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Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht.«
    »Es muß diesen ›Glitzernden Berg‹ geben, Donald. Sie wissen doch, wie solche uralten Sagen – nennen wir sie mal so – von Mund zu Mund gehen. Ich habe über drei Jahre damit zugebracht, diese Überlieferungen zu sammeln, zu ordnen und auszuwerten. Alle Erzählungen gleichen sich geradezu verblüffend. Immer ist von diesem ›Glitzernden Berg‹ die Rede, und immer heißt es, daß an seinem Fuß das ›Tal ohne Sonne‹ liegt! Wenn Sie einen Computer mit allen diesen Daten füttern, spuckt er Ihnen eine fast exakte Beschreibung von Form und Lage des Bergs aus.«
    »Und das ist hier, wo wir uns befinden?«
    »Ja, es scheint so.«
    »Sicher sind Sie sich nicht?«
    »Was ist schon sicher, Donald? Aber Computer sind emotional unabhängige, kalte, rechnende und Logik fabrizierende Ungeheuer. Was sie sagen, stimmt!«
    »Wenn man sie richtig füttert … Sie haben ihn mit Phantasien gefüttert, und der Computer serviert Ihnen eine Überphantasie. Auch das ist logisch.«
    »Ich ahne, daß die Lima schon von dem ›Glitzernden Berg‹ gehört haben. Wir bleiben doch in diesem Dorf als unserem Basislager?«
    »Wenn alles gut geht, ja.«
    »Was soll noch schief gehen?«
    »Der Bruderkampf zwischen Dai Puino und Hano Sepikula, der Haßkrieg zwischen Duka Hamana und uns, die Verwundeten und die operierte Sapa – irgend etwas geht schief, das spüre ich, und die kleinste Niederlage, die wir erleiden, trübt unser Image der Unbesiegbarkeit. Diese Menschen denken und fühlen anders als wir. Sie ordnen sich nur dem Stärkeren unter, die Schwächeren werden aufgefressen.« Zynaker hieb mit den Fäusten hinterrücks gegen die Hauswand. »Verdammt, wo bleibt Leonora? Da stimmt doch etwas nicht!«
    Der Aufmarsch der Krieger war beendet. In einem weiten Viereck standen sie auf dem Dorfplatz, ein buntes, erschreckendes, in seiner Farbenpracht Angst einjagendes Bild. Die bemalten Körper, die gelben Gesichter, die Speere mit den Vogelfedern, der Kopfschmuck aus Tierbälgen und Paradiesvogelfedern, die mit Knochen, Wildschweinhauern und Bambusstäben durchbohrten Nasen, die Knochenketten und Brustschilde aus Schildkrötenrücken, Schweinebecken und menschlichen Schulterblättern, die langen Blasinstrumente aus Bambusrohren, die Holztrommeln, überzogen mit Tierhäuten und umwickelt mit Tiersehnen, die panflötenähnlichen, aus verschieden langen Bambusröhren zusammengebundenen Flöten und die flachen Handtrommeln aus bemalter Menschenhaut – es war ein Anblick, der einen bis auf die Knochen frieren ließ bei dem Gedanken, diese über fünfhundert wilden Krieger könnten mit Geheul auf einen zustürmen. Und doch war es auch ein Bild von ungeheurer Faszination.
    »Ich glaube, wir müssen jetzt auch aufmarschieren«, sagte Pater Lucius. »Sie warten auf uns und unsere Geschenke.«
    »Erst müssen Leonora und Pepau zurück sein.«
    »Natürlich. Was tun sie bloß so lange in Nummer eins?«
    »Ich sehe nach.« Zynaker stieß sich von der Hauswand ab. Vom Dorfplatz kamen jetzt festlich geschmückte Frauen zu ihnen, auch sie bemalt und mit Knochen behängt, die Haare geflochten und mit Federkronen geschmückt. Nur die Brüste blieben von Bemalung frei und hoben sich damit deutlich hervor – die Quelle des Lebens.
    Zynaker hatte kaum den halben Weg zum Männerhaus eins zurückgelegt, als Leonora und Schmitz in der Türöffnung auftauchten. Er rannte auf sie zu und bemerkte, daß Leonora erschöpft und ernst aussah. »Mein Gott, ich habe mir Sorgen gemacht!« rief er. »Hat es Komplikationen gegeben?«
    »Das kann man wohl sagen.« Schmitz antwortete vor Leonora, die noch Mühe hatte, den lange eingeatmeten Gestank von Schweiß und Verwesung, diesen auf der Haut klebenden süßlichen Geruch mit langen Atemzügen zu verdrängen. »Alle Pflaster waren abgerissen.«
    »Verdammt!«
    »Und auf alle Wunden war wieder der stinkende Pflanzenbrei geschmiert. Und auf ihm, schön aneinandergereiht, menschliche Zähne.«
    »Duka Hamana!«
    »Ja. Er ist im Morgengrauen ins Haus gekommen und hat seinen Zauber losgelassen. Wir mußten wieder alle Wunden reinigen und neu verbinden.«
    »Der Kampf hat also begonnen!«
    »Es scheint so. Wir müssen ab sofort die Verwundeten und vor allem Sapa bewachen. Nicht auszudenken, wenn Duka Hamana an Sapa gerät – sie würde sofort eine nicht mehr beherrschbare Sepsis bekommen. Die Schuld aber würde er uns zuschieben. Pater Lucius muß ihn mit allen Tricks, die er drauf hat, besiegen und ihn lächerlich

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