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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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Geduld und hatte immer einen Scherz auf den Lippen, wofür ich ihm sehr dankbar war.
    Irgendwann gestattete er mir, Psitó alleine zu reiten, wann immer ich wollte. Toms Vertrauen machte mich glücklich und schenkte mir eine Stärke, die ich bisher nicht gekannt hatte.
    Wenn ich Neil Thunderhawk begegnete, klopfte mein Herz zum Zerspringen. Allerdings hatte er nicht vor, mir zu viel seiner kostbaren freien Zeit zu opfern. Er half seinem Vater beim Bau eines Zaunes, der verhindern sollte, dass die Pferde auf Tante Charlenes Land grasten oder auf die Straße liefen. Er ritt die Tiere regelmäßig und begann mit der Ausbildung der beiden Jährlinge, die langsam daran gewöhnt werden mussten, Zaumzeug und Sattel zu tragen. Ein gut eingerittenes Pferd brachte beim Verkauf einige hundert Dollar mehr als ein Tier, dass noch nicht an Sattel und Reiter gewöhnt war. Manchmal sah ich, dass Neil mich beobachtete, wenn ich Psitó striegelte oder mit Stormy spielte. Bemerkte er meinen Blick, wandte er sich ab. Zu gerne hätte ich gewusst, was er über mich dachte.
    Die Wärme seiner Hand und sein Herzschlag in meinem Rücken gingen mir nicht mehr aus dem Sinn.
    Della, Toms Frau, war von Anfang an sehr nett zu mir. In der letzten Woche brauchte Dad mich in der Mittagszeit nicht mehr nach Hause fahren, weil sie mich eingeladen hatte mit ihrer Familie zu essen. Ich kam am Morgen, ritt Psitó, leistete Stormy Gesellschaft, half manchmal im Stall oder passte auf Bey und April auf, Neils kleine Schwestern.
    April war sieben und Bey drei Jahre alt. April Thunderhawk war groß für ihr Alter und hatte dieselben schwarzen Augen wie ihr Bruder. Unter langen Stirnfransen blickten sie mich neugierig an. Bey, die ihren Babyspeck noch nicht verloren hatte, wusste schon sehr genau, was sie wollte.
    Beide zusammen konnten ganz schön laut und anstrengend sein, kein Wunder, dass Neil so tat, als ob er für Mädchen nichts übrig hatte. Aber ich wusste, dass es anders war, denn ich begegnete ihm auf dem Abschluss-Powwow vom Lakota College in Kyle, wo seine Mutter Lehrerin war.
    Powwows, unsere Tanzfeste, finden den ganzen Sommer über statt. Im Winter werden sie gelegentlich in Turnhallen oder Gemeindezentren abgehalten. Jeder Indianer, der etwas auf sich hält, besitzt ein Tanzkostüm und nimmt irgendwann einmal an einem Powwow teil. Es gibt Leute, die machen den ganzen Sommer über nichts anderes.
    Es war der Samstag, nachdem die Arbeiten an Bernies Waschsalon in Manderson abgeschlossen waren. Dad und ich hatten unsere Tanzkleidung hervorgeholt und waren gegen Mittag zum Collegegebäude gefahren, das auf einem Hügel stand, ein paar Meilen vor dem Ort Kyle.
    Kaum auf dem Powwow-Platz angekommen, hatte ich Neil auch schon entdeckt. Er hatte seine kleine Schwester April an der Hand und Bey auf dem Arm und sah überhaupt nicht unglücklich oder genervt aus. Im Gegenteil, seine Geduld war erstaunlich. Er lief sogar mit, als Bey ihn auf die Tanzfläche zerrte, obwohl sich der Tanz Tiny Tot nannte und extra für die ganz kleinen Knirpse war.
    Neil ragte zwischen den pummeligen gefiederten Gestalten hervor wie ein strahlender Held. Er war gekleidet wie ein richtiger Krieger und er konnte tanzen, als wäre er einer. Kleine Federn schmückten seine langen Zöpfe, und wenn er tanzte, flogen sie. Er war ganz in Hirschleder gekleidet. Hose und Hemd hatten lange Fransen an den Seiten und waren bestickt mit bunten Glasperlen. Neil bewegte sich im vollkommenen Gleichklang mit der Trommel. Seine Füße, die in Mokassins steckten, schwebten erstaunlich leicht über das niedergetretene Gras.
    Ich ließ mich am Rand des Tanzplatzes nieder und zeichnete. Meine liebsten Werkzeuge waren farbige Buntstifte oder Bleistift. Mrs Hunter, meine Kunstlehrerin, hatte mein Talent erkannt und mir ans Herz gelegt, den Sommer über viel zu zeichnen. »Du hast eine lockere Hand, Tally«, hatte sie zu mir gesagt. »Zeichne alles, was dir vor die Nase kommt. Vielleicht schaffst du es, auf die Kunstschule zu gehen. Du hast das Zeug dazu.«
    Der Gedanke, auf eine Kunstschule zu gehen, gefiel mir, denn ich zeichnete leidenschaftlich gern und konnte mir nichts Besseres vorstellen, als es irgendwann einmal zu meiner Hauptbeschäftigung zu machen. Was für ein herrliches Gefühl, ein glattes weißes Blatt Papier vor sich zu haben und es durch wenige Striche mit Leben zu füllen! Papier und

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