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Talitha Running Horse

Talitha Running Horse

Titel: Talitha Running Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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stand ich vor Neil und wollte auch ihn umarmen, aber etwas, das in seinem Blick war, hielt mich zurück. Als ich merkte, dass er enttäuscht war über mein Zögern, tat ich es schließlich. Er nahm mich ganz fest in die Arme und seine Lippen streiften meine Wange. Neil roch gut. Es war der süße Duft von frischem Heu. Und ich spürte, wie im Dunkel meiner Verlassenheit ein Licht zu flackern begann. Eins, das mich von innen wärmte und die Zukunft ein bisschen heller erscheinen ließ.
    Später brachte Neil mich zurück zum Haus. »Wird Leo dich jetzt öfter von der Schule abholen?«, fragte er beiläufig.
    Â»Nein. Das war eine Geburtstagsüberraschung.«
    Â»Er scheint dich ja sehr zu mögen«, sagte er, und seine Stimme klang unsicher dabei.
    Â»Ich mag ihn auch, Neil. Er ist sehr nett.«
    Â»Nett?« Das hörte sich beinahe verzweifelt an.
    Â»Hast du was gegen Leo?«, fragte ich.
    Â»Unsinn. Er ist in Ordnung. Leo Little Moon ist wirklich nett. Ich weiß auch nicht, was heute mit mir los ist.«
    Wir waren vor dem Haus meiner Tante angekommen, und ich öffnete den Mund, um mich von Neil zu verabschieden, als er sich vorbeugte, um mich auf die Wange zu küssen. Überrascht drehte ich meinen Kopf zur Seite und seine Lippen streiften meinen Mund. Ich holte tief Luft.
    Â»Dann bis morgen am Schulbus, Tally«, sagte Neil schnell und trabte davon.
    Noch eine ganze Weile stand ich allein vor dem Haus, berührte mit den Fingerkuppen meine Lippen. Stormy war mein schönstes Geburtstagsgeschenk, aber dieser »Beinahe-Kuss« von Neil brachte mein Inneres vollkommen durcheinander.
    Obwohl ich sterbensmüde war, konnte ich an diesem Abend lange nicht einschlafen. Wie auch, wenn ich mir plötzlich eingestehen musste, dass Träume, die monatelang unerreichbar schienen, auf einmal in Erfüllung gingen.
    Ich besaß nicht einmal ein eigenes Bett, aber nun hatte ich ein Pferd. Es war ein ganz besonderes Pferd, eines, das Wakan Tanka gezeichnet und nie im Stich gelassen hatte. Dieses schöne Pferd gehörte wirklich mir. Nun konnte uns niemand mehr trennen. Auf dem nächsten Big-Foot-Gedenkritt würde ich mit Stormy dabei sein. Tom hatte es mir versprochen. Für die Stute und Taté war Platz in seinem Pferdeanhänger. Er selbst würde nicht mitreiten, sonden sich als Helfer zur Verfügung stellen. Das tat er für mich.
    Mir war ganz schwindelig vor Glück, wie sollte ich da schlafen?
    Eine Woche später rief Adena mich an und sagte mir, dass es nun sicher sei.
    Â»Ich bin schwanger, Tally.« Ihre Stimme klang müde und leer.
    Â»Hast du es Silas gesagt?«
    Â»Ja. Wir sind nicht mehr zusammen. Er will kein Kind. Er will studieren.«
    Â»Das tut mir so Leid, Adena.«
    Ich hörte meine Freundin leise weinen.
    Â»Was ist mit deinen Eltern?«, fragte ich.
    Â»Meine Mutter sagt, sie wird sich um das Kind kümmern, wenn ich aufs College will.«
    Â»Aber dann ist doch alles gut.«
    Â»Ja«, sagte Adena und legte auf.
    Nichts war gut. Gar nichts war gut, und das wusste ich auch.
    Ich erzählte Neil von Adenas Schwangerschaft. Wobei ich aus meiner Wut auf Silas Bell im Speziellen und auf Jungen, die ihre schwangeren Freundinnen sitzen ließen, im Allgemeinen, keinen Hehl machte.
    Neil war daraufhin sehr wortkarg und blickte verunsichert drein. Vielleicht hatte ich es falsch angestellt, denn er versuchte nicht mehr, mich zu küssen. Und dabei wartete ich doch jeden Tag sehnsüchtig darauf, dass er es endlich tat.

24. Kapitel
    In der dritten Septemberwoche wurde es noch einmal sommerlich warm, und Stormy war nach ihrem Klapperschlangenabenteuer so weit wieder hergestellt, dass ich sie reiten konnte. Dr. Morgan hatte sie sich noch einmal angesehen und festgestellt, dass keine bleibenden Schäden durch das Schlangengift zurückgeblieben waren. Stormys sonst so glattes Fell mit der schönen Zeichnung war immer noch lädiert, aber die Stute spürte davon nichts, außer dass es manchmal juckte und sie sich deshalb gerne und ausdauernd von mir bürsten ließ.
    An ihren nach vorn gestellten Ohren erkannte ich, dass sie gute Laune hatte, und sie ließ sich problemlos die Trense ins Maul schieben und das Zaumzeug überziehen. Ich ließ sie laufen und den Weg in die Hügel selbst suchen. Auf dem Plateau ließ ich sie erst traben, dann galoppieren. Stormys Freude, dass sie endlich wieder

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