Tal der Tausend Nebel
weiß, weil Lili’uokalani sich dadurch politische Vorteile erhofft. Aber deine Mutter verachtet sich eigentlich dafür. Sie kommt selber aus einer königlichen Familie. Wenn sie Weiße wirklich achten würde, dann hätte sie Johannes jubelnd in eure Familie aufgenommen, oder etwa nicht?«
Elisa saß, wie so oft, wenn sie in den Gemächern bleiben musste, auf dem Bett und skizzierte. Heute war es ein Porträt von Keliis stolzem Profil. Er nickte, denn er wusste, dass Elisa recht hatte. Doch das machte die Sache nicht einfacher. Seine Mutter hatte immerhin die Höflichkeit, sich nicht anmerken zu lassen, was sie für Elisa empfand. Aber seine Freunde unter den Steine-Essern hatten ihm sogar verboten, seine Freundin zu ihren Treffen mitzubringen. Er hatte es Elisa aus Taktgefühl nicht gesagt, aber er war sich sicher, dass sie es ohnehin wusste. Nicht ein einziges Mal hatte sie gefragt, ob sie ihn begleiten durfte.
Elisa hatte manchmal fast schwermütige Momente, weil sie inzwischen begriff, dass ihre Begeisterung und Liebe für Kelii allein nicht ausreichen würde, um die Kluft zwischen ihren beiden Völkern zu schließen. Doch es gab etwas, das Elisa über einiges hinwegtröstete. Und das hatte mit Hoku zu tun.
Hoku war schon zwei Mal gekommen und hatte Elisa eine ganze Woche im Palast unterrichtet. Sie hatte sich unter den anderen Kahuna durchsetzen können, denn obwohl Elisa eine Haole war, sang ihre Seele das Lied der Kahuna aus Hawaii. Dafür gab es vielerlei Beweise, vor allem aber die Narbe von Großvater Hai. Daher bekam Elisa von Kelii täglich Unterricht in Kräuterheilkunde, Fingerspitzensehen, Mana-Arbeit und auch der Hellsichtigkeit. All das musste sie jeden Tag üben, um sich auf die Prüfungen vorzubereiten, die Hoku abhielt, wenn sie in den Palast kam, um die Königin zu beraten. Aber Elisas wichtigste Hausaufgabe von allen war der Unterricht in der hohen Kunst der körperlichen Liebe. Hoku hatte es ihr mehrfach ans Herz gelegt.
»Erst wenn du mit Kelii zusammen wieder von der höchsten Klippe springen kannst, um auf den Schwingen des Falken der Sonne entgegenzujubeln, habt ihr eine Zukunft als Paar.«
Befangen und scheu lag Elisa anfangs neben Kelii in dem kleinen Lustpavillon von Lili’uokalani, in dem sie täglich eine Stunde verbringen mussten. So hatte Hoku es ihnen befohlen. Elisa hatte eine Aufgabe zu bewältigen. Daher nahm sie vor dem Beginn ihrer Stunde stets eine Medizin aus Kräutern, Blumen und einer bestimmten Beerensorte, um ihren Körper empfänglicher für lustvolle Empfindungen zu machen. Dazu gab es bestimmte Übungen, die Kelii und sie täglich machen sollten.
Anfangs waren ihr seine Berührungen an den intimen Stellen ihres Körpers noch unangenehm und lösten ein starkes Schamgefühl aus. Doch nachdem sie ein paar Mal geübt hatten, erinnerte sich Elisa an die genüssliche Stunde hinter dem Wasserfall auf Kauai, als sie noch ein unschuldiges Mädchen gewesen war. Damals hatte sie es sehr gemocht, wenn Kelii sie angefasst hatte. Und manchmal, wenn es ihr mit der Kräutermedizin jetzt gelang, die dunklen Wolken in ihrem Kopf beiseitezuschieben, spürte sie einen Hauch von dem damaligen prickelnden Lustgefühl.
»Bitte versuch es noch einmal!«
Elisa drehte sich mit ihrem Bauch auf die Seite. Sie war jetzt sechs Monde mit Kind, drei würden noch kommen, bevor das Kleine selber die Sonne sehen wollte. So hatte es Hoku ihr erklärt. Bis dahin musste es Elisa gelungen sein, sich wieder zu holen, was Janson ihr gestohlen hatte: die Lust in ihrem Unterleib. Sonst würde auch die Geburt unnötig schwierig werden, hatte Hoku sie gewarnt. Ihr Bauch war klein und fest und störte nicht bei dem Liebesspiel, denn Kelii liebkoste sie lediglich mit seinen Fingern.
Er lächelte, als sie jetzt unter seiner sanften kreisenden Bewegung aufstöhnte. Er konnte sich an seiner Liebsten nicht sattsehen. Nie zuvor war Elisa so schön wie jetzt mit ihren vollen Brüsten und dem geschwollenen Leib.
Im Lustpavillon war es warm, da die Sonne um die Mittagsstunde herum direkt auf die Liegebänke schien, die mit weichen Fellen und Kissen in rötlichen Mustern ausgekleidet waren. Die Königin war bekannt dafür, dass sie ihr Liebesleben pflegte und zwar nicht unbedingt nur mit Männern. Überhaupt hatte Lili’uokalani ein Faible für Sinnlichkeit, was sich in der gesamten Palasteinrichtung zeigte. Überall gab es Nischen und Orte, wie geschaffen für intime Begegnungen. Das Licht, die Wahl der
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