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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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ältesten Sohn mitten im Boot stehen sah, machte sein Herz einen Sprung.
    »Culummm!« brüllte er jubelnd vom Hügel herab. Er riß sich den Gehrock herunter und schwenkte ihn heftig hin und her wie ein Mann, der sechs Jahre als Schiffbrüchiger auf einer Insel gesessen hat und zum erstenmal ein Schiff erblickt. »Culummm!« Er stürzte mitten durch das rauhe Gestrüpp zum Ufer hinunter, ohne auf die Dornen zu achten. Nicht einmal an den Pfad dachte er, der vom Ufer über den Höhenzug bis zum Fischerdorf und zu den Piratennestern auf der Südseite der Insel führte. Er wußte nur noch eines: Sein geliebter Sohn war an diesem ersten Tag auf der Insel aufgetaucht. Nur schneller! Und nun rannte er wie von Sinnen am Ufer entlang.
    Culum hatte ihn zuerst erblickt. »Dort drüben. Gehen Sie dort an Land!« Er deutete auf den nächstgelegenen Landungsplatz.
    Bootsmann McKay drückte das Ruder herum. »Legt euch ins Zeug , Jungs!« rief er und nahm genau Kurs auf das Land. Alle wußten es jetzt. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch die Flotte – und in ihrem Kielwasser zog die Sorge. Zwischen Sutherland und Glasgow lebten viele Angehörige und die meisten in London.
    Culum erhob sich und ließ sich über den Bootsrand in das seichte Wasser gleiten. »Laßt uns allein.« Er watete ans Ufer.
    Struan rannte in die auslaufende Brandung und unmittelbar auf seinen Sohn zu. Er sah seine Tränen und rief: »Culum, mein Junge!« Culum blieb einen Augenblick hilflos stehen, von der überschwenglichen Freude seines Vaters überwältigt. Dann rannte auch er durch die brandenden Wellen und lag schließlich geborgen in den Armen seines Vaters. Alles Entsetzliche der vergangenen Monate brach auf. Er weinte und klammerte sich verzweifelt an seinem Vater fest. Struan beschwichtigte seinen Sohn, schleppte ihn an Land und murmelte dabei: »Culum, mein Junge«, und »Mach dir keine Sorgen mehr« und »Oh, mein Kind.« Und Culum schluchzte: »Sie sind tot – sie sind alle tot – Mama, Ian, Lechie, Großmama, die Tanten, Vetter Clair – sie sind alle tot, Vater. Nur ich und Winifred sind noch übrig, und sie wird inzwischen auch tot sein.« Er wiederholte stets von neuem die Namen, und sie trafen Struan wie Messerstiche.
    Später sank Culum erschöpft in Schlaf, von dem Bewußtsein erfüllt, endlich in Sicherheit zu sein. Zum erstenmal seit Ausbruch der Seuche schlief er traumlos. Er verschlief den ganzen Tag und die Nacht und einen Teil des darauffolgenden Tages, und Struan behütete ihn und drückte ihn zuweilen sanft an sich.
    Struan bemerkte nicht, wie die Zeit verstrich. Zuweilen redete er mit seiner Frau und den Kindern – mit Ronalda und Ian, Lechie und Winifred. Sie saßen dort neben ihm am Ufer. Zuweilen, wenn sie sich entfernen wollten, rief er sie an, leise, damit er Culum nicht weckte, und später kamen sie dann wieder. Zuweilen summte er die sanften Wiegenlieder vor sich hin, mit denen Ronalda ihre Kinder in Schlaf gesungen hatte. Oder er sang auf gälisch wie seine Mutter oder Catherine, seine zweite Mutter. Zuweilen schlug das Dunkel über seiner Seele zusammen, und er sah nichts mehr.
    Als Culum erwachte, hatte er sich beruhigt. »Hallo, Vater.«
    »Wie geht es dir, mein Junge?«
    »Jetzt geht's mir gut.« Er erhob sich.
    Im Schatten des Felsens war es kalt, aber die Sonne wärmte schon. Die Flotte lag ruhig vor Anker, und Versorgungsboote fuhren hin und her. Es waren jetzt weniger Schiffe als zuvor.
    »Soll dort das Große Haus stehen?« fragte Culum und deutete auf den Hügel.
    »Ja. Dort könnten wir vom Herbst bis zum Frühjahr leben. Das Klima ist dann herrlich.«
    »Wie heißt das Tal?«
    »Es hat keinen Namen.« Struan trat in die Sonne und versuchte, den dumpfen Schmerz in Schultern und Rücken zu vertreiben.
    »Es sollte aber einen Namen haben.«
    »Die kleine Karen, deine Kusine Karen – Robbs Jüngste –, möchte es Happy Valley nennen. Hier hätten wir glücklich sein können.« Struans Stimme wurde dumpf. »Haben sie sehr gelitten?«
    »Ja.«
    »Erzählst du mir einmal davon?«
    »Nicht jetzt.«
    »Die kleine Winifred. Sie war also noch am Leben, als du abreistest?«
    »Ja. Aber sie war sehr schwach. Die Ärzte sagten, da sie so schwach sei … die Ärzte haben nur mit den Achseln gezuckt und sind weggegangen.«
    »Und Großpapa?«
    »Er ist überhaupt nicht krank geworden. Er kam sofort zu uns, und dann nahm er Winifred mit. Ich bin zu Tante Uthenia gegangen und wollte ihr helfen. Aber ich

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