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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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letzten Monaten gewachsen. Der Klang seiner Stimme war noch dunkler geworden und er wirkte nicht mehr so mager. Nachdem er Anfang Dezember sechzehn geworden war, gehörte er jetzt offiziell zum Kreis der Erwachsenen. Das zeigte er mir deutlich, indem er sich nur noch mit mir abgab, wenn es notwendig war. Gemeinsame Ausritte waren nicht mehr drin, was mich sehr enttäuschte.
    Aber das war noch nicht alles. Zu meinem großen Leidwesen hatte Neil jetzt eine Flamme, ein Mädchen in seinem Alter, das bei seinem Vater Reitstunden nahm. Sie stammte aus Wounded Knee, was nur ein paar Meilen entfernt war, und sie kam sehr oft. Ihre Eltern hatten beide Arbeit und konnten sich Benzingeld und das Geld für die Reitstunden ohne Probleme leisten. Sie hieß Suzy Eagle Bear und war sehr hübsch, das musste ich wohl oder übel eingestehen. Dunkle Haut und schweres glattes Haar. Schwarz wie die Nacht natürlich. Genauso wie ihre Augen. Suzy war eine reinblütige Lakota. Ich konnte sie nicht leiden. Wie auch, wenn Neil nur noch Augen für sie hatte. Miss Eagle Bear trug gerne enge Jeans und knappe Tops, die die üppigen Rundungen ihres Körpers betonten. Ich beneidete sie um ihre weiblichen Formen, denn ich war immer noch klein und flachbrüstig und wartete sehnsüchtig darauf, dass mein Körper sich veränderte.
    Am Abend holte ich die Fotos hervor, die es von meiner Mutter gab und suchte nach Unterschieden und Ähnlichkeiten. Sie war auch klein und hatte eine sportliche Figur. Das Haar meiner Mutter war blond und lockig, und sie hatte grüne Augen, so wie ich.
    Meine Haare waren zum Glück dunkel, auch wenn sie diesen rötlichen Schimmer hatten. Und von meinem Vater hatte ich zwar nicht die Augenfarbe, aber ihre Form geerbt. Große Augen, die sich in den Winkeln leicht verengten.
    Als Dad mich über den alten Fotos sah, wusste er, dass ich ein Problem hatte.
    Â»Ist irgendetwas nicht in Ordnung, Tally?«, fragte er besorgt. »Habe ich mich nicht genug um dich gekümmert? Fehlt dir deine Mutter? Hast du Fragen, die du mir nicht zu stellen wagst, weil ich ein Mann bin?«
    Â»Ach Dad«, sagte ich. »Du bist der beste Vater, den ich habe, das weißt du doch. Es ist nur …«Ich zögerte. Es gab ein paar Dinge, über die man mit einer Mutter leichter hätte reden können als mit seinem Vater.
    Â»Was ist denn los, Braveheart?«
    Â»Die anderen Mädchen in meinem Alter haben alle schon einen richtigen Busen und ich …«Ich seufzte tief.
    Dad lachte nicht. Er setzte sich zu mir und nahm mich in die Arme. »Deswegen schaust du dir die Fotos an«, sagte er. »Ja, du hast die Figur deiner Mutter geerbt. Und glaub mir, sie hatte eine tolle Figur. Wenn sie mal 80 ist, wird sie immer noch gut aussehen.« Er lächelte unbeholfen. »Hab doch ein wenig Geduld, Tally. Zum richtigen Zeitpunkt wird aus dir schon noch eine Frau werden. Sei froh, dass du so schlank bist und so hübsch.«
    Das war lieb gesagt, aber ich glaubte meinem Vater nicht. Am Abend stellte ich mich vor den Badezimmerspiegel. Skeptisch betrachtete ich meinen kindlichen Körper und das schmale Gesicht mit den großen grünen Augen, meine Stupsnase und das rötlich schimmernde Haar. Und ich wünschte, jemand anderes würde mich aus dem Spiegel anblicken. Jemand, der aussah wie Suzy Eagle Bear.
    Mein Groll auf Neil entging Adena natürlich nicht, und sie löcherte mich so lange mit ihren Fragen, dass ich ihr schließlich von Suzy erzählte.
    Â»Ich kenne Suzy«, sagte sie. »Ihre Eltern haben Geld, und sie ist eine eingebildete Kuh. Neil wird nicht lange Freude an ihr haben.«
    Â»Da wäre ich nicht so sicher«, entgegnete ich niedergeschlagen und dachte an Neils verliebte Blicke auf Suzy Eagle Bears runde Brüste. »Und wenn«, meinte Adena herablassend. »Dann ist er deiner sowieso nicht wert. Jungs«, sagte sie und stieß verächtlich Luft durch die Zähne.
    Was sie da sagte, tröstete mich nur wenig. Obwohl ich nicht wollte, dass Adena mich für verzweifelt hielt, seufzte ich: »Ich habe ihn wirklich gern.«
    Â»Aber du darfst ihm nicht zeigen, dass du ihn magst«, riet sie mir ganz aufgebracht.
    Sie hatte jetzt einen festen Freund und ließ gerne ihre Erfahrungen durchblicken. Er hieß Randee Shields und war ein zurückhaltender, freundlicher Junge aus der Senior Highschool von Porcupine, in die wir nach den Ferien

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