Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
Vom Netzwerk:
würde kommen.
    Perry gab einen Löffel Zucker und etwas Milch hinein, reichte Robb eine Tasse, setzte sich dann an seinen festgeschraubten Tisch aus Mahagoni und blickte ihn aus Augen an, die unter buschigen Brauen tief in ihren Höhlen lagen. »Ist Mr. Struan bei guter Gesundheit?«
    »So wie immer. Hatten Sie erwartet, daß er krank ist?«
    »Nein.« Es wurde an die Kajütentür geklopft.
    »Herein!«
    Die Tür ging auf, und Robb starrte den jungen Mann an, der dort stand. »Großer Gott, Culum, mein Junge, wo kommst denn du her?« Erregt sprang er auf und stieß dabei seine Tasse um. »Wahrhaftig ›Wichtige Nachrichten‹ – und selbstverständlich Zenit!« Culum Struan betrat die Kajüte und schloß die Tür. Robb packte ihn freundschaftlich an den Schultern, aber dann fielen ihm seine Blässe und seine eingefallenen Wangen auf. »Was ist los, mein Junge?« fragte er besorgt.
    »Es geht mir schon viel besser, danke, Onkel«, antwortete Culum, aber seine Stimme klang noch recht schwach.
    »Wieso besser, mein Junge?«
    »Besser nach der Seuche. Nach der Indischen Seuche«, sagte Culum.
    Robb fuhr zu Perry herum. »Sie haben die Seuche an Bord? Um Himmels willen, warum haben Sie dann nicht den Gelben Jack gesetzt?«
    »Selbstverständlich haben wir nicht die Seuche an Bord! Die hat vor Monaten in Schottland geherrscht.« Perry hielt inne. »Ist denn die Scarlet Cloud niemals angekommen?«
    »Vier Wochen überfällig. Keine Nachricht, nichts. Was ist geschehen? Los, Mensch!«
    »Soll ich es ihm sagen, Culum, oder wollen Sie es tun?«
    »Wo ist Vater?« fragte Culum Robb.
    »An Land. Er erwartet euch an Land. Drüben im Tal. Aber was ist denn um Gottes willen geschehen, Culum?«
    »Im Juni ist die Seuche nach Glasgow gekommen«, berichtete Culum mit dumpfer Stimme. »Man sagt, sie sei wieder durch ein Schiff eingeschleppt worden. Aus Indien – Bengalen. Erst nach Sutherland, dann Edinburgh, und dann kam sie zu uns nach Glasgow. Mutter ist tot, Ian, Lechie, Großmama – und Winifred ist so schwach, daß sie es nicht durchstehen wird. Großpapa pflegt sie.« Er machte eine hilflose Handbewegung und setzte sich auf die Seitenlehne des Kajütensessels. »Großmama ist tot. Mutter, Tante Uthenia, ihre kleinen Kinder und ihr Mann. Zehntausend, zwanzigtausend sind von Juni bis September gestorben. Dann verschwand die Seuche. Sie verschwand ganz einfach.«
    »Roddy? Was ist mit Roddy? Ist mein Sohn auch tot?« rief Robb in tiefer Besorgnis.
    »Nein, Onkel. Roddy ist gesund. Er ist überhaupt nicht krank geworden.«
    »Stimmt das auch, Culum? Mein Sohn ist gesund?«
    »Ja. Ich habe ihn noch am Tag vor meiner Abreise gesehen. In seiner Schule haben nur sehr wenige die Seuche bekommen.«
    »Gott sei Dank!« Robb erschauerte. Er mußte an die Welle der Seuche denken, die vor zehn Jahren so überraschend über Europa hinweggegangen war. Fünfzigtausend Tote hatte es allein in England gegeben. Eine Million in Europa. Tausende in New York und New Orleans. Manche nannten sie mit ihrem neueren Namen – Cholera.
    »Und deine Mutter ist tot?« fragte Robb ungläubig. »Ian, Lechie und Großmama?«
    »Ja. Und Tante Susan, Vetter Clair und Tante Uthenia, Vetter Donald und der kleine Stewart und …«
    Es folgte eine bedrückende Stille.
    Schließlich wurde sie von Perry gebrochen, der nervös sagte: »Als ich in Glasgow lag, war Culum ganz allein. Ich wußte nicht, was ich tun sollte, und so habe ich es für das beste gehalten, ihn an Bord zu nehmen. Wir sind einen Monat nach der Scarlet Cloud ausgelaufen.«
    »Sie haben ganz richtig gehandelt, Isaac«, hörte Robb sich sagen. Wie sollte er Dirk diese Nachricht überbringen? »Ich gehe jetzt wohl am besten. Ich gebe dir ein Signal, sobald du an Land kommen sollst, bleib einstweilen an Bord.«
    »Nein.« Culum hatte es laut hervorgestoßen; er hatte es lange mit sich herumgetragen. »Ich gehe als erster an Land. Allein. Das ist besser. Ich will Vater allein sprechen. Ich muß es ihm sagen. Ich gehe allein.« Er erhob sich und ging ruhig zur Tür; das Schiff wiegte sich leicht in der Dünung, man hörte das sanfte Plätschern der an den Schiffsrumpf schlagenden Wellen. Er trat hinaus. Dann fiel ihm etwas ein, und er kam in die Kajüte zurück. »Ich nehme die Berichte mit«, sagte er mit seiner müden Stimme. »Er wird die neuesten Berichte sehen wollen.«
    Als das Langboot von der Thunder Cloud ablegte, stand Struan auf dem Hügel, wo das Große Haus stehen sollte. Als er seinen

Weitere Kostenlose Bücher