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Tai-Pan

Tai-Pan

Titel: Tai-Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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erblickten, nahm ihre Furcht noch zu.
    Struan stieg in die eine der beiden Sänften ein, der Chinese in die andere. Sofort hoben die Kulis die Sänften vom Boden und trotteten die Thirteen Factory Street entlang. Sie wandten sich nach Süden in enge, verödete Gassen, die Struan unbekannt waren. Schon bald hatte er jedes Gefühl für die Richtung verloren. Er lehnte sich zurück und verfluchte seine Torheit, während er gleichzeitig diesen Vorgeschmack der Gefahr genoß. Schließlich blieben die Kulis in einer schmutzigen, von hohen Mauern gesäumten Gasse stehen, auf der verfaulender Abfall herumlag. Ein räudiger Hund stöberte in den Abfällen.
    Der Chinese gab den Kulis Geld. Nachdem sie in der Dunkelheit verschwunden waren, klopfte er an eine Tür. Sie wurde geöffnet; er trat zur Seite, um Struan eintreten zu lassen. Struan machte ihm ein Zeichen voranzugehen und folgte ihm in einen von scharfem Gestank erfüllten Stall, wo ein zweiter Chinese mit einer Laterne sie erwartete. Dieser Mann drehte sich um und ging stumm durch den Stall bis zu einer anderen Tür, ohne sich ein einziges Mal nach ihm umzusehen. Nun schlängelten sie sich durch ein riesiges Lagerhaus, wacklige Treppen hinauf, andere Treppen hinunter in ein zweites Lagerhaus. Ratten huschten durch die Finsternis.
    Struan wußte, daß sie sich irgendwo in der Nähe des Flusses befanden, denn er hörte das Plätschern von Wasser und das Knarren von Tauen. Er war darauf gefaßt, daß er sich vielleicht im nächsten Augenblick seiner Haut wehren mußte, und hielt das Heft seines Messers in der Hand, die Klinge im Ärmel verborgen. Der Mann mit der Laterne duckte sich unter einer Brücke aus Kisten durch und führte Struan zu einer halbverborgenen Tür. Er klopfte an und öffnete sie.
    »Halloa, Tai-Pan«, sagte Jin-kwa. »Nicht sehen lange Zeit.«
    Struan trat ein. Auch hier befand er sich wieder in einem vor Schmutz starrenden, von Kerzen nur trübe erhellten und mit Kisten und stockigen Fischnetzen angefüllten Lagerhaus.
    »Halloa, Jin-kwa«, antwortete er erleichtert. »Nicht sehen langen Zeit.«
    Jin-kwa war uralt, gebrechlich und sehr klein. Seine Haut war wie Pergament. Dünne Strähnen des ergrauten Bartes fielen ihm bis auf die Brust herab. Seine Kleidung war aus reichem Brokat, der Hut mit Juwelen besetzt. Er trug bestickte Schuhe mit dicken Sohlen, sein Zopf war lang und glänzend. Die Nägel der kleinen Finger steckten in edelsteingeschmückten Futteralen.
    Jin-kwa nickte befriedigt und schlurfte in eine Ecke des Lagerhauses, wo er sich an einen Tisch setzte, auf dem Speisen und Tee standen.
    Struan ließ sich ihm gegenüber mit dem Rücken zur Wand nieder. Jin-kwa lächelte. Er hatte nur drei Zähne mit goldenen Kronen. Jin-kwa sagte etwas auf Chinesisch zu dem Mann, der Struan hergeführt hatte; der Mann ging durch eine andere Tür hinaus.
    »Tee-ah?« fragte Jin-kwa. »Können.«
    Jin-kwa nickte dem Diener zu, der die Laterne getragen hatte; dieser schenkte Tee ein und reichte Jin-kwa und Struan einige Speisen. Dann trat er zur Seite und beobachtete Jin-kwa. Struan stellte fest, daß der Mann muskulös war und ein Messer am Gürtel trug.
    »Biitte!« sagte Jin-kwa und machte Struan ein Zeichen, er solle essen.
    »Danke.«
    Struan stocherte in seinem Essen herum, trank einen Schluck Tee und wartete. Er mußte Jin-kwa den ersten Schritt tun lassen. Nachdem sie schweigend gegessen hatten, sagte Jin-kwa: »Sie wollen sehen mich?«
    »Jin-kwa machen gut Handel außerhalb Kanton?«
    »Geschäfte gut, schlecht, immer dasselbe, macht nichts.«
    »Handel stoppen jetzt?«
    »Stoppen jetzt. Hoppo sehr schlechter Mandarin. Soldaten viele, viele. Mich zahlen große Erpressung für Soldaten. Ajii jah!«
    »Schlimm.« Struan trank seinen Tee. Jetzt oder nie, sagte er sich. Und nun, da der richtige Augenblick endlich gekommen war, wußte er, daß er Hongkong niemals würde verhökern können. Hol der Teufel den Mandarin! Solange ich lebe, wird kein gottverdammter Mandarin in Hongkong sitzen. Brock muß weg. Aber Mord ist keine Lösung bei einem Bankrott. Also hat Brock nichts zu fürchten, weil alle erwarten, daß ich das Problem auf diese Weise löse. Aber hat er wirklich nichts zu fürchten? Wo in aller Welt mag May-may sein?
    »Hören, Einauge-Teufel Brock haben Tai-Pan an Kehle.«
    »Hören, Teufel Hoppo haben Co-hong an Kehle«, erwiderte Struan.
    Jetzt, nachdem er entschlossen war, sich nicht auf den üblen Handel einzulassen, fühlte er sich sehr

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