Tal der Tausend Nebel
Wir wollten es beide so … Wir wollten es uns aufheben, bis wir vor Gott ein Paar sind.«
Hoku stampfte vor Wut auf.
»Das ist nicht Gottes Gebot! Das biblische Gesetz dient der Angst. Viele Männer haben Angst vor einer untreuen Frau. Aber Kelii ist nicht so ein Mann. Er wollte für dich sterben, schon am ersten Tag eurer Begegnung. Und du? Du hast ihn abgewiesen … Dein Gott, der seinen Priestern erlaubt, Heilerinnen im Feuer zu verbrennen … Siehst du deinen Irrtum ein?«
In Elisas Kopf drehte sich alles. Ihr Hals war wie zugeschnürt, und sie war froh, dass sich ihrem Lager in der Hütte jetzt schnelle Schritte näherten.
»Elisa! Wie geht es dir?«
Sie hatte nur einen einzigen Wunsch. Sie wollte in Keliis Armen weinen und von ihm getröstet werden, weil in ihr ein Kind heranwuchs, das sie nicht bekommen wollte.
Keliis besorgtes Gesicht erschien in Elisas Blickfeld, aber Hoku stellte sich dazwischen.
»Bitte geh zurück nach draußen! Elisa und ich sind noch nicht fertig. Wir haben Frauensachen zu besprechen.«
15. Kapitel
München, Herbst 2010
Nachdem die Lomi-Lomi-Behandlung abgeschlossen war, hatte Maja sich noch einmal vergewissert, dass sie dafür wirklich nicht bezahlen musste. Aber es war ein Geschenk von Keanu, wie Malika ihr versicherte.
»Keanu hat mir auch gesagt: zuerst die Massage und dann erst die Worte … also hier!«
Damit händigte Malika ihr mit einem Zwinkern einen Stapel Briefe aus. Es waren genau zehn an der Zahl. Malika nickte.
»Jeden Tag kommt ein neuer Brief für dich …«
»Keanu schreibt mir an deine Adresse? Aber er wusste doch gar nicht, ob ich wirklich zu dir kommen würde. Ich meine, ist das nicht ein wenig …«
Malika vollendete den Gedanken.
»Du meinst, altmodisch und total romantisch? Ja, da hast du recht. Es gibt Internet und Skype. Aber so ist mein Cousin eben – hoffnungslos romantisch und bisweilen erschreckend altmodisch! Welcher halbwegs normale Mann schreibt heutzutage noch Liebesbriefe per Luftpost?«
Maja lächelte. Ihr gefielen die Briefumschläge mit dem rot-blauen Luftpostrand und den blumigen amerikanischen Briefmarken. Ihr Herz hatte begonnen, aufgeregt zu schlagen. Sie war neugierig, was Keanu ihr wohl schreiben würde.
Malika lächelte immer noch.
»Ein Brief pro Tag schreibt mein Cousin dir … Wenn du mich fragst, lässt das auf mehr als ein flüchtiges Gefühl schließen. Hast du ihn verzaubert?«
Maja lachte unsicher. Am liebsten hätte sie seinen ersten Brief auf der Stelle geöffnet, aber dann zögerte sie. Sie glaubte, so etwas wie einen Anflug von Kritik in Malikas fragendem Blick zu lesen. Daher steckte sie die Briefe schnell ein.
»Nein, ich bin nicht wirklich der Typ, der Männer verzaubert. Außerdem sind wir beide in einer festen Beziehung. Warum … warum glaubst du, tut Keanu das? So viele Briefe … dabei kennen wir uns doch kaum.«
Malika räumte Laken und Handtücher auf und mied Majas Blick.
»Ehrlich gesagt bin ich auch überrascht. Vielleicht hat er nur Torschlusspanik. Ich meine, immerhin kenne ich Leilani. Mein Cousin wird, oder wollte, eine ziemlich spannende Frau heiraten. Es war beiden sehr ernst. Bei mir liegt seit Anfang Juni die Einladung zu Silvester auf Kauai. Sie wollten sich beim traditionellen Hibiskus-Ball das Jawort geben. Und jetzt schreibt er Liebesbriefe an dich!«
Malika sah Maja abschätzend an.
»Leilani ist eine echte Schönheit! Die beiden kennen sich ewig …Ihre Familien sind begeistert … Was verbindet euch beide? Ich meine, du siehst gut aus. Aber was treibt Keanu wirklich um?«
Malika hielt ihr auffordernd den Brieföffner hin. Aber etwas hielt Maja davon ab, seine Briefe aus ihrer Handtasche zu holen.
»Ich weiß nicht … Das fühlt sich nicht richtig an. Damit muss ich noch warten, damit ich am Ende nicht völlig abhebe …«
Malika nickte.
»Ihn hat es auch heftig erwischt. Sonst würde er nicht Anela und mich als Liebesboten einsetzen. Willst du nicht zumindest seinen ersten Brief aufmachen?«
Aber Maja zog bereits ihre Jacke an.
»Nein. Nicht jetzt. Zu Hause wartet mein Freund. Ich will jetzt keinen Fehler machen, der meine zukünftige Ehe gefährdet.«
Mit entschuldigendem Lächeln schulterte Maja ihre Tasche. Malika lächelte wissend und drückte sie zum Abschied an sich.
»Cousin Keanu hin oder her, du hast eine starke Verbindung zur Haifischfrau und vielleicht gehörst du zu unserem Klan. Irgendwelche Ambitionen in Richtung Kahuna – so wie Elisa Vogel?«
Maja
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