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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Wind warf sich über das Ufer, zerstörte die letzten Militärzelte und das Arsenal. Er wehte die Kneipen und Freudenhäuser in der Nähe des Arsenals weg, machte Mrs. Fortheringills Unternehmen dem Erdboden gleich, riß die Gemälde in Fetzen und begrub Aristoteles Quance in den Trümmern. Dann legte er eine schnurgerade Bahn durch die Hütten von Tai Ping Schan, vernichtete hundert Familien und trug die Reste der Häuser eine Meile weit bis auf den Abhang des Berges.
    Tief unter der Erde kauerte Gordon Tschen in dem geheimen Keller, den er in den Hang gebaut hatte, an dem Tai Ping Schan lag, und beglückwünschte sich zu seiner Vorsicht. Der Keller bestand aus Felswänden und war sehr stark. Sein Haus oben war verschwunden, das wußte er. Aber voller Vergnügen dachte er daran, daß alle seine wertvollen Besitztümer hier unten in Sicherheit waren. Das Haus ließ sich rasch ersetzen. Seine Blicke streiften über die Hauptbücher, über die Akten mit den Grundstücksurkunden, den Schuldscheinen, den Außenständen und Hypotheken, über die Kästen mit Silberbarren und Jade, über die Ballen kostbarer Seide und die Fässer mit dem edelsten Wein hin. Und sie streiften auch seine Geliebte, Süße Blüte, die halb aufgerichtet unter zartesten Daunendecken in dem Bett lag, das an einer der Wände stand. Gordon schenkte sich nochmals Tee in eine hauchdünne Tasse und legte sich zu ihr.
    Du bist doch ein sehr schlauer Bursche, dachte er.
    Wind und Regen schlugen gegen die Nordseite von Struans Faktorei im Happy Valley. Von Zeit zu Zeit rüttelte einer der Teufelswinde an dem Gebäude. Aber abgesehen von einem gelegentlichen Zittern und dem tosenden Lärm stand das Gebäude fest und unerschütterlich da.
    Struan zündete sich eine Zigarre an. Es ging ihm gegen den Strich, im Haus zu bleiben und nichts zu tun.
    »Du rauchst zuviel«, schrie May-may über den Sturm hinweg.
    »Rauchen ist gut für die Nerven.«
    »Eine schmutzige Gewohnheit. Stinkig.«
    Er antwortete nicht, sondern betrachtete erneut das Barometer.
    »Für was du alle zehn Minuten hinsehen?«
    »Es verrät mir, wo der Sturm ist. Wenn es zu fallen aufhört, sind wir im Auge des Sturms. Dann wird es, glaube ich, wieder steigen.«
    »Ich bin nicht erfreulich glücklich, daß wir hier sind, Tai-Pan. Wäre viel besser in Macao.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Bitte?«
    »Das glaube ich nicht!«
    »Ach! Wir müssen heute nacht wieder hier schlafen?« fragte sie, des Schreiens müde. »Ich nicht mögen, daß du oder Yin-hsi oder sogar Ah Sam, dieser Schildkrötenmist, das Fieber kriegen.«
    »Ich denke, wir sind hier ziemlich sicher.«
    »Bitte?«
    »Sind ziemlich sicher!« Er blickte auf seine Uhr. Es war zwanzig nach zwei. Aber als er durch eine Ritze im Laden hinausspähte, konnte er nichts erkennen. Nur eine verschwommene Bewegung in der Finsternis und Regenspuren auf den Scheiben. Er war froh, daß sie hier einigermaßen windgeschützt waren. Dieser Teil des Gebäudes ging nach Osten, Westen und Süden und war daher nicht der vollen Wucht des Sturmes ausgesetzt. Struan war froh, an Land zu sein. Kein Schiff kann so etwas durchstehen, dachte er. Kein Hafen der Welt vermag eine Flotte lange Zeit vor einem solchen Gottesgericht zu schützen. Ich möchte wetten, daß Macao allerhand abbekommt. Dort gibt es keinen Schutz. Sicher wird die Hälfte der Schiffe dort vernichtet, außerdem Zehntausende von Dschunken und Sampans fünfhundert Meilen die Küste hinauf und hinunter. Und das Schiff, das nach Peru unterwegs war? Mit größter Wahrscheinlichkeit ist es hineingeraten und zum Teufel gegangen. Und Pater Sebastian mit ihm.
    »Ich sehe mal nach den anderen.«
    »Bleib nicht lang weg, Tai-Pan.«
    Er ging den Gang entlang und überprüfte, ob die Fensterläden auch sicher verschlossen waren. Dann durchquerte er das Treppenhaus, rückte zerstreut ein Gemälde von Quance zurecht und betrat Robbs alte Wohnung.
    Horatio saß – halb im Schatten – in dem Bambussessel, in dem Sarah vor so langer Zeit gesessen hatte, und in dem schwachen, flackernden Schein der Laternen glaubte Struan einen Augenblick, es sei tatsächlich Sarah.
    »Hallo, Horatio. Wo ist Monsey?«
    Horatio sah Struan an, ohne ihn zu erkennen. »Ich habe Ah Tat gefunden«, sagte Horatio mit sonderbarer Stimme.
    »Ich kann Sie nicht verstehen, mein Junge. Sie müssen schon brüllen.«
    »Ah Tat. O ja, ich habe sie gefunden.«
    »Was sagen Sie?«
    Horatio brach in ein entsetzliches Gelächter aus, als wäre

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