Taken
losgegangen.
»Kann ich den Peilsender sehen?«, frage ich.
Clipper hält mir eine Schale hin. Darin liegt ein harmlos aussehender Metallstreifen, der nicht länger als mein Daumen ist. Bei dem Gedanken, dass diese Leute mir ohne mein Wissen etwas eingepflanzt hatten, fühle ich mich schmutzig.
»In Ordnung, Clipper, das reicht jetzt«, schaltet sich Bree ein. »Wir brauchen ihm nicht alles zu erklären. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er bei uns bleiben wird.«
»Du machst wohl Witze!« Clipper wirft den Peilsender in seinen Beutel. »Habe ich mir etwa diese ganze Mühe gemacht, damit ihr den Kerl später umbringt?«
»Wie bitte?« Ich greife nach dem Messer, das in meinem Hosenbund steckt, aber es ist nicht mehr da. Und ich bin immer noch zu schwach, um zu kämpfen, selbst wenn ich wollte. Ich glaube, ich brauche noch Wasser.
»Wir müssen Vorsichtsmaßnahmen ergreifen«, meint Bree und zuckt mit den Achseln. »Außerdem ist es schlussendlich nicht meine Entscheidung.«
»Und wer entscheidet darüber?«, erkundige ich mich.
»Owen.«
»Wer ist das?«
»Warum finden wir das nicht heraus?« Sie richtet ihre Waffe auf mich und stößt meine Schulter an.
Wieder hebe ich die Hände zum Zeichen, dass ich mich ergebe, und sie schiebt mich aus dem Zimmer. Wir durchqueren eine Reihe schmaler Felsgänge, ohne unterwegs jemandem zu begegnen. Ich überlege, ob ich Bree anspringen und dann flüchten soll, doch ich würde wahrscheinlich im Kreis laufen und eingefangen werden, bevor ich einen Ausgang finde. Oder ich würde vor Erschöpfung zusammenbrechen. Außerdem kann ich nicht ohne Blaine fliehen.
Wir bleiben stehen, und Bree öffnet eine Tür, die sich schwer bewegen lässt. »Hinein«, sagt sie und winkt mit dem Gewehr. »Owen kommt sofort.«
Ich mache mir nicht die Mühe, Einwände zu erheben, sondern trete durch die Tür in einen dunklen, schäbigen Raum. Felswände umgeben mich. Das Ganze erinnert mich an die Gefängniszelle in Taem, die ich mit Bozo geteilt habe, nur dass es nicht ganz so widerlich stinkt. Im Licht einer einzigen Deckenlampe kann ich das andere Ende des Raums erkennen. An der Wand steht ein einzelner Stuhl, und dahin schleppe ich meine müden Beine. Kaum habe ich mich gesetzt, tritt ein Mann ein.
»Bleib, wo du bist«, sagt er. Seine Stimme klingt merkwürdig vertraut. Ich sacke auf dem Stuhl noch weiter zusammen. Von meinem Platz aus kann ich nur seine Unterschenkel und Füße erkennen – er trägt grob gewebte Hosen und ein Paar stabile Stiefel –, aber der Rest von ihm ist in Schatten gehüllt.
»Bree sagt, ich soll dich mir ansehen, bevor wir dich loswerden«, erklärt er. »Eine Ahnung, warum?«
»Weil sie ein schlechtes Gewissen dabei hat, jemanden zu ermorden, der sich ergeben hat und die Hände hochhält?«, schlage ich vor, den Blick immer noch auf seine Füße gerichtet.
Der Mann brummt. »Sehr witzig. Ihr Ordensleute habt einen merkwürdigen Sinn für Humor.« Er nimmt etwas von der Schulter und stellt es auf den Boden. Es sieht wie ein Bogen aus, aber sicher bin ich mir nicht. Dann geht er in die Ecke, ergreift eine hohe, schmale Stange und stellt sie vor sich hin. Er legt so etwas wie einen Schalter daran um, und mit einem Mal ist der Raum hell erleuchtet. Er richtet die Lichtquelle so aus, dass sie sich praktisch über mir befindet. Das Licht blendet, sodass ich meinen Kopf noch tiefer auf die Brust sinken lasse.
»Sieh mich an«, befiehlt der Mann. Wieder kommt mir seine Stimme bekannt vor, aber ich kann sie nicht einordnen. Ich halte den Kopf tief gesenkt. »Ich sagte, du sollst mich ansehen«, kommandiert er.
Das Licht ist unangenehm hell, aber ich hebe langsam den Kopf. Blinzelnd öffne ich zuerst ein Auge, dann das andere. Als mir das Licht ins Gesicht fällt, tritt er einen Schritt zurück.
»Du …«, beginnt er, verstummt dann aber. »Wie heißt du?«
Er klingt wie Bree. »Ich sehe keinen Sinn darin, Ihnen das zu verraten, wenn Sie mich sowieso umbringen.«
»Vielleicht tun wir das ja nicht.«
»Aber vielleicht doch.«
»Sag mir einfach deinen Namen, Junge. Bitte.« Seine Stimme klingt nicht mehr fordernd, sondern freundlich und so, als könne es in diesem Moment nichts Wichtigeres geben, als meinen Namen zu erfahren. Aber ich habe ihn jetzt schon so lange für mich behalten, dass es mir töricht erscheint, ihn preiszugeben, nur weil jemand höflich darum bittet.
»Bist du Blaine oder Gray?«, fragt er, als ich schweige. Bei diesen Worten zucke ich
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