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Taken

Taken

Titel: Taken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Bowman
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sind deren Angriffe sporadisch und unkoordiniert. Aber wenn man sie alle zusammenzählt – die Menschen, die in Armut leben, und die, die uns aktiv angreifen –, sind es viele. Sehr viele. Frank weiß, dass er sie nicht aufhalten könnte, falls sie sich lange genug zusammenschließen, um die Grenze zu überschreiten und Land und Süßwasser zu fordern.
    Verhindern lässt sich das nur durch zahlenmäßige Überlegenheit. Frank will mehr Soldaten, einen unendlichen Nachschub an Leuten. Gut sollen sie auch sein, körperlich gesund und geistig widerstandsfähig. Und wie könnte man besser zähe, hartnäckige und einfallsreiche Individuen erzeugen, als sie unter den harten Bedingungen eines Orts wie Claysoot aufwachsen zu lassen?«
    »Das kommt mir unglaublich unpraktisch vor«, wende ich ein. »Achtzehn Jahre warten zu müssen, um dann einen einzigen Soldaten zu rauben.«
    »Wir sind nur ein Mittel zum Zweck, Gray. Er ist nicht hinter uns her, nur hinter unseren Eigenschaften. Wichtig sind ihm die Duplikate.«
    Wieder dieses Wort. Ich weiß, was das Wort in der Schmiede bedeutet, wenn Blaine neue Speere und Äxte nach dem Vorbild der alten schmiedet. Aber ich glaube, in diesem Zusammenhang umfasst es mehr.
    »Die Duplikate sind der Sinn und Zweck des Laicos-Projekts«, erklärt mein Vater. »Wenn ein Junge geraubt wurde, kam er ins Labor, wo Frank versuchte, ihn zu duplizieren. Er hatte auch einigen Erfolg, nur nicht in dem Maß, wie er es sich wünschte. Harvey hat uns berichtet, dass Frank von jedem einzelnen Jungen ein Duplikat herstellen kann. Aber sein Endziel ist natürlich eine unendliche Zahl von Duplikaten, sodass man einen geraubten Jungen einmal, zehnmal oder hundertmal vervielfältigen kann. Wenn Frank eine solche Armee besäße, könnte er AmWest innerhalb von Tagen auslöschen.«
    Wie vor den Kopf geschlagen sitze ich da. Noch vor ein paar Tagen habe ich Frank vertraut und mich in seiner Gegenwart zu Hause gefühlt. Und jetzt … das. Harvey ist unschuldig, und es ist alles Frank gewesen. Frank, der sich den perfekten Soldaten schaffen will. Mit Claysoot als Gussform. Und der Äußere Ring, der Rauch – das ist auch er. Die toten Mauerkletterer sind nicht einem automatisch funktionierenden Teil von Harveys Experiment zum Opfer gefallen, sondern Frank, der jeden verbrannte, der die Zukunft seines Projekts bedrohte, indem er versuchte, daraus zu fliehen. Emma und ich wurden als Erste gerettet … durch Maude! Als ich aus ihrem Haus geflüchtet bin, habe ich ihr gesagt, dass ich Blaines Zwilling bin. Vielleicht hat sie an diesem Abend mit Frank gesprochen. Möglich, dass sie ihm erzählt hat, was ich gesagt habe, und Frank Emma und mich retten ließ, weil er wissen wollte, wie ich den Raub umgehen konnte.
    »Ich … ich kann einfach nicht glauben, dass ich all seine Lügen geschluckt habe«, stammle ich. »Wie hat er es denn fertiggebracht, ungestraft einen Haufen Kinder einzusperren? Und wieso hat ihn niemand aufgehalten? Warum hat ihm niemand Fragen gestellt, als die Mauer gebaut wurde?«
    »Auf der Außenseite der Mauer steht überall ›Quarantäne‹«, sagt mein Vater. »Während des Krieges hat AmWest ein Virus in die Umwelt ausgebracht, das Tausende getötet hat. Claysoot war angeblich eine unter Quarantäne gestellte Gemeinde, die immer noch unter dieser Krankheit litt, und die Menschen haben nur zu gern einen Bogen darum gemacht.«
    Meine Knöchel sind ganz blass geworden, so fest habe ich den Rand der Kommode umklammert. Frank hat den Arm um meine Schultern gelegt. Ich habe ihm vertraut. Ich denke an meinen Aufenthalt in der Krankenstation, wo ich gesäubert werden sollte und man mir einen Peilsender in den Hals eingepflanzt hat. Ich frage mich, was sonst noch mit mir geschehen ist, während ich dort war, und ob ein Stück von mir sich jetzt in einer Flasche in seinen Labors befindet.
    »Für den Fall, dass du es mit eigenen Augen sehen möchtest, besitzen wir einige Dokumente«, setzt mein Vater hinzu. »Als Ryder vor Jahren geflohen ist, konnte er einige Auszüge aus Forschungsunterlagen mitnehmen.«
    »Eine äußerst interessante Lektüre«, sagt jemand von der offenen Tür her. Bree steht da und trägt einen Satz sauberer Kleider für mich auf den Armen. »Voll mit erstaunlichen Einzelheiten.«
    Ich werfe meinem Vater einen Blick zu und argwöhne, dass er mir Informationen vorenthalten hat.
    »Ich habe dir die Grundlagen erzählt«, sagt er, und ich glaube ihm. Seine Stimme klingt fest, und

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