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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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es. Aber ich werde es fertigbringen, und du wirst mir dabei helfen!«
    Hör auf, sagte er zu sich. Du benimmst dich wie ein Irrer. Freilich würden sie dich alle für einen Irren halten, wenn du ihnen erzähltest, daß deine geheimsten Absichten nicht allein daraufhinauslaufen, durch den Handel reich zu werden und dann zu verschwinden. Sondern daß du deinen Reichtum und deine Macht dazu benutzen willst, China der Welt und insbesondere britischer Kultur und britischem Recht zu öffnen, so daß jeder vom anderen lernen und sich jeder zum Wohl des anderen entwickeln könnte. Ach ja. Es ist der Traum eines Irren.
    Er war überzeugt davon, daß China der Welt etwas Besonderes zu geben hatte. Was es war, wußte er nicht. Aber eines Tages würde er es vielleicht herausbekommen.
    »Und auch wir haben etwas Besonderes zu bieten«, fuhr Struan laut fort, »falls du es annimmst. Und falls es nicht schon beim Geben verdorben wird. Ob du willst oder nicht, Insel, das hier ist britischer Boden. Wir werden dich hegen und pflegen und dich zum Mittelpunkt Asiens machen – und Asien ist die Welt. Ich stelle Noble House in den Dienst dieser Idee. Wenn du uns den Rücken kehrst, wirst du wieder zu dem, was du jetzt bist – ein Nichts von einem unfruchtbaren Fliegendreck, ein Nichts von einem elenden Felsen, und du wirst sterben. Und noch eins: wenn Noble House dir jemals den Rücken wenden sollte – dann vernichte es, und mein Segen ist dir dabei gewiß.«
    Er ging den Hügel hinauf, zog sein Messer hervor und schnitt zwei lange Äste ab. Den einen spaltete er ein Stück auf und stieß ihn in den Boden, den anderen schob er in den Schlitz, so daß eine Art Kreuz entstand. Er übergoß das Holz mit Branntwein und zündete es an.
    Die Seeleute, die Einblick in das Tal hatten und den Rauch und die Flamme bemerkten, holten ihre Fernrohre und entdeckten das brennende Kreuz und den Tai-Pan, der daneben stand. Unbewußt erschauerten sie, von Aberglauben geschüttelt, und fragten sich, welche Teufelei er nun wieder im Sinn haben mochte. Die Schotten wußten, daß das Verbrennen eines Kreuzes die Anrufung des Clans und aller Verwandten der versippten Clans bedeutete: ein Aufruf, sich zum Kampf um das Kreuz zu scharen.
    Das brennende Kreuz wurde nur vom Führer eines Clans errichtet. Nach altem Gesetz verpflichtete das brennende Kreuz, war es erst einmal aufgerichtet, den Clan, dieses Land bis zur Vernichtung des Clans zu verteidigen.

2
    »Willkommen an Bord, Robb«, sagte Kapitän Isaac Perry. »Tee?«
    »Danke, Isaac.« Robb ließ sich bedächtig in dem tiefen, lederbezogenen Kajütensessel nieder, sog den herben Geruch ein und wartete. Niemand vermochte Perry zur Eile anzutreiben, nicht einmal der Tai-Pan.
    Perry goß den Tee in Porzellantassen.
    Er war mager, aber unglaublich stark. Sein Haar hatte die Farbe alten Hanfes, braun und hier und dort mit schwarzen und silbernen Fäden durchzogen. Sein Bart war ergraut und sein Gesicht voller Narben; er roch nach geteertem Hanf und Salzwasser.
    »Gute Reise gehabt?« fragte Robb.
    »Ausgezeichnet.«
    Robb fühlte sich wie stets in der Kapitänskajüte sehr wohl. Sie war groß und wie alle Wohnräume an Bord luxuriös eingerichtet. Das Holzwerk war aus Mahagoni und alle Metallteile aus Kupfer oder Messing. Die Segel bestanden aus dem festesten Leinen, und das Tauwerk war stets neu. Die Kanonen waren ausgezeichnet und das Pulver das beste, das es gab. Es war das Bestreben des Tai-Pan, seinen Offizieren – aber auch den Mannschaften – die besten Unterkünfte, die beste Verpflegung und einen Anteil am Gewinn zu geben. Stets war ein Arzt an Bord. Auspeitschen war verboten. Es gab für Feigheit oder Ungehorsam, ob bei Offizieren oder Mannschaften, nur eine einzige Strafe: man wurde im nächstbesten Hafen an Land gesetzt und erhielt niemals mehr eine zweite Chance. So drängten sich Seeleute und Offiziere zum Dienst in der Flotte des Tai-Pan, und niemals stand eine Koje leer.
    Der Tai-Pan hatte seine ersten Schiffe, die Mannschaftsräume auf ihnen und die Auspeitschungen, die er am eigenen Leibe gespürt hatte, niemals vergessen. Auch nicht die Männer, die sie befohlen hatten. Einige von ihnen waren gestorben, bevor er sie wiedergefunden hatte. Die er fand, machte er fertig. Nur Brock hatte er noch nicht angerührt.
    Robb wußte nicht, warum sein Bruder Brock geschont hatte. Er erschauerte bei dem Gedanken, daß, gleichgültig aus welchem Grund, der Tag der Abrechnung noch bevorstand. Und er

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