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Tal der Traeume

Titel: Tal der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
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Schwarzen angegriffen worden. Dabei wurden die beiden darin ansässigen Polizisten getötet und ihre Hütte niedergebrannt. Um größeren Schutz zu bieten, wurde das zweite Sandsteinhaus mit innen liegendem Kochherd errichtet und daneben eine kleine, solide Gefängniszelle mit einem einzigen vergitterten Fenster. Nur wenige der Polizisten, die in diesem westlichen Gebiet Patrouille ritten, erinnerten sich an den Angriff. Er war in die Überlieferung ihres Bezirks eingegangen, und da es in letzter Zeit keine derartigen Vorfälle gegeben hatte, ließen die Sicherheitsvorkehrungen zu wünschen übrig. Zurzeit galt die Versetzung auf diesen entlegenen Außenposten als Strafe und traf zumeist Neulinge, die es nicht besser wussten, oder Schutzleute im Rahmen einer Disziplinarmaßnahme.
    Wally Smith ertrug die letzten Wochen in diesem Höllenloch, und das Abstreichen der Tage im Kalender, nachdem er die sechs Pferde versorgt und seine Eintragung ins Betriebstagebuch gemacht hatte, bildete seine wichtigste Aufgabe. Es gab selten über mehr zu berichten als den Gesundheitszustand der Pferde in seiner Obhut. Selbst wenn andere Polizisten in die Gegend kamen, blieben sie nie länger als nötig, übernachteten nur einmal, schrieben ihre Berichte und zogen weiter in Richtung der komfortablen, gastlichen Wohnhäuser auf den Viehstationen. Da er ein Neuling war, zogen sie Smith gnadenlos auf, dichteten ihm schwarze Frauen unter seinem Bett an und machten derart obszöne Bemerkungen, dass er sich abwenden musste, um sein Erröten zu verbergen. Er freute sich über die Abwechslung, war aber ebenso froh, wenn sie von dannen zogen. Das alles hatte er sich selbst eingebrockt, indem er sich freiwillig gemeldet hatte.
    Er war frisch aus Adelaide gekommen, hatte soeben die Kadettenausbildung absolviert und diese Aufgabe als großes Abenteuer empfunden. Er würde in einer aufregenden Wildnis arbeiten und einen wichtigen Außenposten übernehmen, was ihn ungeheuer stolz machte. Inzwischen wusste er, dass die harten Polizisten, die das Territorium bewachten, diesen Posten mit der Lage eines einsamen Wachsoldaten auf den Zinnen einer Burg verglichen, wenn der Angriff des Feindes jederzeit losbrechen kann. Die Leute hier fielen entweder den Schwarzen oder dem Wahnsinn zum Opfer. Mit diesem beunruhigenden Wissen im Hinterkopf war Wally die alten Tagebücher durchgegangen, die in Aktenschränken verstaubten, und hatte herausgefunden, dass einige seiner Vorgänger, falls er ihre zusammenhanglos hingekritzelten Notizen richtig deutete, Trinker oder Verrückte gewesen waren. Ein Bursche schrieb, er erhalte jeden Abend Besuch von einem alten Känguru-Männchen, das mit ihm am Feuer sitze und Geschichten von großer anthropologischer Bedeutung erzähle, die er in sein Notizbuch eingetragen habe. Dieses Notizbuch fand Wally nie, doch er unterließ es von da an, über die Pferde und ihre Besonderheiten zu schreiben, da er eine mögliche Besessenheit fürchtete. Und er verfasste einen nüchternen Bericht für seine Vorgesetzten, in dem er diesen Außenposten als veraltet beschrieb und vorschlug, ihn zu schließen. Es gäbe nun ausreichend Vieh- und Außenstationen, die dieses große Land bis über die Grenze nach Westaustralien hin bewirtschafteten. Deren Wohnhäuser böten den Polizisten Unterkunft und frische Pferde, so dass man die Kosten einsparen und das Geld an anderer Stelle einsetzen könne, wo es dringend benötigt wurde. Er wusste, dass ein Wehklagen über die Lebensbedingungen keinen Sinn hatte, aber eine Kostenersparnis würde den Bürokraten, die in Sicherheit an ihren Schreibtischen saßen, gewiss gefallen.
    Bewaffnet mit diesem sorgsam verfassten Bericht wartete Wally die letzten Tage seiner sechsmonatigen Frist ab. Danach würden weitere Polizisten kommen und mit ihm den Außenposten für die kommende Regenzeit schließen. Gemeinsam mit den Pferden würden sie in die Zivilisation zurückkehren. »Zum Teufel mit diesem verfluchten Ort«, sagte er sich immer wieder, während er wartete. Doch statt der Ablösung traf ein Gefangener ein. Der Erste, den er zu sehen bekam, seit vor vielen Monaten ein Sergeant einen Goldsucher abgeliefert hatte, der mit einer Breithacke Amok gelaufen war. Davor hatte es nur Viehhüter gegeben, die des Diebstahls oder der Vergewaltigung beschuldigt wurden. Alle waren am nächsten Tag weggebracht worden. Wally hatte nie erfahren, ob man sie verurteilt hatte, und es interessierte ihn auch nicht. Dieser Gefangene

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