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Talk Talk

Talk Talk

Titel: Talk Talk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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und eine Frau. Alles verstummte, die unter den Dachbalken versteckten Lautsprecher, die irgendeine dünne, blecherne Country-Music spielten, das Rauschen des Verkehrs auf der Schnellstraße, das Brausen des Flugzeugs da oben am Himmel. Er hatte sich antrainiert, immer cool zu bleiben und noch das leiseste Anzeichen irgendeiner Emotion hinter einem unbewegten Gesicht und dem drohenden, stechenden, wütenden Funkeln, der reinen Aggression seiner Augen zu verbergen, und er starrte die beiden an, starrte sie unverwandt an, obwohl er Angst hatte, sie könnten bis vor den Eingang des Restaurants fahren und versuchen, ihn einzufangen, und obwohl ihm diese Sache auch auf einer tieferen Ebene unheimlich war: Woher wußten sie, daß er hier war, verdammt? Ausgerechnet hier? Nicht mal er selbst hatte gewußt, daß er hier anhalten würde.
    Ihm blieben nur Sekunden, denn die Frau – Dana Halter, Dr. Dana Halter – sprach in ihr Handy, und wenn die Bullen kamen und seine Personalien mit ihren – oder seinen, Bridgers – verglichen, würde er den Kopf nicht mehr aus der Schlinge ziehen können. Als er den Druck seiner Hand an Natalias Arm verstärkte, während sie fragte: »Wozu die Eile?« und er sie mit einem Blick zum Schweigen brachte, Madison wie eine Reisetasche packte und mit großen, raschen Schritten zum Wagen ging, wurde ihm klar, daß sie sich vermutlich irgendwo versteckt hatten und ihm seit heute morgen gefolgt waren. Er verfluchte sich. Er war nachlässig, er war dumm. Diese ganze Scheiße – mit einemmal stand er so unter Strom, als hätte er mit bloßen Händen ein blankes Kabel angefaßt –, das alles war seine eigene Schuld.
    Aber dort war der Wagen, etwa dreißig Meter entfernt. Madison wand sich in seinem Griff, Natalia war blaß vor Angst angesichts seiner überstürzten Eile. Noch zwanzig Meter, noch fünfzehn, und die zwei waren jetzt aus dem Wagen gesprungen und schwenkten ihre Handys – alle beide fuchtelten mit ihren Handys, als wäre Cingular Wireless die höchste Macht im ganzen Universum. »Nein«, stieß er hervor, als er Madison auf den Rücksitz warf, Natalia auf den Beifahrersitz stieß und die Tür zuschlug, »nein, keine Zeit.« Damit meinte er die Gurte, die Sicherheitsgurte, und was machte es schon, daß der Summer ihn warnte und diese beiden Trottel im Rückspiegel auftauchten – die Türen waren verriegelt, der Motor heulte auf, und mit einer knappen Bewegung aus dem Handgelenk stellte er den Wählhebel auf D und fuhr geradeaus über die Betonschwelle und in einer Wolke aus dürren Stengeln, aufgewirbelten Getränkedosen und Staub über das unbebaute Grundstück dahinter in Richtung Schnellstraße.
    Es war seltsam, es war pervers, aber er ertappte sich dabei, daß er um den Lack besorgt war, als sie dahinholperten, durch einen Graben und die Böschung hinauf zur Auffahrt, wo er zwei Idioten in einem alten Leichenwagen, auf dessen Heck der Schriftzug einer Band stand, zu einem Ausweichmanöver zwang. Die Reifen griffen und begannen zu singen. Der Wagen war unwichtig. Vollkommen unwichtig. Er würde ihn ohnehin loswerden müssen, und zwar bald. Er hörte die Hupe der Idioten, und dann tauchte das Heck eines Wohnmobils vor ihm auf, das mit ungefähr drei Stundenkilometern durch die Engstelle der Auffahrt kurz vor der Einmündung in die Schnellstraße kroch. Ein Blick auf Natalias grimmiges bleiches Gesicht, dann sah er in den Rückspiegel, wo der Leichenwagen mit brüllender Hupe näher kam und die beiden Idioten ihre Mittelfinger reckten. Sie interessierten ihn nicht. Ihn interessierte nur der schwarze Jetta, der schlingernd vom Parkplatz in Richtung Auffahrt fuhr.
    Natalia sagte kein Wort. Selbst Madison schien, obwohl er sie so hart angefaßt hatte, den Atem anzuhalten. Direkt vor ihnen ragte beige, weiß und zitronengelb das dahinkriechende Wohnmobil auf, auf das, wie ein wahnsinniger Regieeinfall, Fahrräder, Liegestühle und Grillgerätschaften geschnallt waren, und direkt hinter ihnen war der Leichenwagen. Meter um Meter legten sie im Schneckentempo zurück, und zu beiden Seiten war kein Platz zum Überholen, denn die Auffahrt führte durch einen engen Einschnitt zwischen Felsen, die die Farbe getrockneten Bluts hatten. Und jetzt konkurrierten zwei Hupen miteinander: Der Jetta hatte den Leichenwagen eingeholt, Arme wurden geschwenkt, aufgerissene Münder erstarrten lautlos. Als die Auffahrt breiter wurde und in die Schnellstraße mündete, hörte er seine eigene Stimme: »Schnallt

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