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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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Doch auch wenn ich ein bisschen eifersüchtig war: Meine Freude darüber, dass Adena doch noch gekommen war, wurde dadurch nicht getrübt.
    Am frühen Nachmittag trafen dann auch Tom Thunderhawk und Neil im Camp ein. Neil kam zu uns, um uns zu begrüßen, und an seinen Augen sah ich, dass er sich freute mich zu sehen. Ich freute mich auch. Gleichzeitig plagte mich das schlechte Gewissen. Wegen Leo. Weil ich Leo Little Moon mochte. Weil er mir zuhörte und mich zum Lachen brachte. Weil ein Teil meines Herzens jetzt ihm gehörte.
    Einige Zeit später war es dann so weit. Eine lange Reihe von Fahrzeugen setzte sich in Bewegung, um zu jener Stelle zu fahren, wo der auserwählte Sonnentanzbaum stand. Jeder wollte dabei sein, wenn er gefällt wurde.
    Es wurde Abend, bis es endlich so weit war. Die Sonnentänzer trugen den Stamm feierlich durch das Osttor des Arbors, den heiligen Tanzkreis, der von einem Wetterschutz aus Holz und Kiefernzweigen umgeben war. Der gefällte Baum durfte die Erde nicht berühren, bevor er in der dafür vorgesehenen Grube aufgestellt wurde. Auf bloßen Füßen versammelten sich alle Helfer um den Baum und banden ihre Tabakbeutelchen in die Zweige oder umwickelten den Stamm damit. Einige hatten Schnüre, die länger als drei Meter waren.
    Auch Adena und ich schlüpften auf nackten Füßen in das Sonnentanzrund und knüpften unsere Tabakbeutel in den Baum. Außer den Tabakbeutelchen wurden noch eine große Adlerfeder, einige Wildkirschenzweige, eine kleine Menschenfigur und ein Büffelchen aus Leder in die Äste gebunden.
    Dann schlugen die Trommeln, und Bernhard White Elk begann die Grube zu segnen, wo der Baum aufgestellt werden sollte. Er versenkte ein blutiges Büffelherz darin und einige Speisen – für die Spirits , für Wakan Tanka und für Tunkashila, den Heiligen Großvater.
    Schließlich wurde der Stamm in die Grube gelassen und der Baum aufgestellt. Adena, die neben mir stand, war auf einmal so blass geworden, dass ich es sogar im Dämmerlicht des Abends sah.
    Â»Was ist denn los mit dir?«, fragte ich. »Geht es dir nicht gut?«
    Â»Ich habe Bauchweh«, sagte sie. »Ich glaube, ich muss mich übergeben.«
    Sie verschwand auf einer der Toiletten, und als sie wiederkam, sah sie noch verstörter aus. »Ich muss den Platz verlassen, Tally«, sagte sie mit trauriger Stimme.
    Â»Aber was … wieso?« Ich verstand nicht, was sie meinte.
    Â»Meine Monatsblutung hat begonnen.« Sie verzog missmutig das Gesicht. »Viel früher, als ich sie erwartet habe. Ich muss den Sonnentanzplatz verlassen und in die Moonlodge gehen, zusammen mit den anderen Frauen, die ihre Regel haben. Ich kann auch nicht mit dir im Zelt schlafen. Wäre schön, wenn du jemandem meine Sachen mitgeben würdest.«
    Natürlich wusste ich, dass Frauen mit Monatsblutung sich vom Tanzplatz und den Tänzern fern halten mussten. In dieser Zeit war ihre Macht so stark, dass sie die Mächte, die auf dem Tanzplatz wirkten, beeinflussen konnten.
    Â»Sei nicht traurig«, sagte Adena. »Es ist schon in Ordnung für mich. Ist ja schließlich nicht mein erster Sonnentanz. Und du hast ja Neil und Leo und über hundert Pferde.« Sie lachte.
    Mir war gar nicht zum Lachen zu Mute. Adena verschwand in der Dämmerung. Sie ging zu einem großen Tipi, das abseits am Waldrand stand. Dort würden all jene Frauen, die ihre Moontime hatten, von älteren Frauen versorgt werden.
    Nun würde ich doch allein in meinem Zelt schlafen müssen, denn alle Sonnentänzer blieben in den nächsten vier Tagen und Nächten in den speziell dafür aufgestellten Tipis hinter dem Arbor.
    Mein Vater kam und wünschte mir eine gute Nacht. »Gräm dich nicht, Tally«, sagte er, als ich ihm von Adena erzählte. »Du bist schon wieder verärgert, weil nicht alles so ist, wie du es dir ausgemalt hast. Aber es ist nicht gut, wenn du schlechte Gedanken hegst. Die Tänzer merken es. Sei froh, dass du hier bist, ergib dich der Kraft auf diesem Platz.« Dad legte seine Hand an mein Gesicht. »Ich tanze nicht, weil ich von Wakan Tanka etwas erbitte, Tally. Ich tanze aus Dankbarkeit. Aus Dankbarkeit dafür, dass du bei mir sein darfst.« Er umarmte mich und verschwand zwischen den Tipis.
    Auch Leo kam, um sich zu verabschieden. Als er neben mir stand, hörte ich seinen Magen knurren. Er lachte

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