Tai-Pan
Pfund!«
»Ach das«, antwortete sie schelmisch. »Das ist mein Gewerbe.«
»Bitte?«
»Mr. Quance möchte ständig Gesellschaft haben, und das ist der Betrag für seine Bedienung, seitdem er bei uns in Pension ist.« Sie schnaufte verächtlich. »Wir führen hier genau Buch. Stimmt bis in die kleinste Einzelheit hinein.«
»Alles gelogen!« brüllte Quance. »Sie hat ihre Bücher gefälscht, Tai-Pan. Das ist Erpressung.«
»Erpressung?« kreischte Mrs. Fortheringill. »Was Sie … Sie … ich und meine Damen bewahren Sie hier vor etwas Schlimmerem als dem Tod, und noch dazu zum zweitenmal, und da wagen Sie es …«
»Also was ist mit diesem Sonderposten von rund dreihundert Pfund?« entgegnete Struan.
»Stimmt wahrhaftig bis auf die kleinste Einzelheit. Er malt meine Damen ebenso gern, wie er sie … und mein Buchhalter ist der beste in ganz Asien. Das muß er auch sein!«
»Aber das ist doch unmöglich«, widersprach Struan.
Quance stand jetzt aufrecht im Bett, drückte eine Hand auf sein Herz und deutete mit der anderen auf die Frau. »Ich erkenne in Ihrem Namen die ganze Rechnung nicht an, Tai-Pan!« Er plusterte sich auf wie ein Pfau. »Das ist Wucher!«
»So, was Sie nicht sagen! Aber ich werde Ihnen jetzt ganz etwas anderes ins Gesicht sagen, Sie alter Schwätzer, Sie elender Mistkerl; Sie machen, daß Sie rauskommen! Und heute abend noch gebe ich Ihrer Frau Bescheid!« Die kleine Mrs. Fortheringill wirbelte herum und schrie: »Meine Damen!«
»Aber, aber, Mrs. Fortheringill, es besteht doch kein Anlaß, sich gleich so zu erregen«, rief Quance beschwichtigend.
Die Mädchen kamen angelaufen. Es waren acht.
»Nehmt das Zeug heraus und bringt es in mein Zimmer«, befahl sie, fuchtelte mit den Armen herum und deutete auf die Farben, die Pinsel und die Bilder. »Und keinen Kredit mehr. Die gehören mir, bis die Rechnung auf den Penny genau bezahlt ist!« Schnaubend ging sie hinaus. Quance hüpfte mit wehendem Nachthemd aus dem Bett. »Meine Damen! Nichts werden Sie hier anrühren!«
»Komm, sei ein guter Junge«, erwiderte Nelly ruhig. »Wenn Madam sagt, das Zeug soll verschwinden, dann verschwindet es eben, und wenn der liebe Gott persönlich hier stünde!«
»Stimmt, du Hampelmann«, rief eine andere, »was Nelly sagt, ist genau richtig.«
»Einen Augenblick, meine Damen«, mischte sich Struan jetzt ein. »Mr. Quance hat soeben eine Rechnung erhalten, und sie ist der Anlaß für die ganze Erregung. Miss Nelly, haben Sie ihm Zeit geopfert?«
Nelly starrte Struan an. »›Zeit‹ haben Sie gesagt, Tai-Pan? Unser lieber Mr. Quance hat einen solchen Hunger nach Zeit, wie es nicht einmal in der Bibel steht.«
»O ja, Tai-Pan«, warf eine andere mit leisem Lachen ein, »manchmal will er auch zwei von uns gleichzeitig haben. Er ist ein ganz Wilder!«
»Um zu malen, selbstverständlich!« brüllte Quance.
»Ich bitte Sie, Mr. Quance«, erwiderte Nelly, »wir sind doch Freunde.«
»Einen Teil der Zeit malt er uns auch«, warf eins der Mädchen vermittelnd ein.
»Wann soll denn das gewesen sein? Ich bin niemals von ihm gemalt worden.«
»Alles gelogen!« widersprach Quance zu Struan gewandt, aber als er das Gesicht des Tai-Pan sah, zuckte er zusammen und wich ins Bett zurück. »Ich bitte Sie, Tai-Pan«, flehte er, »man braucht ja nichts zu überstürzen. Ein Mensch kann nun mal nichts dagegen tun, wenn er allgemein beliebt ist.«
»Wenn Sie glauben, daß ich für Ihren Penis bezahle, dann haben Sie sich aber getäuscht!«
»Was bedeutet ›Penis‹?« fragte Nelly argwöhnisch und schon leicht empört. »Wir sind hier anständige Mädchen. Jawohl, das sind wir, und wir wollen hier keine unanständigen Ausdrücke hören.«
»Es ist lateinisch und bedeutet ›Zeit‹, meine liebe Miss Nelly«, erklärte Quance mit rauher Stimme.
»Dann ist es etwas anderes«, sagte sie und machte vor dem Tai-Pan einen leichten Knicks. »Ich bitte um Verzeihung.«
Quance drückte erneut seine Hand aufs Herz und sah Struan beschwörend an. »Wenn Sie mich im Stich lassen, Tai-Pan, bin ich erledigt. Das Schuldgefängnis! Ich flehe Sie an« – er kletterte wieder aus dem Bett heraus und sank vor Struan auf die Knie –, »wenden Sie einem alten Freund nicht den Rücken!«
»Ich werde diese Rechnung bezahlen und nehme als Sicherheit alle Ihre Bilder. Aber das ist auch der letzte Penny. Verstanden. Aristoteles? Von jetzt ab zahle ich nichts mehr!«
»Gottes Segen auf Ihrem Weg, Tai-Pan. Sie sind ein edler
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