    »Entsetzlich traurig, mein lieber Freund. Sie ist noch immer hier. Möge der Herr mich beschützen! So muß ich mich weiterhin in dieses Loch verkriechen. Kann mich nicht rühren – wage es nicht.« Quance sprang ins Bett zurück, ergriff einen großen Stock und klopfte dreimal auf den Boden. »So bestelle ich mir mein Frühstück«, erklärte er. »Wollen Sie mir Gesellschaft leisten? Und nun erzählen Sie mir, was es Neues gibt.«
    »Sie frühstücken um neun Uhr abends?«
    »Mein lieber Freund, wenn man in einem Hurenhaus lebt, benimmt man sich auch wie eine Hure!« Er brüllte vor Lachen und griff sich dann an die Brust. »Hol's der Teufel, Tai-Pan, ich fühle mich ganz schwach. Sie sehen nur noch den Schatten eines Mannes vor sich – nur noch das Gespenst des unsterblichen Quance.«
    Struan setzte sich aufs Bett. »Mrs. Fortheringill hat mir etwas von einer Rechnung gesagt. Ich habe Ihnen doch einen Beutel mit Gold gegeben!«
    »Rechnung?« Quance wühlte unter seinem Kopfkissen und förderte ein zur Hälfte gegessenes belegtes Brot, zwei Bücher, Pinsel und mehrere Stücke weiblicher Unterwäsche zutage und fand schließlich das Papier. Er drückte es Struan atemlos in die Hand. »Da können Sie mal sehen, wieviel diese Wucherin von Ihnen verlangt!«
    »Sie meinen wohl, was sie von Ihnen verlangt«, entgegnete Struan. Dann las er die Summe. »Allmächtiger Gott!« Die Rechnung belief sich auf vierhundertsechzehn Pfund, vier Schillinge, vier Pence und einen Farthing. Unterkunft und Verpflegung waren mit siebeneinhalb Schillingen täglich berechnet. Einhundertsieben Pfund für Farben, Pinsel und Leinwand. Der Rest war mit ›Verschiedene Ausgaben‹ bezeichnet. »Was, zum Teufel, hat diese Zahl zu bedeuten?«
    Quance spitzte die Lippen. »Auf mein Ehrenwort, das habe ich schon die ganze Zeit aus der alten Katze herauszuholen versucht.«
    Struan trat an die Tür und brüllte hinunter: »Mrs. Fortheringill!«
    »Haben Sie mich gerufen, Tai-Pan?« fragte sie unschuldig von unten aus dem Treppenhaus.
    »Würden Sie bitte einmal heraufkommen?«
    »Sie wollten mich sprechen?« fragte sie in noch unschuldigerem Ton, als sie das Zimmer betrat.
    »Was, zum Teufel, soll das heißen?« Struan klopfte gereizt mit einem Finger auf die Rechnung. »›Verschiedene Ausgaben‹ – fast dreihundertzwanzig

Weitere Kostenlose Bücher