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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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als er nach Hause kam. Er stellte fest, dass unser Geld mal wieder kaum für Benzin und die wichtigsten Lebensmittel reichte, und schimpfte über das Leben im Reservat und dass er mir nicht geben konnte, was ein Mädchen in meinem Alter eigentlich verdient hätte. Vielleicht wäre es besser, wegzugehen und es außerhalb der Reservatsgrenzen zu versuchen, meinte er.
    Es kam selten vor, dass er so redete, und mir wurde das Herz schwer. Ich hoffte, dass er es nicht ernst meinte, denn ich wollte nicht fort. Das Reservat war meine Heimat, und ich hatte alles, was ich mir wünschte: einen Vater, dem ich vertraute und der mich respektierte, obwohl ich noch ein Kind war. Das Land, das so schön sein konnte, dass man es einfach lieben musste. Ich hatte Adena, und ich hatte Stormy. Wenn das Fohlen vertrauensvoll seinen Kopf auf meine Schulter legte, dann vergaß ich sogar meine Sehnsucht nach Neil Thunderhawk …
    Die Sommerferien neigten sich unweigerlich dem Ende entgegen, und an Stormys Verletzung erinnerte nur noch die knubbelige Narbe, ein u-förmiger Wulst. Sie mochte es nicht, wenn man sie dort berührte, aber ich durfte es. Sie vertraute mir, und manchmal dachte ich, dass ich ihr Vertrauen gar nicht verdient hatte.
    Tom und Neil waren schon seit drei Tagen aus Montana zurück, aber bisher waren sie noch nicht gekommen, um Stormy zu holen. Ich hatte den Verdacht, dass mein Vater diesen Aufschub zu verantworten hatte, und ich war ihm dankbar dafür. Ich genoss jede Stunde, die ich mit Stormy verbringen durfte.
    Aber das letzte Ferienwochenende rückte erbarmungslos heran und damit auch der Zeitpunkt, wo ich mich von Stormy trennen musste. Die Schonfrist war vorbei.
    Stormy musste zurück zu den anderen Pferden, zurück zu ihrer Mutter und dem gefleckten Hengst, der sie vor Kojoten und Berglöwen beschützte. Nur in der Herde würde das Fohlen lernen, was es wissen musste, um den Winter zu überleben. Es würde die Regeln lernen, die die Herde zusammenhielten.
    Dad kam zum Korral und legte seinen Arm um meine Schultern. »Sei doch nicht so traurig, Tally«, sagte er. »Stormy hat es gut bei Tom, und sie wird sich freuen, wieder bei den anderen Pferden zu sein. Sosehr sie dich auch mag, Pferde sind am liebsten mit ihresgleichen zusammen, und das weißt du auch. Außerdem haben wir nicht genug Geld, um sie über den Winter zu bringen.«
    Â»Ich weiß«, sagte ich. Und seufzte.
    Â»Sie wird dich bestimmt nicht vergessen.« Dad kraulte Stormy zärtlich zwischen den Augen. Er nahm meinen Zopf in die Hand und sagte: »Unsere Vorfahren haben manchmal eine Strähne ihres Haares in die Mähne ihres Lieblingspferdes geflochten und damit die Seele des Tieres und ihre eigene zu einer Einheit verbunden.«
    Ich umarmte meinen Vater und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. »Danke Dad«, sagte ich leise. »Danke für alles.«
    Ich ging nach drinnen, löste meinen Zopf und schnitt eine lange Strähne aus meinem Haar. Die flocht ich in Stormys dunkelgraue Mähne. Appaloosa-Pferde haben keine sehr langen Mähnen und so war mein Haar länger als das des Fohlens. Es war nur ein Symbol, denn unsere Seelen waren schon an jenem Tag eins geworden, als Stormy blutend im Schlamm gelegen hatte und ich Wakan Tanka gebeten hatte, dass das Fohlen überleben möge. Doch auf einmal spürte ich, wie meine tiefe Traurigkeit langsam nachließ.
    Am nächsten Tag kam Tom Thunderhawk mit seinem Pferdeanhänger, um Stormy zurückzuholen. Neil war bei ihm, und die beiden hatten ganz schön zu tun, um das Fohlen dazu zu bewegen, in den Anhänger zu steigen. Zwar hatte ich es mit geduldiger Annäherung geschafft, ihm die Angst vor Blechkisten ein wenig zu nehmen, aber dass es in eine hineinsteigen sollte, war offensichtlich zu viel verlangt.
    Ich flüsterte Stormy beruhigende Worte ins Ohr und fasste sie am Halfter, sodass sie schließlich gehorchte und in den Hänger stieg. Tom nickte mir lächelnd zu. »Das hast du gut gemacht«, sagte er.
    Â»Versuch niemals, einem Pferd etwas mit Gewalt beizubringen! Wenn du es schlägst oder anschreist, wird es dir vielleicht gehorchen, aber es wird dir aus Angst gehorchen. Und wenn es eine Gelegenheit dazu hat, wird es weglaufen.«
    Ich hatte Tom oft genug beobachtet, wie er mit seinen Pferden umging. Er war unendlich geduldig, und wenn es sein musste, dann redete er so lange auf ein Tier

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